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Brandenburgs Finanz- und Europaministerin Katrin Lange (SPD).

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Update

SPD-Politikerin teilt gegen Ampel aus: Brandenburgs Finanzministerin sieht „allen Grund“ für Demos gegen Regierung

Katrin Lange fordert im Landtag einen Rettungsschirm über fünf Milliarden Euro. Für ihren Auftritt bekommt sie Zuspruch aus Reihen der Linken und der AfD.

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Trotz der Milliarden-Rettungsschirme von Bund und Land erwartet Brandenburgs Finanzministerin Katrin Lange (SPD), dass sich die Stimmung in der Bevölkerung in der aktuellen Krise weiter verschlechtern wird.

Mit einem provokanten Auftritt im Brandenburger Landtag, wo sie den Entwurf des Doppelhaushaltes 2023/2024 einbrachte, sorgte Lange am Mittwoch für Irritationen bis in die Reihen der von Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) geführten Kenia-Koalition aus SPD, CDU und Grünen hinein.

In ihrer Rede verwies Lange auf die „zunehmend gereizter werdenden Debatten in Politik und Medien“ und „das Demonstrationsgeschehen“ im Land, für das die Finanzministerin und Vize-Parteichefin der SPD ausdrücklich Verständnis zeigte: „Meine Vermutung ist: Das wird in den nächsten Wochen und Monaten noch sehr viel gereizter werden, denn dazu gibt es auch allen Grund.“

Lange verwies auf die wachsende Inflation. „Das bedeutet, dass Einkommen und Vermögen in Deutschland auch weiterhin einem raschen Prozess der fortschreitenden Entwertung unterworfen sein werden.“ Prompt gab es Lob von der AfD, die nach einer neuen INSA-Umfrage (für die Bild-Zeitung) mit 25 Prozent inzwischen vor der SPD mit 22 Prozent stärkste Kraft wäre. AfD-Fraktionschef Christoph Berndt bescheinigte der Finanzministerministerin „Realitätsbewusstsein, das anderen Mitgliedern der Regierung fehlt.“ Brandenburgs Grünen-Parteichefin Julia Schmidt reagierte scharf: „Katrin Lange irrlichtert in ihrer Position zum Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine und erntet erneut Zuspruch von der AfD. Wir Bündnisgrüne widersprechen klar. Ich frage mich, ob die SPD Brandenburg und ihr Landesvorsitzender noch hinter den Aussagen ihrer Finanzministerin stehen.“

Lange teilt gegen Bundesregierung aus

Gleich mehrfach teilte Lange gegen die von Kanzler Olaf Scholz (SPD) geführte Ampel-Bundesregierung aus. Konkret warnte Lange, die sich vor dem Ukraine-Krieg gegen Russland-Sanktionen ausgesprochen hatte, nun vor einer Eskalation und Ausweitung des Krieges.

„In Deutschland hält man diese Gefahr zwar für gering, aber ein Blick über unsere Landesgrenzen hinaus zeigt, dass man das andernorts durchaus kritischer und weniger optimistisch beurteilt als hierzulande, wo sich einzelne Mitglieder der Bundesregierung, die gerne twittern, schon als ‚im Krieg mit Putin‘ befindlich wähnen“, sagte Lange. Gemeint war Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD).

In Richtung Grüne fügte sie hinzu: „Wenn das mit diesem losen Gerede so weitergeht, könnte das freilich schneller eintreten, als man in Katar und Saudi-Arabien ‚werteorientierte Außenpolitik‘ sagen kann.“

Keine Zeit für „Framing-Mätzchen“

In ihrer Rede verteidigte Lange den vorgelegten 31-Milliarden-Doppelhaushalt 2023/2024, der nun noch mit dem von der Kenia-Koalition angekündigten Rettungspaket des Landes über zwei Milliarden Euro aufgestockt werden soll, und titulierte ihn als „Brandenburg-Paket“. „Das ist eine gut märkische Bezeichnung mit null Prozent Propagandabeimischung – denn wir haben hier für Framing-Mätzchen keine Zeit und sind schließlich nicht bei der Bundesregierung.“ 

