
© dpa / Christophe Gateau
Sondersitzung der Woidke-Taskforce: Keine stabile PCK-Versorgung vor Sommer
Die Raffinerie Schwedt wird ab April weiter heruntergefahren – wegen Wartungsarbeiten. Das schafft Luft für die Verhandlungen um Öl-Lieferungen nach Brandenburg.
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Eine stabile Rohölversorgung für die Raffinerie Schwedt bleibt ungeklärt – und wird nun vom Bundeswirtschaftsministerium ab Sommer 2023 nach einer lange geplanten Revision im PCK angestrebt. Der polnische Hafen Danzig hat eine zentrale Rolle für Schwedt nach dem Embargo gegen russisches Öl, das seit Jahresbeginn greift.
Derzeit läuft die Raffinerie mit einer Auslastung von unter 60 Prozent. Die bevorstehende Revision, bei der wie in allen Raffinerien üblich, Teile des Werkes stillgelegt, Anlagen gewartet, neu justiert oder vom TÜV gecheckt werden, ist laut Michael Kellner (Grüne), Wirtschaftsstaatsekretär des Bundes, seit vier Jahren Jahren geplant. Auswirkungen auf die Treibstoff-Versorgung der Hauptstadtregion und weiter Teile Ostdeutschlands seien nicht zu erwarten, so Kellner. „Die Versorgungssicherheit ist bis Mai in trockenen Tüchern.“
Entgegen vorheriger öffentlicher Panikmache seien auch nach dem am 5. Februar 2023 in Kraft getretenen Dieselembargo die Dieselpreise in Ostdeutschland nicht gestiegen, sondern gesunken, so Kellner. Das Ziel müsse sein, „dass mit Abschluss der Revision dann zum Sommer hin die Eigentümer eine möglichst dauerhafte hohe Auslastung in Schwedt haben“, so Kellner. Die Bundesregierung unterstütze das flankierend.
In den letzten Wochen waren angesichts der Unsicherheiten um die PCK neue Konflikte zwischen Bund und Land aufgebrochen. Zwar vermieden beide Seiten nach der Taskforce-Sitzung, an der auch Carsten Schneider als Ost-Beauftragter von Kanzler Olaf Scholz (SPD) teilnahm, Streit auf offener Bühne. Doch machte Ministerpräsident Woidke aus seiner Skepsis und seinem Nachdruck keinen Hehl.
„Wenn ich zufrieden wäre, hätte ich nicht zu dieser Sitzung geladen“, sagte Woidke und mahnte: „Wir sind noch nicht im Zustand der Verlässlichkeit angekommen.“ Nötig sei, dass nach der Revision über die PCK-Gesellschafter rechtzeitig Bestellungen zur Belieferung über den Hafen Danzig erfolgen, sagte Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD).
Kein neues Raumordnungsverfahren für Rostock-Pipeline
Eine stabile neue Lieferkette hängt vor allem davon ab, wie schnell die bestehende Pipeline vom Hafen Rostock nach Schwedt modernisiert werden kann. Deren Transportkapazität soll durch eine Verdopplung der Pumpen entlang der Strecke so erhöht werden, dass eine 70-Prozent-Basisauslastung der PCK gewährleistet wird. Allerdings werde das „frühestens in zwei Jahren umgesetzt sein, wenn wir Pech haben, in zweieinhalb Jahren“, sagte Steinbach.
Nach aktuellem Stand sei dafür „kein neues Raumordnungsverfahren“ nötig. Für die vom Bund bewilligten 400 Millionen Euro steht aus Brüssel noch das Okay für die Beihilfe aus. „Einen Plan B gibt es nicht“, betonte Steinbach. Nach Auskunft von Kellner gibt es in den Verhandlungen mit der EU keine unüberbrückbaren Probleme. „Die Gespräche laufen. Ich habe Null-Anzeichen, dass es schiefgehen könnte“, sagte Kellner.
Mittelständler aus Niedersachsen interessiert an PCK
Für die Übergangszeit benötigt die PCK zusätzlich Öl über den Hafen Danzig oder aus Kasachstan. Und im Hintergrund läuft der Poker weiter, wer künftig Haupteigner der Raffinerie in Schwedt wird, die bisher mehrheitlich dem russischen Staatskonzern Rosneft gehört. Die Bundesregierung hat wegen des Russland-Krieges die Rosneft-Anteile am PCK unter Zwangsverwaltung eines Treuhänders gestellt, von einer Enteignung aber wegen rechtlicher Risiken bisher abgesehen. Aktuell wird ein Gesetz vorbereitet, das solche Enteignungen zur Energiesicherung erleichtern soll.
Kellner äußerte sich nicht zu einem „Handelsblatt“-Bericht, nach dem auch das Ölunternehmen Hoyer aus Niedersachsen Interesse an einem Einstieg bei PCK haben soll. Bekannt ist bisher, dass der polnische Staatskonzern Orlen Interesse an einem PCK-Einstieg hat, unter der Bedingung, dass Rosneft dort komplett raus wäre. Weil Rosneft noch Miteigner ist, ist Polen bislang auch nicht bereit, dauerhaft die Versorgung von Schwedt zu unterstützen – gestattet im Einzelfall aber Lieferungen über Danzig und sein Pipelinenetz nach Schwedt. Auf der anderen Seite sorgt für Unmut, dass Polen selbst noch Pipeline-Öl aus Russland bezieht. Ernüchtert von den Ergebnissen der Taskforce äußerte Linke-Bundestagsabgeordnete Christian Görke, es gebe wieder nur „neue Versprechungen und nichts Konkretes“.
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