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Strahlts? Polizeibeamte nahmen gestern bei einem Castor-Transport mit radioaktivem Müll im Hauptbahnhof in Neunkirchen an einem der Behälter eine Strahlenmessung vor. Entgegen ersten Planungen hatte der Zug, der wohl via Brandenburg gen Lubmin in Vorpommern rollen wird, die deutsch-französische Grenze im Saarland überquert.

© Ronald Wittek/dpa

Brandenburg: Atomkraftgegner bringen sich in Stellung

„Dezentrale Aktionen“ gegen Castor-Transport geplant / Polizei mit Großaufgebot in der Prignitz

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Potsdam – Der Castortransport mit hochradioaktiven Atommüll ins Zwischenlager Lubmin bei Greifswald (Mecklenburg-Vorpommern) passierte am Mittwochnachmittag begleitet von Protesten die deutsch-französische Grenze im Saarland – und soll nach bisherigem Zeitplan am heutigen Donnerstagmorgen Brandenburg durchqueren. Allerdings rechnen die Sicherheitsbehörden mit Verzug durch Proteste, blockierte Gleise und das Wetter, es könnte zu meterhohen Schneeverwehungen kommen, hieß es.

Als wahrscheinlichste Bahnroute gilt nach Informationen dieser Zeitung eine Strecke über Sachsen-Anhalt, die dann auf einem kurzen Abschnitt durch die Prignitz nach Norden führt. Verschiedene Initiativen protestierten bereits am Mittwoch gegen die Atompolitik der Bundesregierung, in Wittenberge (Prignitz) gab es eine Mahnwache mit 60 Teilnehmern. Am späten Nachmittag führte in Potsdam das Anti-Atom-Bündnis mit knapp 100 Teilnehmern einen „symbolischen Castortransport“ vor die CDU-Landeszentrale. Aktionen waren auch an den Alternativrouten in Bad Belzig (Potsdam-Mittelmark), Oranienburg (Oberhavel) und Biesenthal (Barnim) geplant. Dort forderte das Bündnis „Stop Castor Biesenthal“ den sofortigen Ausstieg aus der Kernenergie. Für den Abend wurden 100 Demonstranten erwartet.

Entlang der Strecke in der Prignitz haben Atomkraftgegner „dezentrale Aktionen“ angekündigt. Nach Angaben aus dem Innenministerium von Sachsen-Anhalt und aus Sicherheitsbehörden in Brandenburg gilt am wahrscheinlichsten, dass der Castortransport die Route über die Prignitz nimmt. Die Polizei ist im Nordwesten Brandenburgs mit einem Großaufgebot im Einsatz, insgesamt sind etwa 900 Beamte zur Sicherung des Transports abgestellt. Bundesweit begleiten den Atomzug 3000 Polizeibeamte. Allerdings war bis zum gestrigen Mittwochabend nicht ausgeschlossen, dass der Zug bei Problemen auch umgeleitet wird, etwa über den Osten Berlins, dann über Barnim oder Oberhavel nach Greifswald, weshalb die Polizei auch andernorts auf Abruf bereit steht. Vor mehr als fünf Wochen war es beim Castor-Transport aus Frankreich nach Gorleben zu heftigen Protesten in Deutschland gekommen.

In den vier Castor-Behältern befinden sich 2500 Brennstäbe aus dem Kern-Forschungszentrum Karlsruhe sowie aus dem Atomfrachter „Otto Hahn“, die in Frankreich nicht aufbereitet werden konnten. Solche Lieferungen gehen üblicherweise in die zentralen Zwischenlager Gorleben und Ahaus. Dass der Atommüll nach Lubmin kommt, ist eine Ausnahme. Die Betreiber in Gorleben und Ahaus erklärten sich 2003 „aus technischen Gründen“ außerstande, den zusätzlichen Atommüll des Bundes aufzunehmen. Das Bundesamt für Strahlenschutz änderte 2010 für Lubmin eigens die Aufbewahrungsgenehmigung der Energiewerke Nord (EWN), einem Unternehmen des Bundes.

Die Landesregierung von Mecklenburg-Vorpommern ist gegen den Transport, weil im Zwischenlager Nord ursprünglich nur Atommüll aus den DDR-Kernkraftwerken Rheinsberg und Lubmin gelagert werden sollte. Brandenburgs Innenminister Dietmar Woidke (SPD) äußerte „Verständnis für alle, die in Sachen Castor und Atompolitik ihr gutes Recht auf Protest wahrnehmen“. Brandenburg gehöre zu den Ländern, die gegen den Atom-Kurs des Bundesverfassungsgericht klagen wollen. Der Innenexperte der CDU-Landtagsfraktion, Sven Petke dagegen forderte ein hartes Durchgreifen bei Blockaden, die Landesregierung sollte „Störer“ an Kosten für Polizeieinsätze beteiligen.Alexander Fröhlich

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