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Im Osten findet man eher eine abgeschlossene Gesellschaft vor, meint Tagesspiegel-Journalist Robert Ide. Und nimmt die Verleihung der "Goldenen Henne" als Beispiel dafür.

© dpa

„Die dritte Generation Ostdeutschland“ in Potsdam: Der Osten, eine abgeschlossene Gesellschaft

Welche deutsch-deutschen Befindlichkeiten gibt es auch nach 25 Jahren Wiedervereinigung noch? Darüber diskutierten Teilnehmer der Veranstaltung "Die dritte Generation Ostdeutschland" in Potsdam.

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Potsdam - Ein Vierteljahrhundert nach Mauerfall und Deutscher Einheit gibt es noch immer unterschiedliche Befindlichkeiten in Ost und West. Das ist das Fazit einer Podiumsdiskussion, zu der die FDP-nahe „Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit“ am Dienstagabend ins Potsdam-Museum eingeladen hatte.

Eine eher abgeschlossene Gesellschaft finde man im Osten vor, meinte etwa Robert Ide vom Berliner Tagesspiegel. Der Journalist, der seine Kindheit in der DDR verbrachte, nannte als Beispiel den Medienpreis „Goldene Henne“, mit dem besonders häufig Künstler, Sportler und Politiker aus dem Osten ausgezeichnet werden. Die Gala zur Preisverleihung, die erst kürzlich wieder stattfand, bezeichnete Ide als „Nostalgieveranstaltung“.

Ist der Osten fremdenfeindlicher?

In Zeiten von Pegida und den Ausschreitungen im sächsischen Heidenau ein brisantes Thema: die Ausländerfeindlichkeit. Ist sie im Osten Deutschlands verbreiteter als im Westen? Ja, meinte Carsten Schneider, stellvertretender Fraktionschef der SPD-Bundestagsfraktion und ebenfalls aus der DDR stammend. „Evident stärker“ sei im Osten die feindliche Einstellung gegenüber Ausländern.

Journalist Ide steuerte in der Diskussion seine persönlichen Erfahrungen aus Sachsen bei: Wer bislang kaum Ausländer gesehen habe, wolle sie auch weiterhin möglichst nicht in seiner Nachbarschaft haben, fasste er die Erfahrungen aus seinen gelegentlichen Besuchen in Sachsen zusammen. „Ich habe da schon schlimme Sprüche gehört“, erinnerte sich Ide.

Demokratische Streitkultur war in der DDR nicht eingeübt

Linda Teuteberg, Kreisvorsitzende der Potsdamer FDP und Mitglied des Bundesvorstands ihrer Partei, sagte auf dem von rbb-Moderator Ingo Hoppe moderierten Abend, im Osten habe man die demokratische Streitkultur noch nicht so eingeübt wie im westlichen Teil Deutschlands. Dies könne daran liegen, dass die Einordnung in ein Kollektiv – und damit die Vermeidung von Meinungsstreit – Ziel der Erziehung in der DDR war.

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Beim eigentlichen Thema des Abends „Die dritte Generation Ostdeutschland“ – gemeint sind die zwischen 1975 und 1985 in der DDR Geborenen – hatte das Podium weniger handfeste Erkenntnisse zu bieten. Während Ide, Autor des Buches „Geteilte Träume. Meine Eltern, die Wende und ich“, eine Entfremdung zu seiner Elterngeneration beobachtet hat, bezweifelte Schneider, dass es ein solches Phänomen gibt. Jedenfalls sei dies nicht seine persönliche Erfahrung, so Schneider. Seine eigenen Eltern hätten kurze Zeit nach der Friedlichen Revolution Erfurt gen Westen verlassen und dort noch einmal beruflich neu durchgestartet – und seien damit schließlich ebenso wie er im Westen angekommen.

Das Leben bunter gemacht

Ide verwies in der Diskussion hingegen auf die massive Arbeitslosigkeit seiner Elterngeneration. Diese Erfahrung der totalen Umwälzung und des damit verbundenen beruflichen Einbruchs habe die sogenannte dritte Generation Ost nicht in dieser Weise machen müssen. Als die Mauer offen war, „da bin ich einfach weitergelaufen“, erinnerte sich Ide, der damals noch Schüler war.

Doch eine gewisse Unsicherheit im Umgang mit der eigenen Herkunft schlich sich offenbar auch bei Ide zunächst ein: „Man hat sich selber so ein bisschen versteckt“, sagte der Journalist. Den Ossi hielt er also ein wenig unter der Decke. Heute könne er sagen: „Wir haben da was erlebt, was viele nicht erlebt haben.“ Ähnlich äußerte sich Schneider: „Das hat mein Leben bunter gemacht.“

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