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Keine Champions League im Free-TV: Wenn öffentlich-rechtliche Sender ihrer Verantwortung nicht gerecht werden
ZDF und ARD haben die Rechte, die Champions League der Frauen zu zeigen – verzichten aber darauf. Trotz aller positiven Entwicklungen rund um den Sport fehlt erneut der Mut, in Vorleistung zu gehen. Ein fatales Signal.

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Rund einen Monat vor dem Start der Fußball-Weltmeisterschaft der Frauen 2023 war unklar, ob die Spiele im deutschen Free-TV laufen würden. ARD und ZDF kamen in Verhandlungen mit der Fifa lange nicht auf einen Nenner, letztlich sicherten sich die Sender in letzter Sekunde doch noch die Rechte. Ein herber Rückschlag für den Frauenfußball wurde gerade noch so abgewendet.
Wer nun gedacht hat, dass ein solch unrühmliches Hin und Her eine einmalige Sache gewesen wäre, sollte am vergangenen Montag eines Besseren belehrt werden. Kurz vor dem Start der Champions League der Frauen gab das ZDF bekannt, bis zum Halbfinale keine Spiele live zu zeigen – obwohl man neben der ARD die Rechte besitzt, pro Spieltag eine Partie zu übertragen. Eine Entscheidung, die für alle Beteiligten ein bitteres Signal darstellt.
Der Frauenfußball kämpft seit Jahrzehnten um Sichtbarkeit – und um Ernsthaftigkeit. Nach der jüngsten Europameisterschaft in der Schweiz, die mit den Zuschauerzahlen vor Ort und am Fernseher für Rekorde sorgte, schien es so, als ob der Frauenfußball endgültig den Durchbruch in der breiten Masse geschafft hätte.
Beim ZDF scheint diese Erkenntnis noch nicht angekommen zu sein und räumt nicht mal den beiden deutschen Teilnehmern FC Bayern und VfL Wolfsburg, die in der Gruppenphase auf zahlreiche internationale Topklubs treffen, Sendezeit ein. Mal wieder fehlt der Mut, in Vorleistung zu gehen.
Wenn man von gesellschaftlicher Relevanz, Geschlechtergerechtigkeit und öffentlichem Auftrag spricht, müssen auch Taten folgen.
Charlotte Bruch
Sicher, auch öffentlich-rechtliche Sender haben Kosten, Lizenzgebühren und Quotenbedarf. Aber wer nicht einmal Anstalten macht, das Erlebnis sichtbar zu machen, wird auch kaum Quoten erreichen. Dabei hat der Frauenfußball in der Vergangenheit oft genug bewiesen, dass das Interesse da ist, sofern das Angebot besteht. Da hilft auch nicht die fade Ausrede des Senders, nachrichtlich über die Champions-League-Gruppenphase der Frauen zu berichten.
Öffentlich-rechtliche Sender haben außerdem eine Verantwortung über die rein kommerzielle Allokation hinaus. Wenn man von gesellschaftlicher Relevanz, Geschlechtergerechtigkeit und öffentlichem Auftrag spricht, müssen auch Taten folgen. Ansonsten gerät man zum Mitverursacher dafür, dass das Wachstum des Frauenfußballs gehemmt wird. Sichtbarkeit ist kein Bonus – sie ist die Voraussetzung dafür, dass der Sport in seiner ganzen Vielfalt wahrgenommen wird. Ein Umdenken ist also zwingend angebracht.
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