Brandenburg: Sonderwünsche waren offenbar keine Ausnahme
Kontroverse über Umbauten am BER für A 380. Untersuchungsausschuss soll Vorgänge prüfen.
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Berlin/Potsdam - Die umstrittenen Umbauten beim Bau des Haupstadtflughafens BER für den Riesenflieger A 380 sind offenbar nur ein Beispiel von vielen „Sonderwünschen“ von Aufsichtsrat und Geschäftsführung, die das Projekt verzögerten. Das war am Montag aus gut informierten Kreisen zu hören. Kenner der Materie verwiesen auf eine im Kontext der im Juni gescheiterten Eröffnung erstellte Expertise zu mehreren nachträglichen Planungsänderungen, die von Aufsichtsrat und Flughafen eingefordert worden seien und durch die eine rechtzeitige Eröffnung des neuen Flughafens wiederholt gefährdet worden sei. Insider zeigten sich am Montag nicht verwundert über einen PNN-Bericht, der deutlich macht, wie das Ringen um den Ausbau des Flughafens zum internationalen Drehkreuz samt Anschluss für den A 380 den Bau nachhaltig in Verzug gebracht hat.
Die Vorgänge sollen jetzt auch im Untersuchungsausschuss des Abgeordnetenhauses zum BER-Debakel thematisiert werden. Der nimmt an diesem Freitag seine Arbeit auf. „Das ist ein weiteres Beispiel für die Selbstüberschätzung des Berliner Senats“, sagte der Piraten-Abgeordnete Oliver Höfinghoff zu dem A-380-Bericht. Markus Voigt, Präsident des Vereins Berliner Kaufleute und Industrieller (VBKI), verteidigt die Entscheidung, den künftigen Hauptstadtflughafen auch für Großflieger wie den A 380 nutzbar zu machen. „Aus Sicht der Wirtschaft wäre es fahrlässig, den Flughafen nicht auch auf größere Flugzeuge auszurichten“, sagte er dieser Zeitung. Wer sich nicht auch auf größere Flugzeuge einstelle, „nimmt sich die Chance, den Flughafen und den Standort weiterzuentwickeln“. Das sieht auch der CDU-Politiker Stefan Evers so: „Wir stehen dahinter, dass der Flughafen auch Flugzeuge neuen Typs aufnehmen können muss.“ Andreas Otto von den Bündnisgrünen will wissen, wer die Entscheidungen etwa für die A380-Brücken auf welcher Grundlage getroffen hat. „Waren das etwa die fachunkundigen Aufsichtsratsmitglieder alleine?“, fragt Otto.
Für Jutta Matuschek von der Linksfraktion war es nicht neu, dass es wegen des A380 neue Planungen gab. Dass eine Grundsatzentscheidung für eine Andockstation für den Riesenflieger gefällt wurde, hält sie für „total richtig“. Allerdings müsse man prüfen, ob seinerzeit genau untersucht wurde, welche Konsequenzen die Planungsänderung mit sich brachte – für die Kosten und den Zeitplan. Ole Kreins von der SPD hingegen geht nicht davon aus, dass die Umplanung für den A380 im Jahr 2008 noch im direkten Zusammenhang mit dem jetzigen Terminchaos steht.
Zu Beginn der Flughafenplanungen gab es den A 380 noch nicht. Allerdings war schnell klar, dass für das Langstreckenflugzeug auch am BER Platz geschaffen werden sollte. Im Jahr 2005 wurde der Erstflug absolviert, die erste Maschine wurde 2007 ausgeliefert.
Die Pläne für den BER sahen vor, zwei Passagierbrücken für den A 380, für den besondere Anlagen nötig sind, direkt an der Haupthalle des Terminals für Non-Schengen-Passagiere zu bauen. Jede Fluggesellschaft hätte die Brücken für den Interkontinentalverkehr nutzen können. Hinter den Kulissen löste das besonders bei Lufthansa Verstimmung aus. Dort wurden die A 380-Brücken als Zeichen verstanden, dass die Flughafengesellschaft kaufmännisch schon ohne die Lufthansa plane. Schließlich strichen die Planer die Brücken in Abstimmung mit der Geschäftsführung wieder. Auf politischen Druck aus dem Aufsichtsrat, dem Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit und Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (beide SPD) als Vize vorsitzen, sollten die Brücken wieder in den Plan hineingenommen werden. Wie Beteiligte berichten, mussten sich die Geschäftsführer im Aufsichtsrat einige Kritik anhören: Ein Hauptstadtflughafen ohne A-380-Brücke sei ein Unding, hieß es damals. Erst werde eine Start- und Landbahn gebaut, die auch für den A 380 ausgelegt sei, aber dann bestehe keine Möglichkeit den Riesenflieger abzufertigen. Am 22. Mai 2008 allerdings – wenige Wochen vor dem ersten Spatenstich für das Terminal – beschloss die Geschäftsführung eine Planänderung. Plötzlich sollte es nur noch eine Brücke für den A 380 geben – aber an anderer Stelle. Nämlich auf der Südseite des Terminals, wo nur Air Berlin und keine andere Gesellschaft Schalter hat. Nach Gesprächen mit der Geschäftsführung der Flughafengesellschaft versprach Air Berlin, irgendwann auch mit einem A 380 den BER anfliegen zu wollen. Bis heute hat die Gesellschaft kein Flugzeug dieses Typs bestellt.
Diese Planänderung brachte bereits kurz vor dem Start den Bau des Terminals in Verzug. Der abgrenzte Non-Schengen-Bereich musste verschoben, das zuvor fein austarierte System komplett neu geplant werden, an der neuen Stelle verdoppelten sich die Passagierströme – mit Folgen für Treppen, Fluchtwege und die Brandschutzanlage. „Für die innere Organisation des Terminals war diese Entscheidung fatal“, ebenso für den weiteren Bauablauf und die ursprünglich für Oktober 2011 geplante Eröffnung, sagen Insider. Die genauen Kosten für die A-380-Planungen lassen sich nicht beziffern. Allerdings deutete sich intern bereits 2008 an, dass die geplanten Terminalkosten von 630 Millionen Euro nicht zu halten sind.
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