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ARCHIV: Mathias Döpfner, Vorstandsvorsitzender der Axel Springer SE.

© dpa/Sebastian Gollnow

Expansion in den USA: Axel Springer hat es auf CNN und Wall Street Journal abgesehen

CNN, Wall Street Journal, Bloomberg? Der Springer-Chef ist auf Einkaufstour. Geld hat er. Doch Mathias Döpfner denkt schon viel weiter. Er sucht die Nähe zu US-Tech-Bossen und kommt Trump näher.

Stand:

Die US-Medienbranche wird gerade massiv durcheinander gewirbelt, bekannte Marken stehen zum Verkauf und Großkonzerne verändern sich, beeinflusst durch die Trump-Regierung. Und ein deutscher Medienkonzern will unbedingt mitmischen, koste es, was es wolle.

Wie das Wirtschaftsnachrichten-Portal Semafor berichtet, würde der Berliner Medienkonzern gerne nicht nur den Nachrichtensender CNN, sondern auch das „Wall Street Journal“ übernehmen. Bei beiden Marken stehen derzeit große Umstrukturierungen an.

Was spräche für einen Verkauf?

Der weltberühmte und angesehene Nachrichtensender CNN mit seinen Tochterprogrammen gehört aktuell dem Medienkonzern Warner Bros. Discovery. Der Medienriese hat nach eigenen Angaben mehrere Übernahmeinteressenten und prüft einen Verkauf, hieß es Mitte Oktober aus dem Unternehmen. Es gebe Anwärter sowohl für das gesamte Unternehmen als auch nur für das Warner-Hollywood-Studio. Namen wurden nicht genannt, jedoch hatte Netflix Interesse am Studio- und Streaming-Geschäft bekundet.

Von Warner Bros. Discovery hieß es lediglich, man prüfe verschiedene Varianten für die Zukunft. Darunter sei neben dem Verkauf des gesamten Unternehmens auch eine Fusion für das Hollywood-Studio und eine Abspaltung der Fernsehsender in der Sparte Discovery. Der Konzern hatte bereits Schritte zur Abtrennung der klassischen TV-Sender vom Film- und Streaming-Geschäft bis Mitte 2026 eingeleitet. Diese werden nun zwar weiter vorangetrieben, es sei aber nur noch eine der Optionen.

Wenn CNN vom restlichen Konzern abgespalten würde, wäre Axel Springer als Käufer tatsächlich denkbar. Springer-Chef Mathias Döpfner soll, so berichtet Semafor unter Berufung auf eine Person aus dessen Umfeld, in den letzten Monaten über einen Kauf nachgedacht haben.

Wie Semafor weiter berichtet, sei Döpfner auch an einer Übernahme von Bloomberg Media interessiert. Voraussetzung dafür wäre jedoch, dass es vom Finanzinformationsgeschäft von Bloomberg abgekoppelt würde. Das wiederum würde erst passieren, wenn der Gründer und New Yorker Ex-Bürgermeister Michael Bloomberg das Unternehmen verlässt und es Teil seines Stiftungsimperiums „Bloomberg Philanthropies“ wird.

Wenn Michael Bloomberg sich zurückzieht, könnte Springer zuschlagen.

© REUTERS/YURI GRIPAS

Das wichtigste Ziel von Axel Springer ist laut Branchen-Insidern jedoch das etablierte „Wall Street Journal“ (WSJ) – die auflagenstärkste Zeitung der USA, was die gedruckte Form angeht. Sie gehört seit Jahrzehnten zum Unternehmen NewsCorp. In den vergangenen Jahren hatte Unternehmensgründer Rupert Murdoch kein Interesse an einem Verkauf der mächtigen Marke. Der heute 94-Jährige hatte die Geschäfte jedoch 2023 an seinen Sohn Lachlan übergeben. Dieser gilt als noch konservativer als sein Vater, doch laut Branchen-Insidern ist er auch sehr viel offener Fusionen und Abspaltungen gegenüber.

