zum Hauptinhalt
Fans des FC St. Pauli mit Regenbogen-Fahnen und Konfetti  beim Spiel gegen den VfL Wolfsburg.

© IMAGO/Philipp Szyza

Die queeren Sportmomente des Jahres: Coming-out, Proteste und Regenbogenfarben

Das Jahr 2024 war gespickt von queeren sportlichen Höhepunkten, auch bei Olympia und der EM. Zugleich waren viele trans Sportlerinnen Anfeindungen ausgesetzt. Ein Rückblick.

Stand:

Regenbogenfarben in den Stadien, ein Coming-out im Motorsport und zwei Abschiede, die schwer wiegen sportlich gesehen war im Jahr 2024 wieder viel los. Wir blicken zurück auf einige bedeutende Momente.

Januar
Das Jahr begann mit einer Klage. Die US-amerikanische Schwimmerin Lia Thomas zog vor den Internationalen Sportgerichtshof Cas und forderte, das Verbot für trans Personen im Schwimmen für ungültig zu erklären. Dieses hatte der Weltschwimmverband verhängt, nachdem es Proteste gegen trans Frauen in Frauenteams gegeben hatte. Thomas, die selbst immer wieder transfeindlichen Kommentaren ausgesetzt war, berief sich in ihrer Klage auf die olympische Charta und die Menschenrechtskonvention – scheiterte damit allerdings.

Februar
Im Februar setzte der Deutsche Fußball-Bund ein „deutliches Signal gegen die Diskriminierung von geschlechtlicher Vielfalt“. So bezeichnete Julia Monro vom Verband Queere Vielfalt die Geldstrafe, die der DFB gegen Bayer Leverkusen verhängte. Fans des Bundesligisten hatten zuvor ein Banner mit der Aufschrift „Es gibt nur zwei Geschlechter“ hochgehalten, welches der DFB als queerfeindlich einstufte. Auch gegen Anhänger von Dynamo Dresden und Energie Cottbus leitete der Verband Ermittlungsverfahren ein.

März
Im März beendete eine Ikone des Fußballs ihre Nationalkarriere: Svenja Huth. Die 33-Jährige hatte gemeinsam mit dem Nationalteam 2013 die EM gewonnen und sich 2016 olympisches Gold gesichert. Immer wieder hatte sie ihre Plattform genutzt, um auf Missstände aufmerksam zu machen, wie Homofeindlichkeit im Männerfußball und die Diskriminierung von lesbischen Mütterpaaren, die im Abstammungsrecht immer noch nicht mit heterosexuellen Elternpaaren gleichgestellt sind. Sie selbst und ihre Frau Laura Huth waren im September 2023 Eltern geworden.

Svenja Huth beim VfL Wolfsburg.

© REUTERS/Cathrin Mueller

April
In der Sportwelt regte sich im vergangenen Jahr zunehmend Protest gegen die Austragung von Turnieren in Ländern wie Saudi-Arabien, die wegen Menschenrechtsverletzungen in der Kritik stehen. So auch im April von den beiden Tennisspielerinnen Nadia Podoroska und Guillermina Naya, die in einer Beziehung sind. „Ich würde es nicht unterstützen, wenn die WTA-Finals in Saudi-Arabien ausgetragen würden“, sagte Podoroska. „Für mich persönlich gibt es Grenzen.“ Zuvor hatten die Tennisverbände und Saudi-Arabien eine mehrjährige Partnerschaft angekündigt.

Mai
Die Erwartungen an diesen Monat waren groß, denn der ehemalige Fußballer Marcus Urban hatte für den 17. Mai ein Gruppen-Coming-out angekündigt. Im Rahmen der Kampagne „Sports Free“ sollten Profis gemeinsam ihr Queersein öffentlich machen, doch das misslang. Urban führte das auf Ängste der Spieler zurück, doch auch seine Kampagne könnte zur Verunsicherung beigetragen haben. So zumindest lautet die Kritik von queeren Vereinen und Verbänden. „Der Fokus liegt nur auf dem einen schwulen Fußballstar. Mehrere Athleten haben erzählt, dass sie das als abschreckend empfinden“, sagte Christian Rudolph, ehemaliger Leiter der DFB-Anlaufstelle für Vielfalt.

