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Plagiatsverdacht gegen CDU-Politikerin Saskia Ludwig: Uni Potsdam überprüft Dissertation der Abgeordneten aus Brandenburg
Sie forderte Konsequenzen von Brosius-Gersdorf nach Plagiatsvorwürfen, nun gerät die CDU-Bundestagsabgeordnete Saskia Ludwig selbst wegen ihrer Doktorarbeit ins Visier.
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Plagiatsvorwürfe gegen die Brandenburger CDU-Bundestagsabgeordnete und frühere Landeschefin Saskia Ludwig: Die Potsdamer Universität hat nach einer Verdachtsanzeige ein Plagiats-Überprüfungsverfahren gestartet, weil die Unionspolitikerin in ihrer Dissertation wissenschaftlich nicht korrekt zitiert haben soll. Das bestätigte Uni-Sprecherin Silke Engel am Montag dieser Zeitung.
Zuvor hatte der Deutsch-Luxemburger Plagiatsexperte Jochen Zenthöfer nach einem Bericht der „F.A.Z.“ bei einer Teilprüfung der Dissertation Ludwigs zahlreiche Verstöße gegen wissenschaftliche Standards festgestellt und dies bei der Uni angezeigt. Ludwig selbst äußerte sich auf Anfrage, aber nicht konkret zu ihrer Doktorarbeit und den Vorwürfen.
Wer anderen eine Grube gräbt, fällt selbst hinein.
Christian Görke, Linke-Bundestagsabgeordneter über den Plagiatsverdacht gegen Ludwig
Ganz aktuell gehört Ludwig zu den konservativen Unionsabgeordneten, die in der CDU/CSU-Bundestagsfraktion den Widerstand gegen die SPD-Kandidatin für das Bundesverfassungsgericht, die Potsdamer Jura-Professorin Frauke Brosius-Gersdorf, anheizten, um die Juristin für die Funktion in Karlsruhe zu verhindern. Als die Abstimmung dann tatsächlich abgeblasen wurde, hatte Ludwig auf der Plattform Twitter gepostet: „Erledigt.“
Ludwig und Plagiatvorwürfe gegen Brosius-Gersdorf
In dem Zusammenhang waren Plagiatsvorwürfe gegen Brosius-Gersdorf laut geworden. Es war Ludwig, die sofort via „X“ forderte: „Solange die Plagiatsvorwürfe gegen die Professorin aus Potsdam nicht restlos ausgeräumt sind, muss sie ihr Amt am Lehrstuhl für öffentliches Recht der Uni Potsdam ruhen lassen! Präsident Prof. Günther sollte sofort handeln.“
Und daran hält Ludwig, obwohl sie selbst unter Druck geraten ist, auch fest. „Die Aussage steht unverändert, dass es die Aufgabe der Universität ist, die Arbeit der Professorin aus Potsdam zu überprüfen“, erklärte Ludwig in einer Antwort auf Tagesspiegel-Fragen. „Davon unabhängig bleibt sie für mich mit ihren Veröffentlichungen zur Corona-Impfpflicht – u. a. auf der Webseite der Universität Potsdam – als Richterin für das Bundesverfassungsgericht unwählbar....“
In einer ersten Reaktion hatte Ludwig auf der Plattform „X“ die „F.A.Z.“-Anfrage veröffentlicht und ihre Dissertation verlinkt, die im Dezember 2007 von der wirtschafts- und sozialwissenschaftlichen Fakultät der Universität Potsdam angenommen worden war. „Damit sich jeder selbst ein Bild machen kann.“
Was der Plagiatsexperte kritisiert
Die Doktorarbeit Ludwigs trägt den Titel „Die Aufgabenauslagerung in Landesbetriebe im Bundesland Brandenburg und anderen ausgewählten Bundesländern“. Der Plagiatsexperte Zenthöfer, der laut FAZ aus eigenem Antrieb die Dissertation checkte, spricht von zahlreichen „ungekennzeichnete Textübernahmen“, von sogenannten Bauernopfer-Zitaten. Bei der Durchsicht vom ersten Drittel der Dissertation - 113 von 368 Seiten - habe er 86 nicht gekennzeichnete Übernahmen durch Ludwig gefunden.
