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BER-Aufsichtsrat: Aus dem Schatten - Klaus Wowereits Comeback
Nach Platzecks Abtritt wird Klaus Wowereit wieder Aufsichtsratsvorsitzender des BER. Zumindest vorübergehend – vielleicht aber auch für länger.
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Berlin - Plötzlich ist er wieder da. Ob er will oder nicht. Aber wahrscheinlich will er es sogar: Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) wird nach PNN-Recherchen noch im August erneut Aufsichtsratschef der Flughafengesellschaft. Nämlich als Stellvertreter des abtretenden Brandenburger Ministerpräsidenten Matthias Platzeck (SPD) zunächst vorrübergehend. Es ist aber angsichts der divergierenden Interessen der drei Eigentümer gar nicht ausgeschlossen, dass er das Amt länger ausüben wird, das er bereits von Oktober 2003 bis Januar 2013 innehatte. Nach der vierten verschobenen BER-Eröffnung hatte Wowereit den Stuhl geräumt. Mit dem Ausscheiden Platzecks wird Wowereit als gewählter Vize nun wieder automatisch Aufsichtsratschef, bis ein Neuer gefunden und aus der Mitte des Gremiums gewählt wird. Eine Neubesetzung des Spitzenpostens vor der Bundestagswahl am 27.September gilt inzwischen als ausgeschlossen. In der entscheidenden Phase, in der BER-Chef Hartmut Mehdorn bis Oktober ein tragfähiges Inbetriebnahme- und Finanzierungskonzept für den BER präsentieren soll, wird Wowereit Aufsichtsratschef sein.
Auslöser für das Wowereit-Comeback ist neben der vergeblichen und wenig aussichtsreichen Suche nach einem Nachfolger Platzecks für den Vorsitz eine brandenburgische Schlüssel-Personalie, für die de facto die Würfel gefallen sind. Wie die PNN am Dienstag aus Potsdamer Regierungs- und Koalitionskreisen erfuhr, wird Brandenburgs rot-rote Regierung den demnächst vakanten Aufsichtssitz mit dem Flughafenstaatssekretär Rainer Bretschneider besetzen. Das ist auch das Votum des designierten Brandenburger Ministerpräsidenten Dietmar Woidke (SPD), der nicht selbst in das Kontrollgremium gehen will, sich öffentlich für einen „politischen Fachmann“ ausgesprochen hatte und sich über die Bretschneider-Personalie mit Platzeck einig ist. Beim Linke-Koalitionspartner hatte es zunächst Bedenken gegen diese Lösung gegeben, nicht wegen Bretschneider, dessen Kompetenz geschätzt wird, sondern etwa aus Sorge, dass die Linken-Vertreter, Vize-Regierungschef Helmuth Markov und Wirtschaftsminister Ralf Christoffers, künftig die ranghöchsten Brandenburger Vertreter im Aufsichtsrat des riskanten Pannenprojektes sind. Doch nach PNN-Recherchen werden auch die Linken Bretschneider akzeptieren, für den sich öffentlich letzte Woche bereits Fraktionschef Christian Görke ausgesprochen hatte.
Eigentlich war geplant, den Umgang mit dem vakanten Aufsichtsratsmandat, der Bretschneider-Personalie, und der Frage des Vorsitzes am Dienstag nach der Kabinettssitzung in einer Sondersitzung des Koalitionsausschusses zu beschließen. Die musste aus Termingründen abgesagt werden, doch vonseiten der Linken gab es Signale, den Konflikt nicht eskalieren zu lassen. Allerdings legen die Linken größten Wert darauf, dass im Poker um die Neubesetzung des Aufsichtsrates Brandenburg das Vorschlagsrecht für den Posten für sich reklamiert. Zum anderen pochen sie darauf, dass der künftige Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) auch wahrnehmbar BER-Verantwortung demonstriert, zumal das BER-Fiasko überwiegend in Zeiten von Landesregierungen ohne Linke-Beteiligung verursacht wurde. Erwartet wird etwa, dass Woidke ebenfalls zu den Sitzungen des BER-Sonderausschusses des Landtages erscheint, selbst wenn er nicht im Aufsichtsrat vertreten ist. Der Sonderausschuss tagt regelmäßig nach den Aufsichtsratssitzungen, die Abgeordneten wurden bislang von Platzeck, Markov und Christoffers über die Ergebnisse informiert.
Nun wird Brandenburgs scheidender Ministerpräsident am Freitag zum letzten Mal die Aufsichtsratssitzung leiten. Erwartet wird, dass Platzeck dort das Nachrücken Bretschneiders verkünden wird.
Wowereit wird damit Chefkontrolleur genau in den Wochen vor der mit Spannung erwarteten Aufsichtsratssitzung im Oktober sein, auf der BER-Chef Hartmut Mehdorn sein Inbetriebnahmekonzept vorlegen soll. Zunächst war dies für den Spätsommer avisiert, dann für Herbst, inzwischen wird in Gesellschafterkreisen nicht ausgeschlossen, dass der Aufsichtsrat im Oktober noch keine Zustimmung gibt, weitere Prüfungen veranlässt.
Berlin reagiert zurückhaltend auf die Rückkehr Wowereits. Senatssprecher Richard Meng sagte, eine Nachfolgeregelung für Platzeck sei noch nicht besprochen worden. Das Recht, den Vorsitzenden vorzuschlagen, liege bei Brandenburg. In der Luftfahrtbrache heißt es bereits, alles laufe auf Wowereit als Dauerlösung hinaus. Nach erneuter Verschiebung des Eröffnungstermins war von der Opposition dessen Rücktritt als Aufsichtsratschef gefordert worden. Die Wirtschaft sah es differenzierter. Es könne nicht Aufgabe eines Aufsichtsrats sein, die Arbeit der Geschäftsführung zu machen. (mit kt)
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