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„Frauensport ist keine Charity-Veranstaltung“: FC Viktoria Berlin geht mit globalem Investor neuen Weg im Frauenfußball
Besucht Natalie Portman bald Fußballspiele in Berlin? Ein US-Investor beim Zweitligisten Viktoria lässt das denkbar erscheinen. Die Hintergründe.
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Es ist ein Novum im deutschen Fußball der Frauen: Zum ersten Mal steigt ein globaler, auf Frauensport spezialisierter Investor bei einem Verein ein. Der Berliner Zweitligist FC Viktoria Berlin geht eine Partnerschaft mit der von Frauen geführten Investitionsplattform Monarch Collective ein.
„Bisher hatten wir den Ansatz, viele kleine Investorinnen zu haben“, sagt Katharina Kurz, eine der Gründerinnen. Der Verein wurde 2022 aus dem FC Viktoria 1889 Berlin als reiner Frauenfußballklub ausgegliedert. „Das war für den Anfang die richtige Entscheidung, um ein Netzwerk aufzubauen und dieses exklusiv zu halten. Aber wir merken, dass wir an unsere Grenzen stoßen. Wir brauchen einen größeren strategischen Investor, um nicht mehr von einer Finanzierungsrunde in die nächste zu hecheln.“
Monarch Collective wurde 2023 unter anderem von Kara Nortman gegründet, die auch Mitgründerin von Angel City FC ist. Der Klub gilt als Projekt weiblicher Hollywood-Stars – zu den Investorinnen zählen unter anderem Natalie Portman, Eva Longoria und Tennis-Legende Serena Williams.
Schon in seiner ersten Saison erzielte Angel City FC den höchsten Zuschauerschnitt der National Women’s Soccer League. Der Erfolg dürfte sowohl auf die prominente Gründerinnenriege als auch auf die geschickten Vermarktungsstrategien zurückzuführen sein. Auf Instagram zählt der Verein über 320.000 Follower, und auch die ehemalige deutsche Nationalspielerin Almuth Schult stand dort zeitweise unter Vertrag.
Für Viktoria galt das Erfolgsbeispiel Angel City von vornherein als Vorbild. Dass die Investitionsplattform Monarch Collective, die auch an Angel City beteiligt ist, nun in Berlin einsteigt, bezeichnet Katharina Kurz als „echten Ritterschlag“. Viele globale Investoren hätten sich aufgrund der „50+1-Regelung“ von Deutschland ferngehalten und sich eher auf England, Frankreich und Spanien konzentriert, so Kurz. „Wir könnten Vorreiter im Frauenfußball werden. Denn internationale Einflüsse tun dem Frauenfußball gut und es bleibt unser Ziel, dass wir den Männern nicht nacheifern, sondern unsere eigenen Wege gehen.“
Konkret bedeutet das, dass Monarch sukzessive bis zu 38 Prozent der Holding-Gesellschaft halten soll. Dadurch verfügt Viktoria über die finanziellen Mittel, um die kommenden zwei Spielzeiten bestreiten zu können. Der Verein kann den Spielerinnen Gehälter zahlen, damit diese von ihrem Sport gut leben können, und die Strukturen weiter professionalisieren, etwa mit Blick auf die Geschäftsstelle. „Das soll uns auch den Weg in die Bundesliga ebnen“, sagt Kurz. Denkbar ist auch, dass der Verein noch einmal nachverpflichtet, um den Sprung nach ganz oben zu schaffen.

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Denn der Start in die Zweite Liga war für Viktoria nicht ganz leicht: Zunächst standen für den Aufsteiger fünf Unentschieden und eine Niederlage sowie ein Sieg zu Buche. Erst im Spiel gegen Bochum platzte der Knoten, da gewannen die Berlinerinnen mit 2:1, am vergangenen Wochenende gelang ihnen mit dem 7:0 gegen Bayern München II dann eine wahre Machtdemonstration.
„Aktuell gibt es eine Tendenz dahingehend, dass die Frauentabelle sich der Männertabelle angleicht“, sagt Kurz. „Die traditionellen Frauenvereine geraten zunehmend unter Druck und Vereine wie Borussia Dortmund greifen an. Ich hoffe, dass wir einen Pflock einsetzen und zeigen: Es geht auch anders.“
Bislang schlechte Chancen für reine Frauenteams
Tatsächlich ist es in den meisten Vereinen so, dass die erfolgreichen Männerteams die Frauenteams derzeit mitfinanzieren. So auch beim 1. FC Union, wo der Zuschauerschnitt bei den Frauen zwar vergleichsweise hoch ist, die Spiele allerdings immer noch nicht genug Gelder in die Kassen spülen, damit das Team sich selbst finanzieren kann. Reine Frauenvereine wie Turbine Potsdam haben wirtschaftlich gesehen kaum noch Chancen mitzuhalten, der einstige Rekordmeister steht in der Zweiten Liga derzeit auf Platz zwölf.
„Aktuell gibt es kein Frauenteam, das ohne erfolgreiches Männerteam ganz oben mitspielen kann“, sagt auch Kurz. „Es mangelt an finanzieller Unterstützung.“ Sie hofft auf ein „Aufwachen“ in den ersten Ligen der Frauen – rechnet aber auch mit Kritik am neuen Investor. Denn bereits in den vergangenen Jahren mussten sie und ihre Kolleginnen sich Vergleiche mit RB Leipzig anhören.
Der Mangel an Sportstätten in Berlin ist ein riesiges Problem.
Katharina Kurz
„Kritik kommt meist von Männern und ist nicht vermeidbar. Aber ganz ohne Geld geht es dauerhaft nicht – am Ende ist der Frauensport keine Charity-Veranstaltung. Spielerinnen sollen den Fußball als Karrierechance begreifen und davon leben können. Es soll für junge Mädchen ein Ansporn sein. Und das geht nur mit Investitionen.“
Doch nicht nur finanziell möchte man von der Partnerschaft profitieren, sondern auch mit Blick auf die Erweiterung der Fans und das Stadionerlebnis. Die „Spieltags-Experience“ in Los Angeles bezeichnet Kurz als „besonders spannend“. Sport habe dort einen ganz anderen Stellenwert. „Die ganze Familie geht dorthin, das ist ein echtes Wochenenderlebnis. In Deutschland ist der Fußball immer noch sehr männlich geprägt.“
Damit der Spieltag in Berlin noch mehr Fans anzieht, braucht Viktoria ein neues Stadion – spätestens, wenn der Verein tatsächlich in die Bundesliga aufsteigt. Denn das Stadion Lichterfelde, das eine Kapazität von 4300 Zuschauern hat, erfüllt nicht die Auflagen für die Erste Liga. Eine Sondergenehmigung durch den DFB wäre keine Dauerlösung. „Der Mangel an Sportstätten in Berlin ist ein riesiges Problem“, sagt Kurz.
Sie und ihre Kolleginnen hoffen langfristig auf das Stadion im Jahn-Sportpark in Prenzlauer Berg. Dieses wurde bereits abgerissen und soll im kommenden Jahr neu gebaut werden. „Das wäre für uns das perfekte Einzugsgebiet, um noch mehr Fans zu erreichen.“ Und dann könnte dort womöglich auch irgendwann Natalie Portman bei einem Freundschaftsspiel zwischen Viktoria und Angel City gastieren.
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