Für einen Verkauf des „Wall Street Journal“ spricht außerdem die Klage von US-Präsident Donald Trump gegen die Zeitung. Im Juli dieses Jahres hatte Trump das WSJ auf zehn Milliarden Dollar Schadenersatz verklagt. Das Blatt hatte über Trumps Verbindungen zu dem inzwischen verstorbenen Sexualstraftäter Jeffrey Epstein berichtet. Trumps Klage richtet sich gegen den „Wall Street Journal“-Herausgeber Dow Jones and Company, Rupert Murdoch persönlich sowie gegen zwei Journalisten der Zeitung. Mit einem Verkauf des WSJ wäre Lachlan Murdoch alle Sorgen um Trumps Klage mit einem Mal los.

Was will Döpfner in den USA?

Im Juni dieses Jahres hatte Döpfner angekündigt, den Firmenwert seines Konzerns innerhalb von fünf Jahren verdoppeln zu wollen. Das ist ohne größere Zukäufe nicht zu schaffen und dabei kommen für Döpfner offenbar diverse Marken infrage. Das deutsche Mediengeschäft interessiert den in Potsdam lebenden Manager immer weniger, heißt es aus Konzernkreisen und auch aus der Branche.

Wenn der Vater mit dem Sohne: Patriarch Rupert Murdoch (l.) und sein Sohn Lachlan

© AFP/SCOTT OLSON

In den letzten Monaten soll Döpfner leitenden Mitarbeitern gegenüber privat geäußert haben, dass Axel Springer offen für den Verkauf einiger seiner Medienmarken wäre. Voraussetzung sei ein überzeugendes Angebot, berichtete Semafor. Die Äußerung hatte im Unternehmen die Runde gemacht und für Aufsehen und Besorgnis in der Belegschaft gesorgt.

Im April 2024 hatte Döpfner das lukrative deutsche Kleinanzeigengeschäft mit den Marken The Stepstone Group, AVIV, finanzen.net und Awin an die Hedgefond-Partner KKR und CPP Investments abgetreten. Geld für Zukäufe aus diesem Deal hat Axel Springer also. Auch der Verkauf seines Corporate Publishing Geschäfts an die Würzburger Vogel Communications Group (VCG) vor wenigen Tagen spülte weiteres Geld in die Kassen.

Mit Politico besitzt Springer bereits eine erfolgreiche Marke am US-Nachrichtenmarkt: 2021 für, laut Medienberichten, rund eine Milliarde US-Dollar (ca. 850 Millionen Euro) gekauft, war die Marke der teuerste Zukauf der Springer Unternehmensgeschichte.

Döpfner und Springer hatten seit Jahrzehnten versucht, im US-Newsgeschäft mitzumischen. 2015 wäre es beinahe so weit gewesen: Döpfner wollte die „Financial Times“ kaufen. Doch der Deal platzte, Döpfner verlor die FT an Nikkei und übernahm stattdessen für 343 Millionen Dollar „Business Insider“ – einem damals führenden Unternehmen auf dem Markt für neue Medien, das im Springer-Portfolio jedoch seitdem ein kümmerliches Dasein fristet. 20 Prozent der Business-Insider-Belegschaft wurden seitdem entlassen und Business Insider redaktionell mit Springers Welt zusammengelegt.

Döpfners Interesse in den USA gilt daher nicht nur etablierten Medienmarken, sondern auch Start-ups. Der 62-Jährige sucht zudem seit Jahren die Nähe zur amerikanischen und internationalen Tech-Oligarchie. Mark Zuckerberg von Meta, Sam Altman von OpenAI, Daniel Ek von Spotify, Jeff Bezos von Amazon, Tim Cook von Apple und Elon Musk, der in der Welt sogar AfD-Wahlkampf machen durfte – sie sind Döpfners Vorbilder und Leute, deren Nähe er sucht.

Kontakte, wie sie Döpfner (mit Bild-Gruppen-Leiterin Carolin Hulshoff Pol) liebt: Mediengigant Roger Goodell, Commissioner der National Football League, war wegen des Spiels zwischen den Atlanta Falcons und den Indianapolis Colts in Berlin. Bild hat einen Vertrag für die Übertragung von NFL-Spielhighlights in Deutschland.