Sie machte deutlich, dass sie eigentlich einen weitaus höheren Schirm für nötig hält. „Fünf Milliarden Euro wären eine schöne Summe“, sagte sie. „Einstweilen aber sind auch zwei Milliarden Euro eine schöne Summe.“ Man müsse den Brandenburgerinnen und Brandenburgern „das ganz klare Signal geben, dass wir nichts unversucht lassen, sie durch diese außerordentliche Lage zu bringen“, sagte Lange. „Deshalb steht auch der Landtag möglicherweise vor den schwersten Entscheidungen, die er je zu treffen hatte.“

Linke-Oppositionsführer übt scharfe Kritik an der Koalition

Linke-Oppositionsführer Sebastian Walter zerpflückte die Finanzpolitik der Kenia-Koalition. Es sei eine Frechheit, einen Doppelhaushalt vorzulegen, „der die Preiskrise komplett wegignoriert“, sagte Walter. Der lange überfällige Rettungsschirm sei immer noch nur angekündigt, es sei unklar, was konkret geplant wird. Die Zeit der Ausreden sei vorbei, so Walter. „Dieser Haushalt ist in Zahlen gegossenes Politikversagen.“

Sebastian Walter (M), Parteichef der Linken, ging mit der Koalition hart ins Gericht.
Sebastian Walter (M), Parteichef der Linken, ging mit der Koalition hart ins Gericht.

© picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild

Ausdrücklich berief sich der Linke-Fraktions- und Parteichef auf Lange, dass die zwei Milliarden Euro des Landesschirmes nicht ausreichen werden, fünf Milliarden nötig seien, womit es nach der AfD nun auch noch Lob von den Linken gab. „Es ist richtig, was die Finanzministerin sagt“, sagte Walter. „Die Menschen bekommen jetzt hohe Rechnungen. Sie brauchen jetzt Hilfe. Für die kommt die Hilfe zu spät.“ Außerdem kritisierte Walter, dass es entgegen den Kenia-Verlautbarungen doch Kürzungen gebe, ausgerechnet bei den Schuldnerberatungen und der Förderung erneuerbarer Energien. „Wie konnte das passieren, liebe Grüne? An dieser Stelle versagen Sie!“

Grünen-Fraktionschefin Petra Budke lobte die Abwehrschirme der Bundesregierung und bekräftigte die Linie der Kenia-Koalition, „nicht gegen die Krise zu sparen.“ Auch CDU-Fraktionschef Jan Redmann sprach sich gegen plakative Schuldzuweisungen an den Bund aus. Das helfe keinem Unternehmen in Not, so Redmann: „Wir sollten auf diese Spielchen verzichten.“ Und fügte hinzu: „Ich mache nicht den Oppositions-Dreisprung. Das hilft da draußen niemanden.“

CDU-Fraktionschef Jan Redmann widersprach der Finanzministerin.
CDU-Fraktionschef Jan Redmann widersprach der Finanzministerin.

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Redmann widerspricht Langes Forderung

Das richtete sich an Walter. Aber man konnte es auch an die Adresse Langes verstehen. Man dürfe nicht den Eindruck vermitteln, dass der Staat die höheren Preise ausgleichen könne, sagte Redmann. „Das ist unredlich.“ Redmann widersprach Langes Forderung nach einem Fünf-Milliarden-Kredit, weil auch das die Inflation antreiben würde und erinnerte an eine Lange-Aussage, sie sei keine „Spar-Marie“: „Wir werden einen Beitrag leisten, dass sie keine Inflations-Kati wird.“

Die Freien Wähler wiederum kritisierten es als Blindflug, dass die Woidke-Regierung ausgerechnet in dieser Zeit, wo die halbe Welt auf Sicht fährt, gleich einen Haushalt für zwei Jahre vorlegt. „Welcher Handwerker kann jetzt eine Preisgarantie für eine Leistung in zwei Jahren geben?“, fragte Fraktionschef Peter Vida. Er nannte es überfällig, die Finanzpolitik den Realitäten anzupassen, forderte einen Verzicht Deutschlands auf das freiwillige Ölembargo gegen Russland. Er warnte auch vor dem immer noch propagierten Ausbau der erneuerbaren Energien, der bereits vor der aktuellen Krise im Land die Energiepreise in die Höhe getrieben hätte.

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