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Raketenabwehrsystem „Arrow 3“

© picture alliance/dpa/israelisches Verteidigungsministerium

Erstes Arrow-3-System geht in Betrieb : Deutschland aktiviert am Mittwoch Raketenschild gegen Russland

Die erste Stufe der Arrow-Raketenabwehr aus Israel geht in Betrieb. Auf dem Fliegerhost werden auch die neuen Transporthubschrauber stationiert. Kritik kommt vom Brandenburger BSW.

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In Schönewalde-Holzdorf startet die Bundeswehr jetzt die Inbetriebnahme des künftigen Arrow-Raketenabwehrsystems. Am Montag sicherten die beiden Regierungschefs Dietmar Woidke (SPD, Brandenburg) und Rainer Haseloff (CDU, Sachsen-Anhalt) die uneingeschränkte Unterstützung beider Länder für den Ausbau des Luftwaffenstandortes zu.

Das israelische Raketenabwehrsystem Arrow 3 soll Westeuropa vor ballistischen Raketen aus Russland schützen. In Israel ist das System seit Jahren im Einsatz. Diesen Mittwoch (3.12.) wollen Generalinspekteur Carsten Breuer und der Inspekteur Luftwaffe, Generalleutnant Holger Neumann, wie die Bundeswehr jüngst mitteilte, die sogenannte „Anfangsbefähigung des neuen Waffensystems“ erklären. Ab diesem Zeitpunkt ist es einsatzfähig.

Die Bundeswehr soll damit erstmals die Fähigkeit zur Frühwarnung und zur Bekämpfung von anfliegenden ballistischen Flugkörpern in 100 Kilometer Höhe, im beginnenden Weltraum außerhalb der Erdatmosphäre, haben. Die Beschaffung war eine Reaktion auf die Bedrohung durch Russland, auf den Angriffs- und Eroberungskrieg gegen die Ukraine. Holzdorf ist der erste von drei geplanten Arrow-Standorten in Deutschland.

Israels Raketenabwehr „Iron Dome“

© dpa I Tagesspiegel/Rita Boettcher

Woidke und Haseloff zogen ein positives Fazit des parallel nötigen Ausbaus der öffentlichen Infrastruktur mit Schulen, Kitas und Straßen um die Basis, in der ab 2027 auch 47 neue Transporthubschrauber des Typs CH-47F Chinook stationiert werden. „Wir sind im Zeitplan“, erklärte Woidke. Das gelte für die Verteidigungsfähigkeit des Landes mit der Aufschaltung der ersten Stufe des neuen Luftverteidigungssystems Arrow 3 in dieser Woche, „das ist eine gute Nachricht“.

Es gilt laut Woidke auch für die Stationierung der neuen großen Transporthubschrauber, für die bis 2027 neue Hallen und Wartungsgebäude gebaut werden. „Es wird das neue Arbeitspferd der Luftwaffe.“ Im Zeitplan sei man auch beim Ausbau des Schul- und Kitabereiches, für einen Abschnitt der Bundesstraße 101, damit künftig weniger Soldaten und Zivilbeschäftigte einpendeln müssten. „Wir sind gut vorangekommen“, sagte Woidke. Einzelheiten nannte er nicht.

Zuvor hatte in der Kaserne - unter Leitung von Innenminister René Wilke (SPD) - die länderübergreifende Task Force „Holzdorf“ getagt, die 2023 für den Infrastrukturausbau eingerichtet worden war. Am Tisch saßen nicht nur die beiden Länderchefs und Bundeswehr-Vertreter, sondern auch Wirtschaftsminister Daniel Keller, Bildungsminister Steffen Freiberg (beide SPD) und Staatssekretärin Ina Bartmann vom BSW-geführten Bauministerium, Landräte, Amtsdirektoren und Bürgermeister der Region.

Ein Eurofighter über Fliegerhorst Holzdorf.

© dpa/Frank Hammerschmidt

Zwar gilt in Holzdorf noch meist die übliche Standard-Alarmstufe „Alpha“, die niedrigste, wie am Kasernentor zu lesen war, also alles im grünen Bereich. Doch das kann sich ändern. Denn der Luftwaffenstützpunkt, vor einem Jahrzehnt im Zuge der damaligen Bundeswehrreform noch von Schließung bedroht, wird mit der „Zeitenwende“ und dem Arrow-System eine der wichtigsten Basen der Luftverteidigung Deutschlands.

Luftwaffe stockt Holzdorf um 700 Soldaten auf

„Es ist ein einzigartiger Standort für uns. Es ist einer der Zukunftsstandorte der Luftwaffe“, erklärte Generalmajor Christian Leitges, Chef des Stabes des Kommandos Luftwaffe. Er verwies auf die CH 47 Chinook und „das Arrow Weapon System, das wir hier bald in Betrieb nehmen können.“

Leitges dankte den Kommunen und beiden Bundesländern für die Empathie und Unterstützung. Aktuell sind hier nach seinen Worten 2000 Soldaten, Offiziere und Zivilbeschäftigte tätig, „mit Aufwuchs kommen 700 Stellen dazu“. Es ist ein Großprojekt in der strukturschwachen Region.

Kasernengebäude vom Fliegerhorst Holzdorf.

© dpa/Klaus-Dietmar Gabbert

Das Arrow-Projekt ist politisch umstritten. Er sei froh, dank des neuen Schutzschirms „in einem der sichersten Teile von Deutschland zu leben. Ich bin sicher, das sehen auch die Bürgerinnen und Bürger so“, sagte Haseloff. Zu Befürchtungen, dass Holzdorf und die Region mit Arrow zum Angriffsziel werden könne, erklärte Woidke. „Es ist merkwürdig, dass dieses Argument oft von denen vorgebracht wird, die behaupten, dass niemand uns angreifen will.“

In der SPD-BSW-Regierungskoalition, die unter Führung von Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) seit einem Jahr in Brandenburg mit einer knappen Zwei-Stimmen-Mehrheit im Parlament regiert, hat das Raketenabwehrsystem von Beginn an für Streit gesorgt.

Aus der Landtagsfraktion gab es vom BSW-Abgeordneten Sven Hornauf regelmäßig Störfeuer gegen Arrow, etwa mit kleinen Anfragen. In den letzten Wochen hatte es im BSW heftige Querelen gegeben, in deren Zuge der bisherige Fraktionsvize Christian Dorst seinen Rücktritt erklärte, der die Regierungsbeteiligung der Wagenknecht-Partei für einen Fehler hält. Neue Konflikte scheinen programmiert. „Wir müssen in die Verteidigungsfähigkeit investieren. Wir unterstützen die Soldatinnen und Soldaten. So steht es im Koalitionsvertrag“, gab sich Woidke gelassen. „Das ist die Basis unserer Arbeit.“

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