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© Illustration: Stefanie Fleig für den Tagesspiegel

Ski-Nordisch-Star bei den Paralympics: Wie Martin Fleig die große Liebe fand

Sie zeichnete ihn, er fand ihre Bilder: Aus Nachrichten auf Instagram wurde schnell mehr. Die Geschichte der Künstlerin Stefanie und des Sportlers Martin Fleig.

An dieser Stelle berichtete das Team der Paralympics Zeitung, ein Projekt von Tagesspiegel und der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung. Alle Texte zu den Spielen rund um Peking finden Sie hier. Aktuelles finden Sie auf den Social Media Kanälen der Paralympics Zeitung auf Twitter, Instagram und Facebook.

Gewissermaßen begann ihre Liebe mit Kunst. Als Stefanie den Para-Ski-Nordisch-Athleten Martin Fleig im Fernsehen sah, beeindruckte sie seine Energie, seine klare Konzentration am Schießstand, die Bewegung seines Schlitten. So sehr, dass sie ihn illustrierte und das Bild danach auf Instagram postete. Martin Fleig schrieb ihr, fragte nach einem Druck ihrer Arbeit. „Wir begannen damals zu schreiben“, erzählt Stefanie Fleig, „und hörten nie wieder auf.“ Aus Nachrichten auf Instagram wurde Liebe. Heute sind die beiden verheiratet.

Martin Fleig startet gerade bei den Paralympischen Winterspielen in Peking. Der 32 Jahre alte Athlet hat Spina bifida und sitzt im Rollstuhl. Für ihn bedeutet der Langlaufsport eine Verbesserung seiner Lebensqualität: „So kann ich mich in der Natur, auf dem Schnee bewegen, trotz Behinderung.“ Viele goldene Medaillen hat er schon gewonnen, „die schönsten bei der WM 2017 daheim“, erzählt er. Bei einem Trainingsunfall an Silvester brach er sich eine Rippe. Dennoch möchte er bei Biathlonwettbewerben in Peking auf dem Podest stehen. Bei seinem ersten Start über sechs Kilometer landete der deutsche Fahnenträger am Samstag auf Platz fünf, am Sonntag folgte über die 18 Kilometer der neunte Platz.

Dass Stefanie Fleig sich damals für den Para-Sport interessierte, war kein Zufall. 2015 hatte sie selbst einen Unfall gehabt, konnte nicht mehr laufen. „Ich war frustriert und deprimiert. Plötzlich war ich behindert“, erzählt sie. Sie studierte damals Kunst, malte schon lange. „In der Malerei fand ich eine Art Therapie.“ Sie habe sich mit ihrer Behinderung aber auch generell mit Behinderungen und dem Behindertensport beschäftigt, das habe ihr Kraft gegeben. „Wegen meines Unfalls verbrachte ich viel Zeit im Wartezimmer bei Ärzten“, erzählt sie, „und begann deswegen auf meinem iPad zu malen.“ Mit der Zeit verband sie diese Begeisterung für den Sport mit ihrer Kunst und begann Sportler und Sportlerinnen als Vorbilder zu malen.  

Das Kennenlernen

Doch nicht jeder Sportler faszinierte sie dabei so wie Martin Fleig. „Martin ist sehr fokussiert und zielstrebig, er konnte sein Rennen direkt genau analysieren“, antwortet Stefanie Fleig auf die Frage, was sie an Martin beeindruckte, als sie ihn 2017 in einem Bericht über die Para-WM im Ski Nordisch im Fernsehen sah und direkt illustrierte.

In Peking landete Martin Fleig bisher über sechs Kilometer auf Platz fünf und über die 18 Kilometer reichte es für Rang neun.
In Peking landete Martin Fleig bisher über sechs Kilometer auf Platz fünf und über die 18 Kilometer reichte es für Rang neun.