© IMAGO/Eventpress/IMAGO/Eventpress Kochan

Letzte Woche, bei einem Termin in der Springer-Repräsentanz in New York, traf Döpfner mit David Rubenstein, dem Vorsitzenden der Carlyle Group zusammen. Diese ist eine der größten Private-Equity-Gesellschaften und verwaltet Assets in Höhe von 441 Milliarden US-Dollar. Für Döpfners Übernahme-Pläne wäre Carlyle somit ein lohnender Geschäftspartner. Auch die amerikanische Investment-Bank JPMorgan Chase könnte eine Rolle spielen. Nahe ist sie Döpfner zumindest. Kürzlich hat sie Büroräume in der früheren Axel-Springer-Passage bezogen.

Springer setzt voll auf KI

In einer Zeit, in der sich das Nachrichtenmediengeschäft mehr und mehr in Nischen aufteilt, schlägt Axel Springer den entgegengesetzten Weg ein. Viele US-Medienunternehmen versuchen aktuell, ihr Geschäft zu diversifizieren und sich von teuren und insbesondere unter der Trump-Regierung haftungsintensiven Redaktionen zu trennen.

Springer teilte im August mit, voll auf KI-gestützten Journalismus zu setzen. Das bekräftigte Döpfner, laut Semafor-Bericht, vergangene Woche nochmals bei einer Mitarbeiterversammlung im Hauptquartier von Business Insider. Es werde zwei Arten von Unternehmen geben, so Döpfner: solche, die KI begrüßen, und solche, die untergehen.

Und während Döpfner große Übernahmen plant, drückt er gleichzeitig die Kosten bei den deutschen Medienmarken. Zu den Entlassungen bei Business Insider kam die Einführung strenger Ausgabenobergrenzen bei Politico. Diese führten in der Belegschaft zu einigem Unmut, da Springer nun, wie es aus Politico-Kreisen heißt, nicht mehr in der Lage sei, mit den Gehältern der Konkurrenzmarken mitzuhalten. Zudem stellte die Bild-Zeitung, ein weites Springer-Flaggschiff, 2023 sechs ihrer 18 Regionalausgaben ein, schloss Regionalbüros und entließ hunderte Mitarbeiter.

Entwicklungen am US-Medienmarkt

Wie es indes für Trump-kritische US-Medienmarken weitergeht, ist offen. Wenn CNN bei einer wahrscheinlichen Aufspaltung des Warner-Konzerns nicht an Axel Springer geht, wäre Filmproduzent David Ellison ein weiterer Interessent. Ellison, der vor kurzem den Konkurrenten Paramount übernahm, hatte Interesse am Warner-Konzern bekundet.

Oracle-Gründer und Trump-Freund Larry Ellison

© Getty Images/ANNA MONEYMAKER

Das hatte den Fokus auf die Zukunft von CNN gelenkt. Denn der Vater von David Ellison ist Larry Ellison, milliardenschwerer Mitgründer des Software-Konzerns Oracle und ein Unterstützer von US-Präsident Trump. Schon Paramount wurde maßgeblich mit dem Geld von Ellison-Senior gekauft und er würde Medienberichten zufolge auch eine Übernahme von Warner finanzieren.

In diese Kreise passt Springer-Chef Döpfner wunderbar. Laut Insidern soll Döpfner Anfang des Jahres mit der ehemaligen New York-Times-Autorin Bari Weiss über den Kauf ihrer Meinungsseite „The Free Press“ verhandelt haben. Paramount kaufte „The Free Press“ schließlich für mehr als Axel Springer laut Medienberichten zu zahlen bereit war.

Bari Weiss soll CBS konservativer und Trump-freundlicher machen.

© AFP/Patrick T. Fallon

Weiss ist heute Chefredakteurin der zu Ellisons Paramount gehörenden CBS News und soll dort einen konservativeren und Trump gefälligeren Geist einbringen. Aus Protest hatten diverse bekannte Journalisten CBS verlassen. Auch die Late-Night-Show des Trump-kritischen Entertainers Stephen Colbert wird eingestellt.

Döpfner und Weiss sollen sich in den vergangenen Jahren aufgrund ihrer gemeinsamen politischen Ansichten über Meinungsfreiheit und die Rolle Israels angefreundet haben. Weiss hatte mehrfach für Die Welt geschrieben und Döpfner um Rat gefragt, als sie ihr unabhängiges Medienunternehmen „The Free Press“ aufbaute.

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