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Herrenlos. Nach Absage des Beraters geht die Diskussion ums Personal weiter.

© dpa

Brandenburg: Gauck: BER-Probleme lösen

Katerstimmung: Doch-Nicht-Berater Bender sieht Hauptschuld bei Wowereit und Dombrowski sinniert über einen niedergebrannten BER – als Neustart

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Potsdam/Berlin - Öffentliche Ratschläge zum Flughafen-Fiasko will Bundespräsident Joachim Gauck nicht geben. Aber natürlich ist der höchste Mann im Staate besorgt, dass durch die Pannenserien um den unvollendeten Hauptstadt-Flughafen vor den Toren Berlins im brandenburgischen Schönefeld die Reputation Deutschlands Schaden zu nehmen droht. So sagt Gauck, als er am Dienstag bei seinem Antrittsbesuch im Land Brandenburg (siehe Bilder oben) nach einer Zusammenkunft mit dem rot-roten Kabinett, von Journalisten kurz zum BER befragt wird, knapp wie vielsagend: „Es wäre schon hilfreich, wenn die Probleme schnell bereinigt werden.“ Mehr nicht, er sei schließlich kein Bauexperte, obwohl er früher selbst habe einiges reparieren müssen, „zum Beispiel meinen Trabant“.

Es ist der Tag nach der nächsten Hiobsbotschaft. Die Absage des früheren Frankfurter Flughafen-Managers Wilhelm Bender, der nicht BER-Chefberater wird, schlägt Wellen. Und sie bringt nun besonders Berlins Regierenden Klaus Wowereit (SPD) in die Kritik. Denn Bender machte deutlich, dass das Ausscheren Berlins bei der geplatzten Vertragsunterzeichnung, die so provozierte Debatte um sein Honorar, der maßgebliche Grund für die Absage war, während sich etwa Aufsichtsratschef Matthias Platzeck und Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer korrekt verhalten hätten. Und die Opposition von CDU und FDP in Brandenburg horchte auf, weil Bender zudem die Uneinigkeit der drei Gesellschafter der Flughafengesellschaft über Perspektiven des Airports angeführt hat. FDP-Landeschef Gregor Beyer regte an, Bender im BER-Sonderausschuss des Landtages anzuhören, um zu erfahren, ob es mit dem Projekt überhaupt noch etwas werden könne.

Der Vorstoß stieß allerdings auf Ablehnung, nicht nur wegen des dann fälligen Honorars für Bender, nicht nur bei der rot-roten Koalition. Selbst CDU-Oppositionsführer Dieter Dombrowski hält nichts davon: „Herr Bender hat gesagt, was zu sagen war. Er ist ein Pensionär. Ich wüsste nicht, welchen Anspruch ein Sonderausschuss haben sollte, ihn einzuladen.“ In der Sache machte auch Dombrowski klar, dass er die Honorardebatte um Bender für kleinkariert hielt. „Mir ist ein sachkundiger Mann, der eine halbe Million verdient, viel lieber als ein Aufsichtsrat, der 600 Euro im Jahr bekommt, aber Milliarden an die Wand fährt“, sagte Dombrowski.“ Und dann sinnierte er weiter: „Vielleicht ist das so ein Projekt, was erst mal richtig niedergebrannt sein muss, um daraus etwas Vernünftiges zu machen.“

Brandenburgs Grünen-Fraktionschef Axel Vogel warnte angesichts der „heillosen Streitereien“ vor „irreparablen Schäden“ im Verhältnis beider Länder. ,,Die im Roten Rathaus und in der Potsdamer Staatskanzlei regierende SPD mit ihren Spitzen Klaus Wowereit und Matthias Platzeck zerschießt gerade alle Perspektiven für ein gemeinsames Bundesland“, warnte Vogel. Man frage sich „zunehmend, wie – wenn nicht einmal das Flughafenprojekt BER unter Kontrolle gebracht wird – je eine Länderfusion zustande kommen kann. Jahrelange Aufräumarbeiten werden für die nachfolgenden Regierungen erforderlich werden, um den jetzt angerichteten Flurschaden zu beseitigen“. Besorgt äußerte sich Vogel, weil beide Regierungen es bereits vor der Eskalation der Konflikte um den BER zugelassen hätten, dass sich Gräben bilden konnten. „Die Beziehungen näherten sich auch zuvor schon einem Tiefpunkt, so tagten die Kabinette immer seltener gemeinsam. Bei der Kooperation hakt es an allen Ecken und Enden“, sagte der Grünen-Fraktionschef. ,,Ob bei Bildung, Wirtschaftsförderung oder möglichen gemeinsamen Einrichtungen, wie z.B. Haftanstalten – Berlin und Brandenburg driften politisch immer weiter auseinander."

Im Bund stellt man sich beim BER nach der Bender-Absage auf die neuen Bedingungen ein. Einerseits sei man sich bewusst, dass dies ein weiterer Rückschlag auf der Suche nach einem neuen Geschäftsführer sein kann, hieß es. Andererseits gebe es möglicherweise auch positive Aspekte der Absage, insofern, als für potenzielle Geschäftsführer-Kandidaten die Existenz eines Chef-Beraters auch abschreckende Wirkung hätte haben können. Aber egal wie, noch ist kein neuer Geschäftsführer gefunden, dafür ist man aber wohl einem Personalvermittler, einem sogenannten Headhunter, näher gekommen, der für die Flughafengesellschaft einen Nachfolger für den entlassenen Geschäftsführer Rainer Schwarz finden soll. Das wird auch Gegenstand der Aufsichtsratssitzung am Freitag sein. Klar ist aber, dass immer noch keine einzige Personalie geklärt ist: Weder ist ein Gesamtvorstandschef noch ein Finanz-Geschäftsführer da. Auch die Suche nach Experten für das Aufsichtsgremium blieb bisher erfolglos. Neben den Personalien wird es am Freitag auch um die weitere Mängelliste gehen. Gespannt ist man beim Bund und in Berlin mit Blick auf die Sitzung aber vor allem darauf, ob und welche konkreten Vorschläge Aufsichtsratschef Platzeck in Sachen Nachtflugverbot machen wird. (mit ctr)

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