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Polizisten sind am Tatort in Potsdam im Einsatz.

© dpa/Christian Pörschmann

Update

Attacke in Potsdamer Flüchtlingsunterkunft: Trans Person soll syrischen Wachmann getötet haben – Festnahme in Berlin

In den frühen Morgenstunden stirbt ein Sicherheitsmitarbeiter einer Flüchtlingsunterkunft. Nach stundenlanger Fahndung gibt es eine Festnahme am Bahnhof Zoo. Das Motiv liegt im Dunkeln.

Stand:

Nachdem ein Wachmann einer Potsdamer Geflüchtetenunterkunft am Donnerstagmorgen infolge einer gewaltsamen Auseinandersetzung gestorben ist, hat die Polizei am Nachmittag in Berlin eine tatverdächtige Person festgenommen. Der Zugriff erfolgte laut einer Mitteilung der Behörden im Umfeld des Bahnhofs Zoologischer Garten. „Wir haben den Haftbefehl wegen Totschlags beantragt. Morgen wird die Person dem Ermittlungsrichter vorgeführt“, berichtete der Leitende Potsdamer Oberstaatsanwalt Wilfried Lehmann.

Nach Informationen dieser Zeitung wohnt die festgenommene Person in der Potsdamer Unterkunft. Es handelt sich um eine trans Person in weiblicher Kleidung. Darüber hatte zuerst die „Bild“ berichtet. Die Behörden prüfen, ob es einen Zusammenhang zwischen der geschlechtlichen Identität und der Gewalttat gibt. Das Motiv ist derzeit noch völlig unklar.

Das ehemalige Schloßgarten Hotel, das inzwischen als Flüchtlingsunterkunft dient.

© dpa/Paul Zinken

Die tatverdächtige Person wurde am Abend noch durch die Mordkommission der Polizeidirektion West vernommen. Bis zum Abschluss der polizeilichen Maßnahmen könnten Einzelheiten zu den Tatumständen und den Personalien noch nicht mitgeteilt werden, hieß es von der Polizei offiziell. In der Mitteilung war von einem „möglichen Tatverdächtigen“ die Rede.

Seit den frühen Morgenstunden hatten die Polizei Berlin und die Polizei Brandenburg nach der Person gefahndet. Offenbar war der Name der Person den Behörden recht bald bekannt. Wie die „Bild“ berichtete, soll die Verdächtige nach dem Tötungsdelikt nach Berlin gekommen sein. Dort sei sie am Morgen bereits in Kontakt mit der Polizei gekommen, ohne dass die Beamten ahnten, was sie wenige Stunden zuvor getan haben soll.

Zivilbeamte der Bundespolizei sollen die Person schließlich am Alexanderplatz zufällig entdeckt haben, als sie in einen Zug stieg. Sie nahmen laut dem Bericht die Verfolgung auf, ehe der Zug am Bahnhof Zoo gestoppt wurde und die Festnahme erfolgte.

Syrischer Wachmann lebensgefährlich verletzt

Der 33-jährige Wachmann mit syrischer Staatsangehörigkeit war bei der Auseinandersetzung lebensgefährlich verletzt worden. Der Rettungsdienst brachte den Mann in ein Krankenhaus. Dort erlag er am Donnerstagmorgen seinen schweren Verletzungen. Die Rettungsleitstelle hatte die Polizei um 4.14 Uhr über den Vorfall informiert.

Laut „Bild“ soll auf den Wachmann mit einem Messer eingestochen worden sein. Auf Nachfrage hat die Staatsanwaltschaft das weder bestätigt noch dementiert.

Tatort ist ein ehemaliges Hotel in Potsdam-West

Beim Tatort handelt es sich um das Gelände einer Unterkunft für Asylsuchende in der Geschwister-Scholl-Straße in Potsdam-West. Die Landeshauptstadt hatte das einstige „Schlossgarten Hotel am Park von Sanssouci“ seit 2022 als Notunterkunft angemietet. Das helle, mit Grün berankte, etwas unscheinbare Haus liegt gegenüber des beliebten Park Sanssouci und ist gesäumt von mehreren Stadtvillen, die unter anderem eine Tagesklinik und Studierenden-WGs beherbergen.

