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Symbolfoto Christopher Street Day.

© IMAGO/Political-Moments/imago

Update

Verletzte bei „Bad Freienwalde ist bunt“: Vermummte attackieren Besucher mit Schlagstöcken

Am Sonntagmittag hat eine Gruppe Vermummter die Versammlung „Bad Freienwalde ist bunt“ in Märkisch-Oderland attackiert. Mindestens zwei Personen wurden verletzt.

Stand:

Eine Gruppe teilweise vermummter Personen hat am Sonntagnachmittag Gäste der Veranstaltung „Bad Freienwalde ist bunt“ in der gleichnamigen Kleinstadt im brandenburgischen Märkisch-Oderland angegriffen. Kurz vor dem Start der Versammlung gegen „gegen Rechtsruck, gegen Hass und Hetze“ um 12 Uhr hatten mehrere Personen das Publikum attackiert und waren unerkannt geflohen.

Dabei sollen Schlagwerkzeuge oder Holzstöcke zum Einsatz gekommen sein, teilte das Polizeipräsidium Brandenburg am Sonntag mit. Mindestens zwei Personen erlitten leichte Verletzungen. Da ein politischer Hintergrund nicht ausgeschlossen werden kann, wird der für politisch motivierte Straftaten zuständige Staatsschutz die Ermittlungen übernehmen, sagte ein Polizeisprecher der dpa.

Auf dem Instagram-Account des Bündnisses „Bad Freienwalde ist bunt“ beschreiben die Veranstalter die Angreifer als zwölf vermummte, mit Teleskopschlagstöcken und Quarzhandschuhen bewaffnete, junge Männer. „Drei Menschen von uns wurden verletzt“, heißt es von der Gruppe. Laut eines RBB-Reporters vor Ort wurde Menschen ins Gesicht geschlagen, das zeigt auch ein Video des Senders.

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„Es ist relativ schwierig, die Situation zu ertragen“, sagte Jule Grienitz, Sprecherin des Bündnis „Bad Freienwalde ist bunt“ der dpa. Es seien Kinder vor Ort gewesen, die alles mitbekommen hätten. Das Publikum gehört zum Teil der queeren Community an und positioniert sich gegen Rechtsextremismus.

Tatverdächtige noch nicht gefasst

Die Polizei spricht von zehn bis 15 am Angriff beteiligten Personen, die noch vor Eintreffen der Beamten geflüchtet seien. Trotz sofortigen polizeilichen Fahndungsmaßnahmen konnten die Tatverdächtigen nicht festgestellt und identifiziert werden. Nun sucht das Polizeipräsidium Zeugen zum Geschehen, zu den Tätern und möglicherweise von ihnen genutzten Fahrzeugen.

Die Behörde hatte vor Beginn der Veranstaltung Kontakt mit den Veranstaltern. Einsatzkräfte seien zwar vor Ort gewesen, jedoch an der falschen Stelle – deshalb hätten diese den Angriff nicht verhindern und die Täter entkommen können, sagte ein Polizeisprecher der dpa. Ermittelt wird wegen gefährlicher Körperverletzung und des Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz.

Die Veranstaltung wurde trotz des Angriffs fortgesetzt und durch teils schwer bewaffnete Polizeibeamte geschützt.  „Was der Angriff der Nazis nicht geschafft hat, ist, uns hier die Veranstaltung zu verderben“, sagte Jule Grienitz. Es seien viele Leute da gewesen, die Stimmung sei gut gewesen. Auf dem Programm standen Reden, Livemusik, Ständen und Workshops. „Die Einschüchterungsmasche der Neonazis oder der organisierten Faschisten, zieht natürlich, aber uns als Bündnis schweißt sie eher enger zusammen.“

Was der Angriff der Nazis nicht geschafft hat, ist, uns hier die Veranstaltung zu verderben.

Jule Grienitz, Sprecherin des Bündnis „Bad Freienwalde ist bunt“

Laut RBB gab es bereits im Vorfeld Störaktionen. Rund 40 Ankündigungsplakate waren im Umkreis der Stadt abgerissen und gestohlen worden.

Innenminister Wilke verurteilt den Angriff

Brandenburgs Innenminister René Wilke (parteilos, früher Linke) verurteilte den Angriff auf der Demonstration: „Wer Menschen attackiert, die ein Familien- und Kinderfest organisieren oder daran teilnehmen, bewegt sich weit außerhalb dessen, was wir als Gesellschaft akzeptieren können und dürfen.“ Er nannte es einen Angriff auf „unser Zusammenleben als Gesellschaft“, wogegen sich die Gesellschaft „egal welcher politischen Auffassung“ zur Wehr setzen müsse. Am Nachmittag war er vor Ort.

Wer Menschen attackiert, die ein Familien- und Kinderfest organisieren oder daran teilnehmen, bewegt sich weit außerhalb dessen, was wir als Gesellschaft akzeptieren können und dürfen.

René Wilke (parteilos), Brandenburgs Innenminister

„Das ist keine zufällige Eskalation – das ist gezielte rechtsextreme Gewalt gegen alles, wofür unsere freiheitliche Gesellschaft steht“, sagt Dr. Andrea Lübcke, Landesvorsitzende der Brandenburger Bündnisgrünen. Sie verwies, dass vor der Attacke in Bad Freienwalde in der Nacht zu Sonntag die Regenbogenflagge am Rathaus von Dallgow-Döberitz in Brand gesetzt worden war. „Wir sagen seit Jahren: Aus Worten werden Taten. Heute sehen wir, wie bitter ernst das ist“, so Lübcke.

Landtagsabgeordneter Erik Stohn (SPD) zeigte sich „zutiefst entsetzt“ und fühlt sich an die Baseballschläger-Jahre der 1990er Jahre erinnert. „Wer mit Holzknüppeln oder auch nur Fäusten um sich schlägt und damit gezielt schwere Verletzungen oder sogar den Tod unliebsamer Menschen in Kauf nimmt, stellt sich außerhalb der Gesellschaft auf, um sie und ihre Ordnung zu bekämpfen“, so Stohn. Er beobachtet „des längeren eine Verrohung in den politischen Auseinandersetzungen, verbal, medial und immer öfter auch körperlich.“ 

René Springer, Landesvorsitzender der AfD-Brandenburg, forderte „eine lückenlose Aufklärung und die rasche Ermittlung der Täter“. Er sagte: „Gewalt ist niemals zu rechtfertigen – ganz gleich, aus welchem politischen Lager sie kommt.“ Brandenburg dürfe kein Ort sein, an dem Gewalt Teil der politischen Auseinandersetzung werde.

Das Bündnis „Bad Freienwalde ist bunt“ organisiert seit mehreren Jahren Kundgebungen, Demonstrationen und Feste für Vielfalt, Demokratie und Toleranz. Die vierstündige Aktion auf dem Marktplatz war die fünfte Sommerkundgebung des Bündnisses und richtete sich „gegen Rechtsruck, gegen Hass und Hetze“ und „für eine bunte und vielfältige Gesellschaft für Alle“. (mit dpa)

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