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Britta Ernst war bislang Ministerin für Bildung, Jugend und Sport des Landes Brandenburg.

© Ottmar Winter/PNN

Update

Ehefrau von Kanzler Scholz: Brandenburgs Bildungsministerin Britta Ernst tritt zurück

Die SPD-Politikerin hat ihren Rücktritt eingereicht. Ihre Pläne zum Umgang mit dem Lehrermangel wurden zur Machtprobe mit der Regierungsfraktion. Die Nachfolge steht bereits fest.

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Brandenburgs Bildungsministerin Britta Ernst (SPD) tritt von ihrem Amt zurück. Als Grund für gab die Politikerin und Ehefrau von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) mangelnden Rückhalt in der Potsdamer SPD-Landtagsfraktion an. Es sei „eine Selbstverständlichkeit, dass wir die anstehenden Herausforderungen nur mit maximaler Geschlossenheit bewältigen werden“, so Ernst in einer persönlichen Erklärung: „Diese Geschlossenheit ist nicht mehr gegeben.“

Sie trete zurück, damit „mit einer neuen Person an der Spitze des Ministeriums ein neuer Anlauf genommen werden kann“. Konkret geht es um den Umgang mit dem Lehrermangel. „Für mich ist ganz klar, dass wir den Unterricht in allen Regionen des Landes Brandenburgs sichern müssen“, sagte Ernst. Dafür habe sie Vorschläge unterbreitet. Diese hätten „leider nicht die Unterstützung der SPD-Landtagsfraktion gefunden“. Die Fraktion teilte mit, sie nehme den Rücktritt „mit Bedauern zur Kenntnis“.

Ernst hatte Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) am Montag ihren Rücktritt erklärt. Das teilte zunächst Vize-Regierungssprecherin Eva Jobs ohne Angaben von Gründen mit. Nachfolger wird Staatssekretär Steffen Freiberg. Die gebürtige Hamburgerin Ernst war seit 2017 in Brandenburg Landesministerin für Bildung, Jugend und Sport.

Ernst sei nicht bereit gewesen, ihre Pläne zu ändern

In den vergangenen Wochen war die Ministerin wegen ihrer Pläne, mit dem drastischen Lehrermangel in Brandenburg umzugehen, zusehend unter Druck geraten. Sie soll intern bereits einmal mit Rücktritt gedroht haben, weil die Fraktion unter Führung von Daniel Keller ihren Kurs auch offen kritisiert hatte. Aus Kreisen der Regierungskoalition heißt es, Ernst sei trotz der Kritik nicht bereit gewesen, ihre umstrittenen Pläne zu verändern.

Am Montagmittag kam die Brandenburger SPD mit Fraktion und Partei zu einer Krisen-Telefonschaltkonferenz zusammen. Diese dauerte nach Tagesspiegel-Informationen allerdings nur zehn Minuten. Woidke soll darin über Ernsts Schritt und die Nachfolge an der Spitze des Ministeriums informiert haben - zu den Gründen des Rücktritts allerdings soll der Partei- und Regierungschef nichts gesagt haben. Es habe auch keine Nachfragen dazu gegeben.

Die Pläne von Ernst hatten an Schulen und unter Eltern landesweit für Aufruhr gesorgt: Ernst wollte in ganz Brandenburg 200 Lehrkräfte-Planstellen für Verwaltungsfachkräfte und Schulsozialarbeiter umwidmen. Um dies zu ermöglichen, sollten alle Schulen beim Personal kürzen. Dies hätte vor allem Förder- und Ganztagsangebote sowie Inklusion betroffen. Der Widerstand von Schulen und Eltern, aber auch innerhalb der rot-schwarz-grünen Brandenburger Regierungskoalition, war groß.

Ernst und SPD-Fraktion gerieten offen aneinander

Spätestens seitdem die Fraktion und Ernst Ende März auf offener Bühne im Landtag aneinandergeraten waren, war die Auseinandersetzung zur Machtprobe geworden. Schon da hatte die SPD-Bildungsexpertin Katja Poschmann im Namen der Fraktion nicht ausgeschlossen, dass die Genossen Ernsts Stellenstreichungen kippen werden. Das konnte man auch als Drohung verstehen.

Für die SPD ist Vakanz in diesem Schlüsselressort nur ein Jahr vor der Landtagswahl gefährlich, denn der neue CDU-Chef Jan Redmann hat bereits angekündigt, die Bildungspolitik zum Hauptangriffspunkt im Wahlkampf zu machen. Dazu passt seine Erklärung vom Montag, in der er sagte: „Um den Scherbenhaufen verfehlter Politik der letzten 30 Jahre aufzuräumen, bedarf es einer breiten und verlässlichen Unterstützung.“ Die war offenkundig nicht mehr gegeben. Ernsts Rücktritt verdiene Respekt, so Redmann. Jetzt müssten in der Bildung „mit aller Kraft die Weichen in Richtung Zukunft gestellt werden“.

