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Am deutsch-polnischen Grenzfluss Oder fand die Kunstaktion „Break on through to the ODER side“ statt.

© dpa/Patrick Pleul

Kunst und Protest am Ufer der Oder: „Es fühlt sich so falsch an, da warten zu müssen“

Frust und Forderungen zur Abschaffung der Grenzkontrollen kommen nicht nur von staugeplagten Bürgern. Auch aus der Politik gibt es Kritik an der Umsetzung.

Von
  • Anja Sokolow
  • Alina Grünky

Stand:

Inmitten der Kontroversen um deutsch-polnische Grenzkontrollen haben zahlreiche Menschen mit Kunst- und Protestaktionen am Wochenende ihren Wunsch nach offenen Grenzen ausgedrückt. Im Märkisch-Oderland laden Künstler fürs Wochenende dazu ein, die Oder als verbindendes Element neu zu entdecken. Das Kunstprojekt „Break on through to the ODER side“ verwandelte das Oderufer bei Zollbrücke in ein Ausstellungs- und Performanceareal. Das Projekt findet im Rahmen des Kulturland-Themenjahres „Welten verbinden“ auch noch am nächsten Wochenende (26. und 27. Juli) statt.

Zudem hatte die Partei Volt am Samstag an zehn Grenzpunkten zur Protestaktion „March for Open Borders“ in Deutschland, den Niederlanden, in Luxemburg, Österreich und der Schweiz aufgerufen. Volt-Angaben zufolge folgten Hunderte Menschen dem Aufruf. Sie kritisierten, dass die Grenzkontrollen das Schengener Abkommen unter anderem durch Einschränkungen der Reise- und Handelsfreiheit verletzten.

Deshalb habe Volt die EU-Kommission aufgefordert, ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland und nun auch Polen zu eröffnen, sagte Damian Boeselager, Mitglied des Europäischen Parlaments für Volt.

Teilnehmer einer Protestaktionen gegen Grenzkontrollen tragen ein Banner. Die Partei Volt hatte an zehn Grenzpunkten zur Protestaktion „March for Open Borders“ in Deutschland, den Niederlanden, in Luxemburg, Österreich und der Schweiz aufgerufen.

© dpa/Sven Kaeuler

Deutschland kontrolliert seit Oktober 2023 stichprobenhaft an der Grenze zu Polen, um irreguläre Migration zu stoppen. Das führt zu Verkehrsbehinderungen in Polen. Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) hatte im Mai intensivere Grenzkontrollen angeordnet. Gleichzeitig ordnete er an, dass künftig auch Asylsuchende an der Grenze zurückgewiesen werden können. Polen reagierte mit eigenen Kontrollen seit dem 7. Juli, die zunächst bis zum 5. August gehen sollen.

Innenminister: Kontrollen nur so lange wie nötig

Aus Sicht des Brandenburger Innenministers René Wilke sollen die Kontrollen zeitlich stark beschränkt werden. „Ich bin schon bei all denjenigen, selbst in der Bundesregierung, die ja klar gesagt haben, diese Grenzkontrollen dürfen nur so lange stattfinden, wie es unbedingt notwendig ist und nicht länger“, sagte der parteilose Politiker, der von 2018 bis 2025 Oberbürgermeister von Frankfurt (Oder) war.

Die Grenzkontrollen einfach ersatzlos zu beenden, sei jedoch auch keine Lösung. Es brauche „mehr europäische Gemeinsamkeit“, „die gemeinsame Konsequenz in der Steuerung, Regulierung von Migration“ und „auch von polnischer Seite eine gute Umsetzung an den Außengrenzen“, so Wilke. Die Innenstaaten dürften die Außenstaaten dabei nicht allein lassen.

Frust über „Verkehrskollaps“

Den Frust über den „Verkehrskollaps“ könne Wilke nachvollziehen. Auf der Autobahn A12 kam es jüngster Zeit teils zu kilometerlangen Staus vor den Grenzkontrollen, eine Spurverengung trug dazu bei. „Die Polen haben bereits binnen zwei Wochen dafür gesorgt, dass auf ihrem Gebiet eine dritte Autobahn-Spur so ertüchtigt wird. Damit wird die Zweispurigkeit erhalten und Stau eingedämmt, während wir das nicht gebacken bekommen“, sagte Wilke. Das sei „völlig inakzeptabel“.

Die polnischen Grenzkontrollen sorgen auf der A12 nahe Frankfurt (Oder) immer wieder für einen kilometerlangen Stau.

© dpa/Patrick Pleul

Angaben der Polizei zufolge habe es am Samstag und Sonntag zunächst keine weiteren Staus auf deutscher Seite vor den Grenzkontrollen gegeben.

„Fühlt sich so falsch an“

Julia Gogolewska aus Frankfurt (Oder) klagte bei einem der Volt-Proteste über die Staus, die es in den vergangenen Monaten auch häufiger mal unter der Woche gegeben habe. „Man kann da eineinhalb, zwei Stunden im Stau stehen und zum Beispiel dann Termine verpassen, aber auch es ist einfach viel Lebenszeit und viel Frust.“ Und sie ergänzte: „Wir sind eine deutsch-polnische Familie und wir verbringen unseren Alltag auf beiden Seiten der Grenze. Und es fühlt sich so falsch an, da warten zu müssen, auf Kontrollen und sich gewissermaßen verdächtig zu fühlen.“

Auch René Pachmann aus Frankfurt (Oder) protestierte. „Die Freiheit geht so ein bisschen kaputt. Man muss immer überlegen: Habe ich meinen Ausweis dabei? Kann ich jetzt einfach so schnell nach Polen rüber?“, sagte er. „Es ist traurig, dass dieser grenzenlose Charakter, den diese Doppelstadt mal hatte, kaputtgeht.“

Volt-Mitglied Isabel Arens sagte: „Es muss eine europäische Antwort darauf geben und keine deutsche, die uns innen drin unsere Werte wegnimmt und uns das Leben schwieriger macht und auch noch Kosten für uns fabriziert.“ (dpa)

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