Zu Wort meldete sich inzwischen aus Österreich der umstrittene Plagiatsjäger Stefan Weber, der vor die Bundestagswahl Vorwürfe gegen Robert Habeck erhoben hatte, jetzt auch gegen Brosius-Gersdorf und nun auch bei Ludwig zu einem Plagiatsbefund kommt. „Sicher ist, dass wieder einmal nicht lege artis zitiert wurde“, erklärte Weber auf der Plattform „X“. „Der Plagiatsvorwurf ist zutreffend.“
Für Annäherung an die AfD
Auf die Frage, was sie zu den Vorwürfen zu sagen habe, wie sie reagiere, antwortete Ludwig lediglich mit einem Hinweis auf das Vorgehen von Brosius-Gersdorf: „Ich werde sicher keine Stuttgarter Anwaltskanzlei Quaas und Partner mit einem elfseitigen Gutachten beauftragen, wenn Sie das mit „Reaktion“ meinen sollten.“ Und auf die Frage, ob sie einen Zusammenhang des Bekanntwerdens der Vorwürfe zu ihrem Widerstand gegen Brosius-Gersdorf sehe, antwortete Ludwig so: „Die Beantwortung dieser Frage überlasse ich Ihnen – als politisch „neutralem Beobachter“.
Ludwig, die sich selbst als „Bürgerliche“ bezeichnet, steht für fundamentalkonservative Positionen. Damit geriet sie regelmäßig auch in der eigenen Partei in Konflikte. Sie polarisiert, vor allem wegen ihrer Annäherung an die AfD. Die frühere CDU-Landesvorsitzende, die über 20 Jahre bis 2025 im Landtag war und jetzt im Bundestag sitzt, sprach sich kürzlich offen für Koalitionen von CDU und AfD aus.
Das sagt Saskia Ludwig
Der Tagesspiegel hatte Ludwig auch angefragt, was sie angesichts der Plagiatsüberprüfung von Uni Potsdam erwarte. „Eigentlich nichts“, antwortete Ludwig, „außer vielleicht die Auskunft, wie oft es seit 2008 bereits Anfragen und Hinweise bzgl. der Arbeit an die Universität Potsdam gegeben hat?“
An der Potsdamer Universität ist die Überprüfung im Fall Ludwig angelaufen. „Es greift das übliche Verfahren nach unseren Leitlinien zum Umgang mit wissenschaftlichem Fehlverhalten“, sagte Uni-Sprecherin Engel. Das Prozedere ist zweistufig. „Zunächst gibt es eine Vorprüfung der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften, wo die Promotion von Frau Ludwig angenommen worden ist. Wenn diese zum Ergebnis kommen sollte, dass umfassendere Aufklärung nötig ist, dann wird die Kommission für wissenschaftliches Fehlverhalten einberufen“, erläuterte Engel. „Die leitet dann ein förmliches Untersuchungsverfahren ein.“ Eine Vorprüfung dauere normalerweise etwa drei Wochen, allerdings sei gerade vorlesungsfreie Zeit.
Der Brandenburger Linke-Bundestagsabgeordnete Christian Görke reagierte so: „Saskia Ludwig hat die Kandidatin für das Bundesverfassungsgericht Frauke Brosius-Gersdorf mit Vorwürfen überhäuft, die sich später als haltlos erwiesen. Nun steht sie plötzlich unter Plagiats-Verdacht“, sagte Görke. Manchmal sei es besser, sich zurückzuhalten und zu prüfen, nach dem Sprichwort „Wer anderen eine Grube gräbt, fällt selbst hinein.“
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