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Voriges Jahr sind bei Verkehrsunfällen im Land 166 Menschen tödlich verunglückt, davon mehr als jeder Dritte an einem Alleebaum.

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Verkehrssicherheit: Unfallbilanz: Viele verunglücken an Alleebäumen

Kaum irgendwo in Deutschland ist die Wahrscheinlichkeit, im Straßenverkehr tödlich zu verunglücken so hoch wie in Brandenburg. Schnelles Fahren ist eine der Hauptursachen.

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Potsdam - Keine Entwarnung auf Brandenburgs Straßen: Voriges Jahr sind bei Verkehrsunfällen im Land 166 Menschen tödlich verunglückt, davon mehr als jeder Dritte an einem Alleebaum. Und im Januar 2013 waren es schon wieder 21 Tote, 9 nach einem Aufprall an einen Baum. Das geht aus der Unfallbilanz 2012 hervor, die Innenminister Dietmar Woidke und Verkehrsminister Jörg Vogelsänger (beide SPD) am Freitag in Potsdam vorstellten. Zwar starben 2012 bei Unfällen 21 Menschen weniger als im Jahr davor, die Zahl sank auf das niedrigste Niveau der letzten 20 Jahre. So waren 1992 noch 867 Menschen bei Unfällen ums Leben gekommen, verlor das Land jedes Jahr damals durch Verkehrstote quasi ein Dorf. Aber im bundesweiten Vergleich gehört Brandenburg wie in den Vorjahren – neben Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt – weiterhin zu den Ländern mit dem höchsten Risiko, im Straßenverkehr tödlich zu verunglücken.

Als eine Hauptursache nannte Woidke erneut zu schnelles Fahren, was in Brandenburg in engem Zusammenhang zur anhaltend „traurigen Bilanz“ bei den Baumunfällen stehe. Deren Zahl stieg leicht auf 1983 (plus 20). Das ist zwar nur ein Bruchteil des Unfallgeschehens. Doch 40 Prozent aller Toten und zehn Prozent der Verletzten gehen auf Baumunfälle zurück. Dabei hatte Brandenburg im Jahr 2011 mit einem neuen, umstrittenen „Alleen-Erlass“ für besonders gefährliche Strecken Tempolimits auf 70 Stundenkilometer verhängt – was keine Wirkung zeigt. Noch nicht, wie beide Minister betonten. Dennoch seien die Alleen die „gefährlichsten Straßen“ im Land, sagte Vogelsänger. „Brandenburgs Alleen verzeihen keine Fehler“, warnte Woidke. Die CDU-Opposition sprach sich für die Aufhebung des unsinnigen das Tempo-70-Erlasses aus. Auch die FDP-Opposition forderte stattdessen den  Bau von Schutzplanken. Auf den Autobahnen, wo es die gibt, ist das Todesrisiko deutlich geringer. Obwohl der Verkehr dort weiter zunahm, stagnierte die Zahl der Unfälle bei etwa 5900. Dabei starben 27 Menschen (2011: 37). Andererseits stieg die Zahl der Verletzten auch dort, auf 1110 (2011: 954). Den höchsten Anstieg bei Geschwindigkeitsunfällen hat es demnach auf der A 10 (Berliner Ring) und der A 13 (Berlin-Dresden) gegeben. Nach der Autobahn 24 (Berlin–Hamburg) und der A 2 Richtung Hannover prüft  Vogelsänger nun für die A 13 weitere Tempolimits und Überholverbote.

Die Polizei wird nach Auskunft von Landespolizeipräsident Arne Feuring grundsätzlich die flächendeckenden Kontrollen fortsetzen. Voriges Jahr blitzte die Polizei 1,1 Millionen Raser. Das Land nahm 46 Millionen Euro Bußgelder ein, 22 900 Fahrer mussten ihre Führerscheine abgeben.

Allerdings ging - wie vorab berichtet - die Zahl der festgestellten Alkohol-Fahrten zurück, mit 4911 festgestellten Trunkenheitsfahrten. Es sei etwas weniger als gedacht, räumte Feuring ein. Er bestritt, dass weniger auf Alkohol am Steuer kontrolliert wird, verwies auf die Spezifik des dünnbesiedelten Landes. „Wenn man zu den einschlägigen Nachtzeiten in der Uckermark kontrolliert, hat man Mühe, ein Auto festzustellen.“ Die Zahl der Alkohol-Unfälle stieg 2012 leicht auf 1248, im Vorjahr waren es 1213. Alkoholkontrollen sind für die Polizei aufwendiger als Blitzen. Den Verdacht, dass die Polizei infolge der laufenden Polizeireform dafür nicht mehr die Kapazitäten habe, wies Woidke zurück. Die Verkehrspolizei sei durch die Reform besser aufgestellt. Der CDU-Abgeordnete Björn Lakemacher widersprach: „Die Präsenz der Polizei in der Fläche und die Kontrolldichte sind stark zurückgegangen.“ Es werde mehr unter Alkohol gefahren, aber das bleibe „weitestgehend im Dunkelfeld“. Statt einer „ehrlichen Erklärung“ werde „die misslungene Polizeireform totgeschwiegen."

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