
© Thilo Rückeis
Von Alexander Fröhlich, Stefan Jacobs und Ulrich Zawatka-Gerlach: Ringen um Zukunftskonzept für S-Bahn
Berlin erwägt Ausschreibung. „Unhaltbare Zustände“ für Pendler aus Brandenburg im Regionalverkehr
- Alexander Fröhlich
- Stefan Jacobs
- Ulrich Zawatka-Gerlach
Stand:
Berlin/Potsdam - Der Berliner Senat will „so schnell wie möglich“ über die Zukunft der S-Bahn entscheiden. Das kündigte am Dienstag ein Sprecher der Stadtentwicklungsverwaltung an. Es geht um die Frage, ob ein Teil des Streckennetzes ausgeschrieben, ob die S-Bahn direkt an die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) vergeben oder der Deutschen Bahn abgekauft werden soll. „Der Senat wird zügig zu einem Ergebnis kommen“, hieß es. Der VBB hat eindeutige Erfahrungen gemacht: Auf neu ausgeschriebenen Regionalstrecken wurde der Verkehr für die Länder stets billiger und die Kundenzufriedenheit stieg. Zwar lehnte die SPD auf einem Landesparteitag im November eine Ausschreibung von Teilstrecken ab. Und auch die Linke sieht eine Teilausschreibung „skeptisch“. Trotzdem sei die Verkehrsverwaltung gut beraten, sich alle Optionen offenzuhalten, sagte der SPD-Fraktionsgeschäftsführer Christian Gaebler. „Alles andere wäre unklug, weil es Berlin gegenüber den Verhandlungspartnern erpressbar macht.“
Auch in Brandenburg wächst der Druck auf Bahn und S-Bahn. Infrastrukturminister Jörg Vogelsänger (SPD) hat die Verantwortlichen der DB Regio für Mittwoch zu einem Gespräch einbestellt, für Freitag die Geschäftsführung der S-Bahn. Neben den laut Vogelsänger „unhaltbaren Zuständen“ bei der S-Bahn geht es um erhebliche Zugausfälle im Regionalverkehr – und zwar in der Hauptverkehrszeit. Betroffen sind Brandenburger und Potsdamer Berlinpendler, aber auch der Süden des Landes. „Die Bahn hat ohne vorherige Abstimmung mit uns einfach Züge gestrichen“, sagte der Minister. Dies sei ein Offenbarungseid und den Pendlern nicht mehr zu vermitteln, Ein Ministeriumssprecher betonte, das Land werde der Bahn für ausgefallene Züge keinen Cent zahlen. Bei erheblichen Verspätungen gebe es nur noch die Hälfte der vereinbarten Landesgelder.
Ausgefallen sind seit Montag Verdichterzüge auf der Regionalexpress-Linie 1 Brandenburg-Potsdam-Berlin, auf der Linie Spandau-Wustermark und zwischen Potsdam und Golm. Auch einzelne RE-2-Umleiterzüge zwischen Berlin und Cottbus fielen aus. Bei der S-Bahn ist Brandenburg durch schlechtere Taktzeiten und Zugausfälle betroffen, zum Beispiel auf der Strecke nach Strausberg Nord sowie Hennigsdorf.
Der Berliner SPD-Fraktionsgeschäftsführer Gaebler forderte die Bahn AG auf, einen „Krisenstab S-Bahn“ einzurichten, in dem die Länder Berlin und Brandenburg vertreten sind. Außerdem müsse ein Zeit- und Kostenplan für die Wiederherstellung eines funktionierenden Betriebs vorgelegt werden. Gaebler forderte zudem, dass Bahn AG die Bestellung neuer S-Bahnfahrzeuge vorbereitet, unabhängig davon, wer nach dem Auslaufen des S-Bahnvertrags 2017 dafür zuständig sei. Notfalls müsse das Land beim Aufbau eines neuen Wagenparks einspringen, wie es Niedersachsen über eine „Landesnahverkehrsgesellschaft“ praktiziert. In Berlin betonen Experten schon lange, dass die marode Flotte sich nur mit hohen Investitionen auf Vordermann bringen lässt. Der aktuelle, zu knapp bemessene Fuhrpark, der der Bahn gehört, ist den Anforderungen nicht mehr gewachsen. Größtes Problem sind die bruchgefährdeten Achsen in der häufigsten Baureihe 481. Ob die Anfälligkeit gegen Schnee ein Konstruktions- oder ein Wartungsmangel ist, darüber streiten der Hersteller Bombardier und die Bahn.
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