Seit dem frühen Donnerstagmorgen lief der Polizeieinsatz.

© Katharina Henke/Katharina Henke

Aktuell seien 30 Menschen in 17 Zimmern untergebracht, überwiegend Familien, informierte die Pressestelle der Stadt Potsdam. Hotelfotos, die auf mehreren Buchungsportalen aktuell noch einsehbar sind, geben einen Einblick in die Unterbringungssituation: Sie zeigen Zimmer mit Doppelbett, zwei Sesseln und Tisch sowie den Frühstücksraum. Jedes Zimmer, darunter Einzel-, Doppelbett- und Dreibettzimmer, verfügt laut Hotelbeschreibung über ein eigenes Bad mit Dusche und WC.

Ende Februar hatte es in dem Gebäude gebrannt. Die Unterkunft musste geräumt werden. Damals wurde niemand verletzt.

Verdachts auf Tötungsdelikt: Mordkommission ermittelt

Die Staatsanwaltschaft Potsdam hatte im Laufe des Tages wegen des Verdachts eines Tötungsdeliktes ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Die Mordkommission der Polizeidirektion West ermittelt. Eine Sprecherin der Stadt sagte, Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) lasse sich laufend über den Fall informieren. 

Am Nachmittag bekundete Schubert sein Beileid: „Heute ist ein trauriger Tag für unsere Stadt. Ein Mensch, der im Auftrag unserer Stadt Schutzsuchende beschützt hat, ist Opfer eines Gewaltverbrechens geworden. Die Nachricht von seinem Tod hat mich tief getroffen. Unsere Gedanken sind bei der Familie und den Freunden des Verstorbenen.“ Die Landeshauptstadt hat nicht nur das ehemalige Hotel angemietet und ist Betreiber der Unterkunft, sondern hatte zudem „ein Unternehmen mit dem Schutz der Bewohnerinnen und Bewohner beauftragt“, hieß es weiter von der Pressestelle der Stadt.

Vor Ort sei eine Notfall-Seelsorge eingerichtet, die sich um die Bewohnerinnen und Bewohner der Unterkunft sowie die Kollegen des Verstorbenen kümmere.

Geschwister-Scholl-Straße zeitweise großräumig abgesperrt

Die Polizei startete nach der Gewalttat am Donnerstagmorgen eine groß angelegte Suche rund um die Geschwister-Scholl-Straße, ganz in der Nähe von Park Sanssouci in Potsdam-West. Die Gegend wurde abgesperrt, Straßen, aber auch Spazierwege waren davon betroffen.

Ein Aufgebot der Polizei ist im benachbarten Park Sanssouci im Einsatz.

© dpa/Christian Pörschmann

Viele Polizeikräfte suchten am Tatort und in der Umgebung nach Spuren. Sie waren unter anderem zu sehen, als sie einen Garten durchkämmten und hinter Bäume und Büsche im Park schauten. Es war zudem ein Spürhund im Einsatz. Beamte mit weißen Schutzanzügen sicherten hinter rot-weißen Absperrbändern die Spuren.

Wegen der umfangreichen Spurensicherung kam es zu Einschränkungen im Nahverkehr. Wie der Verkehrsbetrieb in Potsdam (ViP) auf X mitteilte, fuhr die Buslinie 605 daher in beiden Richtungen über Zeppelinstraße/Forststraße. Das Campus Festival 2024 der Universität Potsdam auf der Wiese vor der Kolonnade am Campus Neues Palais sollte am Donnerstagnachmittag trotz des Polizeieinsatzes nach Angaben der Universität ohne Einschränkungen stattfinden.

Noch bevor weitere Details bekannt waren, forderte der Kreisvorsitzende der AfD Potsdam, Dennis Hohloch, eine Sondersitzung des Ausschusses Ordnung und Sicherheit der Potsdamer Stadtverwaltung, auf die Errichtung weiterer Flüchtlingsunterkünfte in Potsdam zu verzichten und einen Baustopp aller geplanten Einrichtungen. (mit dpa)

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