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Brandenburgs Gedenkstätten vor Zäsur: Jahrestag der Befreiung mit letzten Zeitzeugen
17 hochbetagte Überlebende der nationalsozialistischen Konzentrationslager Ravensbrück und Sachsenhausen werden am 8. Mai in Brandenburg erwartet. AfD-Abgeordneter stellt Gedenktag infrage.
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Brandenburgs KZ-Gedenkstätten stehen vor einer großen Zäsur: Zum möglicherweise letzten Mal werden insgesamt 17 hochbetagte Überlebende der nationalsozialistischen Konzentrationslager Ravensbrück und Sachsenhausen am 8. Mai in Brandenburg erwartet. Anlass ist der 80. Jahrestag der Befreiung der Konzentrationslager durch Soldaten der Roten Armee.
„Die Überlebenden stehen im Zentrum der Gedenkfeiern“, sagte der Direktor der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten, Axel Drecoll, am Donnerstag bei der Vorstellung des Gedenkprogramms in der Brandenburgischen Landesvertretung in Berlin.
Sie würden den Brandenburgerinnen und Brandenburgern die Hand reichen, um daran zu erinnern, „wie zerbrechlich unsere Demokratie ist und wie wenig selbstverständlich die unverbrüchliche Geltung von Menschenrechten, die Akzeptanz von Vielfalt und ein respektvolles und solidarisches Miteinander ohne Ansehen von Herkunft, Religion, Hautfarbe oder Geschlecht sind“.
Die Rolle der Nachkommen wird wichtiger
Aus Anlass des Jahrestags ist nach Angaben der stellvertretenden Leiterin der Gedenkstätte und des Museums Sachsenhausen, Astrid Ley, unter anderem ein Zeitzeugengespräch mit dem 100-jährigen Nikolai Urban aus Charkiw geplant. Der vor dem Krieg in seiner Heimat in die Schweiz geflohene Ukrainer musste in den Jahren des Zweiten Weltkriegs in Falkensee Zwangsarbeit für die „Deutsche Maschinen AG“ leisten. Kurz vor der Befreiung Berlins konnte er zur Roten Armee überlaufen. „Wir wollen damit auch ein Zeichen der Solidarität mit der Ukraine setzen“, sagte Ley.
In Sachsenhausen soll zudem auch an den 80. Jahrestag der Gründung des sowjetischen Speziallagers Sachsenhausen erinnert werden, das von 1945 bis 1950 auf dem Gelände des vorherigen Konzentrationslagers bestand. In der Gedenkstätte Ravensbrück soll es nach Angaben von Gedenkstättenleiterin Andrea Genest mehrere neue Ausstellungen geben: Sie beschäftigen sich etwa mit dem Widerstand im Lager oder dem kleineren und unbekannteren Männerlager Ravensbrück.
Die Vorsitzende des Fördervereins der Gedenkstätte Sachsenhausen, Katrin Grüber, betonte die Rolle von Nachkommen, die eine persönliche Beziehung zu ihren Vätern, Großmüttern und Urgroßvätern hätten. Grüber selbst ist Enkelin des zunächst in Sachsenhausen und später in Dachau inhaftierten evangelischen Propstes Heinrich Grüber. „Die Nazis haben die Häftlinge zu Nummern gemacht“, sagte Grüber. „Aber sie waren Menschen: Menschen dürfen nicht ausgegrenzt und zu Sündenböcken gemacht werden.“ Deswegen schmerze sie auch die aktuelle politische Debatte um Geflüchtete. „Menschen wurden nicht abstrakt, sondern an konkreten Orten, wie in Sachsenhausen, von Menschen gequält.“
Kritik an Äußerungen von AfD-Landtagsabgeordnetem
Für Kritik sorgte am Donnerstag das Auftreten des AfD-Abgeordneten Dominik Kaufner im Kulturausschuss des Brandenburger Landtags. Er hatte in dem Gremium in einer Frage unter anderem den 8. Mai als Tag der Befreiung infrage gestellt. Ohne den Namen des Politikers konkret zu nennen, beklagte Brandenburgs Kulturstaatssekretär Tobias Dünow (SPD), dass es über Fragen der Erinnerungspolitik im Land offenbar keinen Konsens mehr gebe. Auch Decroll sagte: „Dass wir diametral entgegengesetzte Auffassungen zu denen der AfD haben, ist sehr deutlich geworden.“
AfD-Abgeordnete sollen bei den geplanten Gedenkveranstaltungen nicht dabei sein. „Ein Niederlegen von Kränzen durch die AfD werden wir nicht zulassen“, machte Drecoll deutlich.
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