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Brandenburg: Mehr Zuwanderer aus EU-Krisenländern

Doch eine Chance, den Fachkräftemangel zu bekämpfen sieht die Landesregierung darin nicht und setzt auf Heimkehrer

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Potsdam - Brandenburg verzeichnet einen sprunghaften Anstieg von Zuwanderern aus den europäischen Krisenstaaten Griechenland, Italien, Spanien und Portugal. Doch eine eigene Strategie, wie in Brandenburg damit der hiesige Fachkräftemangel, der besonders bei Gesundheits- und Sozialberufen, im Elektrogewerbe und in der Chemiebranche hoch ist, bekämpft werden kann, gibt es bislang nicht. Die Landesregierung sieht nicht einmal Handlungsbedarf in dieser Frage und setzt stattdessen alles daran, abgewanderte Brandenburger zurücklocken oder junge Brandenburger im Land zu halten.

Dabei sind allein im ersten Quartal dieses Jahres mehr Menschen aus den Krisenländern nach Brandenburg gekommen als im gesamten vergangenen Jahr. Bis Ende März zählen die Behörden 2690 Spanier, Griechen, Italiener und Portugiesen. Im Jahr 2012 waren es aber insgesamt 2552 Menschen aus diesen Ländern. Das geht aus einer Antwort des Landesregierung auf eine parlamentarische Anfrage der FDP-Landtagsfraktion hervor.

Im Zuge der Finanzkrise in der Europäischen Union (EU) ist in besagten Krisenländern die Arbeitslosigkeit rapide gestiegen, dramatisch hoch ist besonders die Jugendarbeitslosigkeit. In Griechenland (58 Prozent) und Spanien (57) hat sich das ohnehin schon hohe Vorkrisenniveau mehr als verdoppelt, weshalb gerade junge Menschen eine Alternative suchen – im Studium oder im Ausland, auch in Brandenburg.

Besonders die Gesundheitsbranche sucht händeringend neues Personal. Wegen des demografischen Wandels, einer alternden Gesellschaft und wegen fehlenden Berufsnachwuchses infolge des Geburtenrückgangs wächst der Bedarf in den nächsten Jahren noch an. Die Wirtschaft sucht bereits nach Auswegen: So läuft bei der Pflegeheimkette Senvital gerade ein Pilotprojekt mit spanischen Krankenschwestern, darunter auch in Kleinmachnow. Fünf studierte Krankenschwestern arbeiten dort seit Anfang März zunächst als Pflegehelfer. Nach einem halben Jahr sollen sie nach einer Deutschprüfung als Fachkraft vollständig anerkannt werden.

FDP-Fraktionschef Andreas Büttner kritisiert nun, dass Brandenburg in Anbetracht der wachsenden Zuwanderung von Arbeitnehmern aus den südeuropäischen Krisenländern den Kampf gegen den Fachkräftemangel vernachlässigt. „Die Landesregierung lässt die Chancen für die Brandenburger Wirtschaft und die arbeitssuchenden Menschen ungenutzt.“ Mit der gezielten Anwerbung von Fachkräften aus den Krisenstaaten könnten hiesige Unternehmen ihren Bedarf decken und gleichzeitig gut ausgebildete Menschen eine berufliche Perspektive erhalten. Im Gegensatz zum Bund gebe es auf Landesebene keine konkreten Maßnahmen, um gut Qualifizierte aus Südeuropa anzuwerben. Das räumt auch die Landesregierung ein.

Tatsächlich unterstützt das Land lediglich das bundesweite Förderprogramm „Netzwerk Integration durch Qualifizierung“, eine Koordinierungsstelle sowie eine Beratungsstelle in Sachen Anerkennung von im Ausland erworbenen Berufsabschlüssen gibt es im Sozialministerium. Informationen bietet zudem das „Welcome Center“ des Fachkräfteportals. Die Bundesagentur für Arbeit dagegen wirbt gezielt um Arbeitskräfte aus dem Ausland. Im Arbeitsagenturbezirk Cottbus suchen neun Arbeitgeber sogar über die Bundesagentur gezielt Bewerber aus Spanien für Ausbildungsplätze. Die Landesregierung aber sieht nach eigenen Angaben keine Notwendigkeit, über ihre bisherigen Maßnahmen hinaus Unternehmen gemeinsam mit Wirtschaftsverbänden und -kammern überhaupt auf die Chance hinzuweisen, Fachkräfte aus den Krisenländern zu gewinnen. Vielmehr erklärte die Landesregierung – aber nur mit Blick auf die noch geringe Beschäftigtenzahl von Südeuropäern in den Vorjahren –, daraus lasse sich kein gesonderter Handlungsbedarf ableiten. Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass der Bedarf in Brandenburg mit Fachkräften aus dem Ausland gedeckt werden kann.

Ein Sprecher des Sozialministeriums verteidigte das Vorgehen: „Unser Hauptaugenmerk ist, junge Menschen in Brandenburg zu halten und Abgewanderte oder Fernpendler zu ermuntern, in die Heimat zurückzukehren. Darauf müssen wir unsere knappen Mittel konzentrieren.“ Auch deshalb werde es keine internationale Kampagne Brandenburgs geben, zumal der Bund bei diesem Thema schon aktiv sei. Zudem verwies der Ministeriumssprecher darauf, dass es doch Maßnahmen von Unternehmen wie in Kleinmachnow gebe, um Fachkräfte speziell für den Gesundheits- und Pflegebereich zu gewinnen – auch wenn dabei Probleme bei der Anerkennung von Berufsabschlüssen und Sprachbarrieren bestehen.

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