© dpa

Nachdem Stefanie Fleig die Illustration auf ihrem Instagram-Kanal veröffentlichte und er sich sich daraufhin meldete, schrieben sich die beiden ein paar Monate Nachrichten hin und her. Sie schrieben über alles Mögliche. Über ihren Alltag, über sich selbst, über ihre Behinderung. „Wir waren beide voneinander fasziniert“, sagt Stefanie Fleig. „Wir haben beide eine Leidenschaft, ich die Kunst und er den Sport. Wir wissen, was es heißt dafür zu arbeiten und sein Herzblut reinzulegen.“  Nach einem halben Jahr trafen sie sich das erste Mal, Stefanie Fleig fuhr ein paar Tage zu ihm nach Freiburg. Er holte sie am Hauptbahnhof ab. „Wir waren natürlich aufgeregt, uns endlich zu sehen.“

Anfangs war ihnen nicht klar, was aus ihrem Kennenlernen werden würde. Sie hatten Angst, ob der Partner mit der Behinderung der anderen Person klarkommen würde. Stefanie Fleig konnte entgegen der Prognosen ihrer Ärzte wieder gehen, aber war und ist noch immer an CPRS, einem posttraumatischen Schmerzsyndrom erkrankt. „Unsere Behinderungen sind sehr unterschiedlich“, erklärt sie ihre Sorgen beim Kennenlernen. Doch es funktionierte. Sie unterstützten sich gegenseitig und lernten einander zu verstehen. „Ich persönlich fand es hilfreich, ihn kennen zu lernen, da er viel gelassener mit seiner Behinderung umgeht als ich“, sagt Stefanie Fleig. Auch, dass sie beide eine Gehbehinderung hätten, habe ihnen beim Kennenlernen geholfen: „Wir verstehen bestimmte Dinge gegenseitig besser. Wir wissen, wie wichtig Bewegung und Sport für den körperlichen Zustand und die Lebensqualität ist“, sagt sie.   

Aus Nachrichten auf Instagram wird Liebe

Nicht immer war ihre Beziehung einfach. Eine Zeit lang führten sie eine Fernbeziehung. Stefanie Fleig lebte in München, Martin Fleig in Freiburg. „Der Sport stand häufig an erster Stelle“, sagt Stefanie Fleig. Doch die beiden überwanden diese Schwierigkeiten. Auch heute unterstützen sie sich gegenseitig. Wenn Stefanie Fleig mal nicht mehr laufen kann, geht Martin einkaufen oder mit ihrem Dackel Douglas spazieren. Zu Hause analysieren sie gemeinsam Martin Fleigs sportliche Leistung, wenn sie Zeit hat ist sie beim Training und den Meisterschaften mit dabei, feuert Martin Fleig vom Rand der Loipe an. Immer wieder hat sie dann auch ihr iPad dabei und illustriert die Sportlerinnen und Sportler.

Martin und Stefanie Fleig
Martin und Stefanie Fleig

© promo

Stefanie Fleig zeichnet auch andere Sportler und Sportarten, aber Biathlon mag sie besonders gerne: „Mir gefällt die Kombination aus Schnelligkeit, Präzision und Ausdauer“, sagt sie. Insbesondere als sie das erste Mal Para-Ski-Nordisch sah, sei sie überrascht gewesen. Sie habe bei Behindertensport erstmal an Rollstuhlbasketball oder Sportler mit Prothesen gedacht.

Heute, fünf Jahre nachdem Stefanie Fleig ihren heutigen Martin zum ersten Mal Langlaufen sah, ist Martin Fleig zum dritten Mal in seiner Sportlaufbahn bei den Paralympischen Spielen dabei. Anders als in Pyeongchang kann Stefanie Fleig dieses Mal nicht vor Ort dabei sein. Wegen der Corona-Pandemie sieht sie ihm vom Fernseher aus zu. „Ich fahre mit meinem Dackel Douglas nach München zu meiner Mutter, und dort werden wir richtig mitfiebern“, sagt sie.

Zoe Bunje

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