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Die Lichtanlage funktioniert. Nun muss am neuen Hauptstadtflughafen nur noch die Brandschutzanlage in Betrieb gehen.

© dpa

Brandenburg: „Mr. Klartext“

Reaktionen auf Mehdorn sind weitgehend positiv. Bürgerinitiativen hoffen auf Schwenk bei Nachtruhe

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Berlin/Potsdam - Alle sind überrascht – und die meisten auch zufrieden. Besser Hartmut Mehdorn als gar kein Flughafenchef, so lassen sich die Reaktionen auf die Bestellung des prominenten Verkehrsmanagers zusammenfassen, in Brandenburg und in Berlin. „Er hat den Charme einer Dampfwalze, aber die wird am Flughafen auch gebraucht“, sagte Christian Görke, Chef der Linke-Fraktion im Potsdamer Landtag. Und der Berliner CDU-Verkehrsexperte Oliver Friederici erklärt: „Für diese Position in einer bezahlbaren Preiskategorie jemanden zu finden, ist schwierig.“ Mehdorn sei ein profunder Kenner nicht nur des Schienen-, sondern auch des Flugverkehrs. Er hoffe nun, „dass der Hauptstadt-Airport spätestens 2015 in Betrieb gehen kann.“ Selbst die CDU-Opposition in Brandenburg fand versöhnliche Töne. Man müsse Mehdorn eine Chance geben, erklärte Fraktionschef Dieter Dombrowski. Für ihn spreche, dass er gut vernetzt ist. Ein Aber folgte: „Kritisch ist anzumerken, dass seine Tätigkeiten bei der Deutschen Bahn und Air Berlin nicht wirklich als Referenzen gelten können.“

Ein erfahrender Manager mit Durchsetzungskraft. Mit diesen wohlgesetzten Worten würdigte der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) die Personalie Mehdorn – trotz der harten Gefechte, die er sich mit dem ehemaligen Bahnchef über viele Jahre geliefert hatte. Wowereit benannte damit auch die Auswahlkriterien, die nach der Absage des Flughafenexperten aus Frankfurt am Main, Wilhelm Bender, letztlich den Ausschlag gaben. Mehdorn wird sich auch nicht lange orientieren müssen, denn er kennt alle wichtigen Akteure im Bund, in Brandenburg und erst recht in Berlin. Und sie kennen ihn, den „Mr. Klartext“.

Selbst die Berliner Grünen gewähren einen Vertrauensvorschuss. Er sei als harter Sanierer bekannt, sagte die Fraktionsvorsitzende Ramona Pop. Ursprünglich komme Mehdorn ja aus der Luftfahrtbranche. „Dass er sich mit dem Management von Großbaustellen auskennt, muss er nun beweisen.“ Jetzt müsse Schluss sein mit den Streitereien um BER, „damit das Milliardenprojekt endlich wieder voranschreitet“. Pop distanzierte sich damit deutlich von ihrer Parteifreundin Renate Künast. Die Grünen-Fraktionschefin im Bundestag hatte geschimpft, dass sich die Flughafengesellschaft mit der Personalentscheidung „endgültig dem Gespött“ ausliefere. Es gehe offenbar immer noch schlimmer. Die Berliner Piraten sahen dies ähnlich. „Diese Personalie ist an Einfallslosigkeit kaum noch zu überbieten“, kritisierte der Abgeordnete Martin Delius, Sprecher der Piratenfraktion im BER-Untersuchungsausschuss des Landesparlaments. Die öffentlichen Eigentümer seien dabei, das Flughafenprojekt aus kleinkarierten Eigeninteressen „sehenden Auges gegen die Wand zu fahren“. Von Mehdorn forderte Delius einen „unbedingten Transparenz- und Konsolidierungskurs“.

Die Berliner Linke schloss sich dagegen voll und ganz der Einschätzung ihrer Genossen in Brandenburg an. Mehdorn sei ein profilierter Manager, der die Durchsetzungskraft mitbringe, das Projekt zu wuppen. Die Einigung der drei Gesellschafter Bund, Berlin und Brandenburg auf diese Personalie sei ein gutes Zeichen. Allerdings mahnte die Linke, dass Mehdorn den Schallschutz und „das Muss für mehr Nachtruhe“ ernst nehmen müsse.

Ganz andere Erwartungen – nämlich das Gegenteil – formulierte der Berliner CDU-Generalsekretär Kai Wegner. Jetzt müsse Schluss sein mit Querschüssen und Kehrtwendungen, forderte er. Der brandenburgische Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) müsse seinen „politischen Blindflug“ beenden und seine Forderung nach einem erweiterten Nachtflugverbot zurückziehen. Die Union sieht Mehdorn in dieser Frage auf ihrer Seite.

Viel Ärger war in Berlin mit dem Namen Mehdorns verbunden: immer Streit um die S-Bahn. Schleppende Anbindung des Flughafens an den Schienenverkehr. Das kurze Dach des Hauptbahnhofs. Die Drohung der Bahn, ihre Zentrale aus Berlin abzuziehen. Die Abkoppelung des Bahnhofs Zoo vom ICE-Verkehr. Fast schon vergessen ist, dass er sich 2006 schon einmal für den hauptstädtischen Flugverkehr engagierte. Als Tempelhof geschlossen werden sollte, bot die Bahn an, den Flugbetrieb zu übernehmen.

In Brandenburgs Opposition wird die Personalie neben der CDU auch von der FDP befürwortet. „Mehdorn bringt die nötige Qualifikation für schwierige Managementaufgaben mit“, sagte FDP-Landeschef Gregor Beyer. Zudem habe er „zweifellos große Erfahrung in der Leitung von Unternehmen, in denen staatliche Gesellschafter permanent versuchen, in das operative Geschäft politisch hineinzuregieren.“ Seine Berufung ist daher kein Garant für künftigen Erfolg, aber vielleicht die letzte Chance für den BER.

Die Grünen Brandenburgs dagegen sind – anders als die Berliner Parteifreunde – auf der Linie von Renate Künast, sie halten von Mehdorn als BER-Retter nichts. Fraktionschef Axel Vogel verwies darauf, dass Mehdorn mit seinem Bahn-Sparkurs für das Berliner S-Bahn-Chaos mitveranwortlich, glühender Verfechter von Stuttgart 21 und für intransparentes Management bekannt sei. ,,Wie die Personalie Mehdorn mit dem Transparenzversprechen des neuen Aufsichtsratschefs und Ministerpräsidenten Matthias Platzeck zu vereinbaren sein soll, ist mir schleierhaft.“ Und Matthias Schubert, Sprecher der Kleinmachnower Bürgerinitiative und einer der Organisatoren des Volksbegehrens, sagte: „Wir hoffen, dass er den modernen Kurs von Ministerpräsident Platzeck mitgeht.“ Heute könne kein Flughafen mehr gegen die gesellschaftliche Nachbarschaft geführt werden. „Unser Ansprechpartner für das Nachtflugverbot ist die öffentliche Hand, sind die Eigentümer.“

Thorsten Metzner

und Ulrich Zawatka-Gerlach

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