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Es sieht nicht gut aus: Braucht Griechenland schon bald ein neues Hilfspaket? Das ist nicht unwahrscheinlich.

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Bundesbank unzufrieden mit Reformfortschritten: Griechenland braucht offenbar schon bald ein neues Hilfspaket

Die Bundesbank rechnet damit, dass Griechenland schon Anfang des kommenden Jahres ein neues Hilfspaket benötigen wird, die Fortschritte bei den Reformen seien "nicht zufriedenstellend". Doch das ist nicht alles: Immobilienbesitzern in Griechenland droht der Verlust ihrer Wohnung. Mehr als 100.000 Menschen könnten auf der Straße landen.

Der griechische Ministerpräsident Antonis Samaras hat eine erfolgreiche Woche hinter sich: Besuch bei Barack Obama im Weißen Haus, Gespräche mit hochkarätigen Investoren und Bankern in New York, ein Treffen mit UN-Generalsekretär Ban Ki Moon. Die Diplomatie ist eine Stärke des 62-jährigen Samaras, der Anfang der 1990er Jahre Außenminister war. Obama fand ermutigende Worte für Samaras: Der Präsident lobte die Reformanstrengungen und betonte, der Sparkurs dürfe „nicht die einzige Strategie“ sein, man müsse sich auch auf das Wirtschaftswachstum und die Schaffung neuer Arbeitsplätze konzentrieren. Samaras wird das gerne gehört haben. Er sieht in Obama einen Verbündeten im Kampf gegen immer neue Sparauflagen der EU und des Internationalen Währungsfonds.

Denn der Druck auf Samaras wächst. Die Bundesbank rechne damit, dass schon Anfang 2014 ein neues Hilfspaket für Griechenland geschnürt werden müsse, berichtete am Sonntag der „Spiegel“. Schon die Freigabe der jüngsten Kredittranche sei angesichts der „kaum zufriedenstellenden“ Reform-Fortschritte eigentlich nicht gerechtfertigt gewesen. Auch die Diskussion um einen Schuldenschnitt zur Entlastung der griechischen Staatsfinanzen will nicht verstummen, obwohl die Bundesregierung dies bereits mehrfach abgelehnt hat.

Es gibt auch durchaus Fortschritte bei den Finanzen. Das Land verbuchte in den ersten sieben Monaten dieses Jahres nach Angaben des Finanzministeriums einen Primärüberschuss von rund 2,5 Milliarden Euro. Darin werden allerdings die Kosten des Schuldendienstes außer Acht gelassen.

In der Bevölkerung stoßen vor allem die von der Troika geforderten Stellenstreichungen im öffentlichen Dienst auf Widerstand. Staatsbeamte und Kommunalbedienstete protestieren seit Wochen mit Arbeitsniederlegungen gegen die drohenden Entlassungen. Die Lehrergewerkschaft hat für September Streiks angekündigt.

In vier Wochen kommt die Troika nach Athen zurück. Bis dahin muss Samaras versuchen, wenigstens einen Teil der noch unerledigten Reformvorgaben umzusetzen. Die meisten sind unpopulär – nicht nur bei den Oppositionsparteien und den generell reformfeindlichen griechischen Gewerkschaften, sondern auch in den Reihen der Regierungsparteien.

Samaras steht deshalb vor Entscheidungen, die Mut und aber auch Fingerspitzengefühl erfordern. Die erst im Juni gebildete Koalition seiner konservativen Nea Dimokratia mit der sozialistischen Pasok geht in den kommenden Wochen einer schweren Belastungsprobe entgegen.

Noch mehr politische Sprengkraft entwickelt aber ein anderes Thema: Die von der Troika geforderten Zwangsversteigerungen von Immobilien, deren Besitzer ihre Hypothekenkredite nicht mehr bedienen können. 2008 hatte die Regierung angesichts der globalen Finanzkrise Zwangsversteigerungen von Wohneigentum weitgehend ausgesetzt, sofern der Besitzer das Objekt selbst nutzt und keine andere Wohnung hat. Die Regelung läuft Ende 2013 aus.

Die griechischen Banken haben knapp 1,5 Millionen Immobilienkredite vergeben. Davon werden aktuell 320 000 nicht mehr bedient. Finanzminister Giannis Stournaras bestätigte vergangene Woche, es gebe in der Regierung Überlegungen, Zwangsversteigerungen wieder zuzulassen. Marktkenner schätzen, dass bei einer Aufhebung des Zwangsversteigerungs-Verbots etwa 105 000 Wohnungen unter den Hammer kämen. Die Troika begründet ihre Forderung damit, nur so könnten die Banken endlich bei den Kreditrisiken reinen Tisch machen. Die Familien, die diese Immobilien bewohnen, stünden allerdings auf der Straße.

Schon jetzt lebt mehr als ein Drittel der Griechen unter der Armutsgrenze. Die Arbeitslosenquote erreichte im Mai mit 27,6 Prozent einen neuen Rekord. Unter den 15- bis 24-Jährigen sind nach Angaben der staatlichen Statistikbehörde fast 65 Prozent ohne Job. Zwangsversteigerungen wären eine zusätzliche soziale Härte. Kein Wunder, dass es dagegen heftigen Widerstand gibt. An der Kontroverse könnte die Koalition zerbrechen. Mehrere Abgeordnete der beiden Regierungsparteien haben bereits angekündigt, dass sie einer Lockerung keinesfalls zustimmen werden.

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