Nach einer Umfrage ist die rechtspopulistische AfD derzeit stärkste Kraft in Brandenburg. Die Partei meldete sich prompt mit einer triumphierenden Erklärung zu Wort:“ Die SPD-Fraktion nörgelte offensichtlich so lange an der Amtsführung der Kanzlergattin herum, dass diese nun das nahezu gesunkene Schiff verlässt. Noch eine Pleite für SPD-Regierungschef Woidke, noch ein bitterer Schlag für die in der Wählergunst abstürzende SPD“, erklärte AfD-Landeschefin Birgit Bessin.

Freie Wähler nennen Rücktritt „überfällig“

Brandenburgs SPD-Regierungschef Woidke würdigte in einer Mitteilung die Arbeit von Ernst. „Sie hat das Amt in schweren Zeiten - ich denke hier nur an die Corona-Pandemie - mit Weitblick und ruhiger Hand ausgeführt“, teilte Woidke mit. „Ich bin mir sicher, dass ihre Amtszeit in der Rückschau mit wichtigen Meilensteinen wie der kontinuierlichen Verbesserung des Kita-Personalschlüssels und des Einstiegs in die Beitragsfreiheit verbunden werden wird.“

Dietmar Woidke (SPD), Ministerpräsident von Brandenburg
Dietmar Woidke (SPD), Ministerpräsident von Brandenburg

© dpa/Soeren Stache

Auch Brandenburgs Grüne zollten Ernst Respekt für ihre Entscheidung. Das Land stehe „in der Bildungspolitik vor großen Herausforderungen, wie dem Lehr- und Fachkräftemangel und der Umsetzung der Kitarechtsreform“, so die bildungspolitische Sprecherin Petra Budke.

Die verfehlte Bildungspolitik sei Grund für den Rücktritt von Ernst, erklärten die oppositionellen Linken im Brandenburger Landtag. Die Kitarechtsreform stehe vor dem Scheitern, Stellenkürzungen seien angekündigt worden, dem Fachkräftemangel sei nicht konsequent begegnet worden, „der Scherbenhaufen wurde immer größer“. Strategien in Ernsts Politik seien längst nicht mehr erkennbar gewesen.

Linke-Opposition fordert Kabinettsumbau

Oppositionsführer und Linke-Fraktionschef Sebastian Walter forderte Woidke zu einer Kabinettsumbildung auf. Ein Neustart in der Regierungsarbeit sei nötig. Das zeigten auch die aktuellen Umfrageergebnisse: Fast zwei Drittel, nämlich 62 Prozent, der Brandenburger sind danach mit der Arbeit der Keniakoalition unzufrieden. Woidke habe einen neuen Politikstil versprochen, er „wollte die Alltagsprobleme der Menschen lösen“. Davon sei „diese Regierung weiter entfernt als je zuvor“.

Auch Brandenburgs Freie Wähler begrüßten den Rücktritt von Ernst. Er sei „seit geraumer Zeit überfällig“ gewesen, so Fraktionschef Péter Vida. Ernst sei „eine Belastung für die Bildungslandschaft Brandenburgs“ gewesen, ihr Rücktritt sei „ein spätes Eingeständnis des eigenen Versagens“. Besonders in der Corona-Zeit hätten sich die „völlig unzureichende Verwaltungsstruktur und der sträflich vernachlässigte Digitalisierungsfortschritt“ gezeigt.

Der Rücktritt der Bildungsministerin zeige, so Vida weiter, dass „die Kenia-Koalition stehend K.O. ist“. Innenminister Michael Stübgen und Justizministerin Susanne Hoffmann (beide CDU) sollten „dem heutigen Beispiel folgen“. Stübgen steht wegen seiner Flüchtlingspolitik in der Kritik, Hoffmann wegen des Umgangs mit Richtern bei der Arbeitsgerichtsreform.

Der Nachfolger von Britta Ernst kommt aus Rostock. Steffen Freiberg habe sich „im Bildungsministerium schnell etabliert“, so Ministerpräsident Woidke. Freiberg war zuvor Bildungsstaatssekretär in Mecklenburg-Vorpommern, einer seiner Arbeitsschwerpunkte sei die Bildung im digitalen Zeitalter, so Woidke. „Auch deshalb bin ich mir sicher, dass er der Richtige für die anstehenden Aufgaben ist und freue mich auf die Zusammenarbeit.“

Freiberg ist laut Staatskanzlei seit 2017 Vorsitzender der Kommission „Bildung in der digitalen Welt“ der Kultusministerkonferenz und der Steuerungsgruppe zum Digitalpakt zwischen Bund und Ländern. Vor der Berufung zum Staatssekretär hatte er verschiedene Leitungspositionen in der Verwaltung inne.

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