Juni
Bunt ging es im Juni zu, während der Fußball-Europameisterschaft. So wurde in Berlin ein Pride House geschaffen, wo die Spiele für queere Fans übertragen wurden. Man sehe sich nicht als Ersatz für die Fanmeile oder das Stadion, sondern als „notwendige Ergänzung“, sagte Projektleiterin Alice Drouin. Gerade im Fußball seien etwa trans Personen häufig Diskriminierung ausgesetzt und auf sicherer Orte wie das Pride House angewiesen. Auch prominente Persönlichkeiten wie der Profihandballer Lucas Krzikalla ließen es sich nicht nehmen, vorbeizuschauen. Er sprach in einer Podiumsdiskussion über sein Coming-out und Hürden für schwule Sportler.

Das Pride House Berlin am Hauptbahnhof.

© Nadine Lange

Juli
Apropos Coming-out: Im Juli machte der ehemalige Rennfahrer Ralf Schumacher öffentlich, mit einem Mann zusammen zu sein. Auf Instagram postete er ein gemeinsames Foto und erhielt dafür tausende positive Reaktionen und Kommentare. In der Männerdomäne Motorsport wird Queersein ähnlich wie im Fußball immer noch tabuisiert, daher könnte Schumacher insbesondere jüngeren Männern ein Vorbild sein.

August
Bei den Olympischen Spielen in Paris traten zahlreiche queere Athlet*innen an, darunter der britische Wasserspringer Tom Daley. Er begeisterte das Publikum einmal mehr mit seinem Handtuch in den Regenbogenfarben und seinen Strickkünsten und holte überdies die Silbermedaille. Bereits vor den Spielen hatte er angekündigt, ein letztes Mal für seinen Mann und Sohn an Olympia teilnehmen zu wollen, nach Paris beendete er offiziell seine Karriere.

Tom Daley beim Training in Paris mit seinem Handtuch in den Regenbogenfarben.

© Reuters/Stefan Wermuth

September
Im Anschluss an die Olympischen Spiele fanden die Paralympischen Spiele statt, bei denen mit Valentina Petrillo die erste offene trans Athletin an den Start ging. Die 51-jährige Italienerin schaffte es bis ins Halbfinale über die 400 Meter und erzählte im Interview mit dem Tagesspiegel, dass sie anderen trans Kindern und Jugendlichen gerne eine Inspiration und ein Vorbild sein wolle. „Ich hätte als Kind auch gerne eine Valentina gehabt, die im Fernsehen zu sehen war.“

Oktober
Regenbogenfarben und goldenes Konfetti waren beim Spiel des FC St. Pauli gegen den VfL Wolfsburg am 26. Oktober überall zu sehen. Im Stadion wollten die Heimfans ein Zeichen für Vielfalt und Toleranz setzen, nachdem Wolfsburgs Stürmer Kevin Behrens sich homofeindlich geäußert und geweigert haben soll, ein Trikot mit den Regenbogenfarben zu unterschreiben. Dass ausgerechnet der VfL Wolfsburg keine Konsequenzen aus dem Vorfall zog, enttäuschte viele Fußball-Fans und sorgte dafür, dass diese selbst tätig wurden – wie am Millerntor.

November
Schwere Auswirkungen auf den Sport dürfte auch die US-Präsidentschaftswahl am 5. November haben. Der wiedergewählte Donald Trump war bereits in seiner letzten Amtszeit durch rassistische Aussagen gegenüber Football-Playern aufgefallen und hat in den vergangenen Monaten immer wieder gegen trans Personen gehetzt und angekündigt, diese künftig im Sport zu verbieten. Daher steht zu befürchten, dass Werte wie Vielfalt und Toleranz, die von Vereinen und Verbänden immer wieder hervorgehoben werden, während seiner Amtszeit ernsthaft unter Beschuss geraten.

Dezember
Das Jahr endet mit einem Klassiker: der Darts-WM. Dort trat in diesem Jahr die niederländische Spielerin Noa-Lynn van Leuven an. Bereits im Vorfeld war sie zahlreichen transfeindlichen Kommentaren ausgesetzt, einige Gegnerinnen weigerten sich sogar, gegen sie anzutreten. Doch davon ließ van Leuven sich nicht unterkriegen und sorgte bei ihrem Debüt im Ally Pally für Jubel und Begeisterung, musste sich allerdings früh geschlagen geben.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
false
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })