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Bleibt er beim 1. FC Union? Robin Gosens (l.).

© imago/Matthias Koch/imago/Matthias Koch

Saisonvorschau Fußball-Bundesliga (1): Gymnastik in der Problemzone

Die Aufsteiger sind die Absteiger? Oder doch nicht? Wir blicken voraus, auf das, was sich in Kiel und St. Pauli tut und was von Bochum, Union, Gladbach und Mainz in der neuen Saison zu erwarten ist.

Stand:

Am 23. August beginnt die neue Saison in der Fußball-Bundesliga. Erstmals seit über einem Jahrzehnt bestreitet der FC Bayern diesmal nicht das Eröffnungsspiel, diese Ehre gebührt Meister Bayer Leverkusen.

In diesem Jahr könnte der Titelkampf womöglich etwas spannender werden und am letzten Spieltag nicht nur der Abstiegskampf im Fokus stehen.

Wir blicken in drei Teilen auf die 18 Erstligaklubs und arbeiten uns dabei von unten nach oben. Los geht es in Teil 1 mit den Aufsteigern und den Teams, die im Vorjahr nur knapp die Klasse halten konnten.


HOLSTEIN KIEL

Die Lage: Ist aufregend. Erstmals in seiner Vereinsgeschichte spielt die Kieler Sportvereinigung Holstein in der Bundesliga. Dabei mangelt es dem Klub nicht an Tradition, 1912 war der KSV sogar einmal Deutscher Meister. Mannschaft und Fans freuen sich auf Spiele gegen den FC Bayern oder Borussia Dortmund. Wobei das Holstein-Stadion mit einem Fassungsvermögen von nur 15.034 Plätzen eigentlich viel zu klein ist. Immerhin darf der KSV darin weiterhin spielen, einige Auflagen mussten dafür erfüllt werden.

Das Ziel: Der Klassenerhalt. Garant dafür soll Trainer Marcel Rapp sein, der das Team im Oktober 2021 übernahm und seither zunächst stabilisiert und danach sukzessive nach seinen Vorstellungen umgebaut hat. Wobei der 45 Jahre alte frühere deutsche U-21-Nationalspieler auch in der Bundesliga auf eine eingespielte Grundformation setzen kann.

Der Kader: Im Wesentlichen ist das Aufstiegsteam zusammengeblieben, einzig die Abgänge von Kapitän Philipp Sander (nach Mönchengladbach) und Außenverteidiger Tom Rothe (war von Dortmund ausgeliehen, jetzt beim 1. FC Union unter Vertrag) schmerzen. Große finanzielle Sprünge kann und will der Verein nicht machen, teuerster Neuzugang ist der schwedische Mittelfeldspieler Armin Gigovic, für den eher schlanke 1,8 Millionen Euro bezahlt wurden.

Tom Rothe feierte mit Kiel den Aufstieg und wechselte dann zum 1. FC Union.

© IMAGO/Henning Rohlfs

Der Star: Bekanntester Name im Kader ist sicherlich Lewis Holtby, der mit inzwischen 33 Jahren reichlich Erfahrung mitbringt, gute Standards schießen und auch für den einen oder anderen Geistesblitz sorgen soll.

Die Form: Die Vorbereitung lief nicht wirklich nach Wunsch, es gab zwischenzeitlich vier Spiele in Folge ohne eigenes Tor. Auch im Pokal in Aachen drohte lange das Aus, ehe doch noch ein 3:2-Sieg gelang. Der könnte ungemein wichtig gewesen sein für die Moral. Zumal es das Auftaktprogramm mit Spielen in Hoffenheim, gegen den VfL Wolfsburg und die Bayern gleich mal in sich hat.


FC ST. PAULI

Die Lage: Stimmt nachdenklich. Nach 13 Jahren ist der FC St. Pauli zurück in Liga eins und damit auch wieder die klare Nummer eins im Hamburger Fußball. Die Vorfreude könnte also kaum größer sein am Millerntor, wenn da nur nicht der Abgang des Erfolgstrainers gewesen wäre. Fabian Hürzeler verließ St. Pauli in Richtung England und ist dort nach dem 1. Spieltag mit Brighton & Hove Albion gleich mal Tabellenführer. Bei seinem alten Klub hat Alexander Blessin derweil das Ruder übernommen, der zuletzt mit Saint-Gilloise Pokalsieger wurde.

Das Ziel: Als Aufsteiger kann es nur um den Klassenerhalt gehen. Wobei St. Pauli unter Blessin auch noch ein neues System spielt und statt Ballbesitzfußball nun aggressiv gepresst wird. Das könnte für einen Aufsteiger ziemlich spektakulär werden, birgt aber auch Risiken.

Alexander Blessin (r.) denkt mit St. Pauli offensiv.

© dpa/Hendrik Schmidt

Der Kader: Neben Hürzeler hat sich auch Topscorer Marcel Hartel aus Hamburg verabschiedet. Und das mit 28 Jahren in die MLS zu St. Louis City. Für St. Pauli hatte er in der Vorsaison 17 Tore erzielt und 13 weitere vorbereitet. Immerhin ist die restliche Mannschaft weitgehend zusammengeblieben, teuerster Neuzugang ist Fin Stevens, der Rechtsverteidiger ist für 600.000 Euro vom FC Brentford gekommen.

Der Star: In Abwesenheit von Hartel könnte diese Rolle nun am ehesten Jackson Irvine ausfüllen. Der Australier führt St. Pauli an und überzeugte im Vorjahr mit für einen defensiven Mittelfeldspieler erstaunlichen Offensivwerten: Irvine erzielte sechs Tore selbst und gab dazu noch neun Vorlagen.

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Die Form: In der Vorbereitung gab es bemerkenswerte Ergebnisse, insbesondere das 3:0 gegen Europa-League-Sieger Atalanta Bergamo im letzten Test ließ aufhorchen. Im Pokal allerdings schrammte St. Pauli knapp an einer Blamage vorbei, und rettet sich in Halle gerade so in die Verlängerung, wo es dann noch zu einem knappen Sieg reichte.


VfL BOCHUM

Die Lage: Ist schon wieder brenzlig. Im Pokal gab es beim Zweitliga-Aufsteiger Jahn Regensburg direkt das Aus in Runde eins. Der neue Trainer Peter Zeidler nimmt damit gleich eine Hypothek mit in die Saison. Dabei schwebte Bochum doch nach der Wunderrettung in der Relegation den ganzen Sommer über auf Wolke sieben.

Maximilian Wittek ist mit Bochum im Pokal schon in Runde eins ausgeschieden.

© dpa/Stefan Bösl

Das Ziel: Eine ruhige Saison und der Klassenerhalt ohne Umwege und am liebsten schon vor dem letzten Spieltag. Das mit der Ruhe wird schon mal schwierig (siehe oben) und für den Klassenerhalt spricht im Moment eher die vermeintliche Schwäche der Konkurrenz als die eigene Stärke.

Der Kader: Ist runderneuert. Spielmacher Kevin Stöger kickt inzwischen in Gladbach, Patrick Osterhage für den SC Freiburg. Dazu verließ auch Angreifer Takuma Asano den VfL und mit Bernardo droht noch der Top-Abwehrspieler den Verein zu wechseln. Die Neuen dagegen sind nahezu unbekannt, in Bochum halten sie aber große Stücke auf Dani de Wit, Ibrahima Sissoko oder Samuel Bamba, dem die Konkurrenz in Dortmund zu groß geworden war.

Der Star: Ist die Mannschaft. Und deswegen gehört ihr der langjährige Stammkeeper Manuel Riemann auch nur noch auf dem Papier an. Der hatte sich in der Endphase der Vorsaison mit seinem Klub überworfen und wurde auch schon nicht mehr in der Relegation berücksichtigt. Ein Star, den man in Bochum gern sehen würde, ist Leon Goretzka. Fans haben eine Online-Petition gestartet, um den einstigen Helden zurück in die Heimat zu lotsen. Erfolgsaussichten? Ähnlich hoch wie der Klassenerhalt nach dem 0:3 im Hinspiel daheim gegen Düsseldorf in der Relegation.

Die Form: War durchwachsen. Es gab das berauschende 6:0 im letzten Test beim französischen Erstligisten AC Le Havre, aber eben auch ein 1:3 gegen den italienischen Zweitligisten La Spezia. Und dann folgte das Pokalaus. Umso wichtiger ist nun der Start in die Liga und wie die Lage nach den Spielen in Leipzig, gegen Gladbach und in Freiburg ist.


1. FC UNION BERLIN

Die Lage: Ist unübersichtlich. Nach dem Beinahe-Abstieg in der Champions-League-Saison hat mit Bo Svensson ein neuer Trainer sportlich das Sagen und mit Horst Heldt gibt es auch einen neuen Geschäftsführer Profifußball. Wohin beide das Schiff steuern, lässt sich derzeit noch nicht einschätzen.

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Das Ziel: Graues Mittelfeld. Union spielte in seiner Premieren-Erstligasaison gegen den Abstieg und danach dreimal um (und in) Europa. Es folgte im Vorjahr erneut der Kampf um den Klassenerhalt. Da wäre so eine Saison im Mittelfeld der Tabelle ohne Turbulenzen nach oben und unten doch mal was ganz Neues.

Der Kader: Wird immer breiter. Union hat schon neun neue Spieler geholt oder nach Leihen zurückbekommen, aber erst sechs Spieler abgegeben. Bis zum Ende des Transferfensters dürfte sich noch einiges bewegen, über Abgänge von Robin Gosens, Danilho Doekhi und Diogo Leite wird schon länger spekuliert. Dann wäre vielleicht auch noch etwas Geld übrig, um im Sturm noch einmal nachzulegen. Ein Torjäger, der zuverlässig für zehn Treffer gut ist, steht aktuell weiterhin nicht im Kader.

Bo Svensson musste in Greifswald ziemlich laut werden.

© dpa/Andreas Gora

Der Star: Robin Gosens ist im Vorjahr zu Union gewechselt, um seine Chancen auf eine EM-Teilnahme zu erhöhen. Der Plan ging nicht auf. Trotzdem bringt er alle Anführerqualitäten mit, die ein Team braucht. Das weiß auch sein Trainer. Und weil Bo Svensson nicht müde wird, Gosens zu loben, überlegt der, angeblich doch in Berlin zu bleiben.

Die Form: Bereitet Sorgen. Das Pokalspiel in Greifswald kam einem offensiven Offenbarungseid nahe, torgefährlich war Union bis zum 1:0 nämlich überhaupt nicht. Bei einem Regionalligisten, wohlgemerkt. In den Testspielen klappte das zwischenzeitlich schon besser. Trotzdem steht hinter dem wahren Potenzial dieser Mannschaft aktuell ein großes Fragezeichen.


BORUSSIA MÖNCHENGLADBACH

Die Lage: War lange nicht so gut. Nach Jahren ständiger Rückschritte will und kann Gladbach in dieser Saison wieder einen oder sogar mehrere Schritte nach vorne machen. Die Voraussetzungen dafür sind gegeben und stimmen vorsichtig optimistisch.

Das Ziel: Nachdem die Borussia in der Vorsaison sogar in den Abstiegskampf gerutscht war, soll in diesem Jahr die obere Tabellenhälfte anvisiert werden. Mit etwas Glück und angesichts der Tatsache, dass es wieder reichlich europäische Startplätze für die Bundesliga geben könnte, erscheint Platz acht für einen internationalen Wettbewerb durchaus machbar.

In Gladbach hoffen sie auf eine Steigerung in dieser Saison.

© dpa/Robert Michael

Der Kader: Wirkt homogener. Gladbach hat mit Tim Kleindienst einen neuen Mittelstürmer geholt, dazu mit Kevin Stöger einen Spieler, der Kleindienst auch mit Vorlagen füttern kann. Auf der Abgabeseite stehen mit Patrick Herrmann und Tony Jantschke zwei Vereinslegenden, die ihre Karriere beendet haben. Und zuletzt wurde unter Tränen auch noch der Vertrag mit Christoph Kramer aufgelöst. Alle drei spielten aber schon länger keine Rolle mehr in den Planungen von Trainer Gerardo Seoane.

Der Star: Rocco Reitz ist der Liebling der Fans in Gladbach und spätestens nach den Abgängen der altgedienten Herrmann, Jantschke und Kramer die Identifikationsfigur des Klubs. Reitz gehört inzwischen auch dem Mannschaftsrat an und will selbst mehr Verantwortung übernehmen.

Die Form: Gibt Anlass zur Hoffnung. Alle Testspiele wurden gewonnen und im Pokal konnte die knifflige Hürde Aue letztlich sicher übersprungen werden. Jetzt wollen die Gladbacher im Bundesliga-Auftaktspiel auch Meister Leverkusen ärgern und damit den Weg bereiten für eine erfolgreiche Saison.


1. FSV MAINZ 05

Die Lage: Grenzt an Euphorie. Und das hat in erster Linie Trainer Bo Henriksen zu verantworten. Der startete nach seinem Engagement im Februar eine unglaubliche Serie und rettete Mainz noch vor dem eigentlich sicheren Abstieg. Mit diesem Wind im Rücken blicken die Mainzer in der neuen Saison nur nach vorn.

Bo Henriksen steht ständig unter Strom.

© dpa/Swen Pförtner

Das Ziel: Platz 13 darf es durchaus wieder werden, idealerweise diesmal aber ohne den langen Anlauf aus der Abstiegszone nehmen zu müssen. Wenn sich die Motivationskünste von Henriksen nicht irgendwann erschöpfen, geht vielleicht auch noch etwas mehr.

Der Kader: Dürfte sich noch verändern. Nach dem Verkauf von Toptalent Brajan Gruda für mehr als 30 Millionen Euro ist die Mainzer Kasse gut gefüllt. In der Defensive hat die Mannschaft noch Bedarf, am liebsten würde man Sepp van den Berg noch einmal ausleihen oder fest vom FC Liverpool verpflichten. Daneben ist man in Mainz schon sehr gespannt auf das nächste Toptalent: Eigengewächs Paul Nebel ist nach seiner Leihe aus Karlsruhe zurückgekehrt und ein großer Hoffnungsträger.

Der Star: Nadiem Amiri kam im Winter aus Leverkusen und hat sich in Mainz direkt zum Schlüsselspieler entwickelt. Nun, mit kompletter Vorbereitung und dem Wissen, wie Trainer und Team funktionieren sollen, dürfte Amiri noch mehr Einfluss auf das Mainzer Spiel nehmen.

Die Form: Ist ausbaufähig. Im Pokal taten sich die Mainzer bei Wehen Wiesbaden schwer und konnten sich beim Drittligisten erst in der Verlängerung durchsetzen. Aber es hätte schlimmer kommen können und nun geht es am ersten Bundesliga-Wochenende direkt gegen den alten Trainer Bo Svensson und Union. Man kann sich in etwa vorstellen, wie Henriksen seine Spieler vorab motivieren wird.

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