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Schon wieder teurer? Die Inflation trifft insbesondere gering verdienende Menschen.

© Bearbeitung: Tagesspiegel /imago-images

Kampf gegen die Inflation: Sollen Supermärkte ihre Einkaufspreise offenlegen?

Österreichs Regierung will Supermarktketten dazu verpflichten, ihre Einkaufspreise für Grundnahrungsmittel transparent zu machen. Das soll helfen, die Inflation einzudämmen. Drei Einschätzungen, ob das sinnvoll ist.

Die Lebensmittelpreise steigen und steigen. Die Händler begründen das mit höheren Rohstoff- und Energiekosten. Expertinnen wie der Ökonomin Isabella Weber zufolge ist das aber nur ein Teil der Wahrheit, und es gibt Unternehmen, die die allgemeine Inflation dazu nutzen, ihre Gewinnmargen kräftig zu erhöhen. Die österreichische Bundesregierung will Supermarktketten deshalb dazu verpflichten, ihre Einkaufspreise für Grundnahrungsmittel offenzulegen. Ist das auch für Deutschland ein Modell?

In unserem Format „3 auf 1“ geben drei Experten ihre Einschätzung. Alle Folgen von „3 auf 1“ finden Sie hier.


Behörden müssen auffällige Preise nachvollziehen können

Wir erleben tagtäglich in den Verbraucherzentralen, dass die deutlichen Preissteigerungen von Lebensmitteln insbesondere Verbraucher:innen mit geringen Einkommen vor enorme Herausforderungen stellen. Teilweise müssen die Menschen damit rechnen, dass einzelne Produkte 40 bis 80 Prozent teurer geworden sind. Gleichzeitig zeigen die Recherchen der Verbraucherzentralen versteckte Preiserhöhungen durch verringerte Füllmengen und veränderte Rezepturen.

Ob die so durchgesetzten Preissteigerungen sich allein durch höhere Produktionskosten erklären lassen, ist momentan weder für die Behörden noch für Verbraucher:innen nachvollziehbar. Das schwächt das Vertrauen in die Akteure und benachteiligt die Konsument:innen.

Die Politik muss Aufsichtsbehörden in die Lage versetzen, versteckte Preiserhöhungen und auffällige Preisentwicklungen nachzuvollziehen. Sie müssen wissen, wie sich Preise zusammensetzen. Landwirtschaft, Lebensmittelindustrie und Handel müssen mit offenen Karten spielen.


Mehr Wettbewerb führt letztlich zu sinkenden Preisen

Es liegt auf der Hand, dass angesichts der Preisentwicklung bei Lebensmitteln über Lösungen nachgedacht wird. Aus wettbewerblicher Sicht bezweifele ich aber, dass eine höhere Transparenz bei den Einkaufspreisen Abhilfe schaffen könnte. Das sind wettbewerblich sehr sensible Informationen, die auch zulasten der Verbraucherinnen und Verbraucher verwendet werden können. Der Austausch solcher Zahlen zwischen verschiedenen Unternehmen wäre sogar kartellrechtlich verboten, weil ja auch den Unternehmen ein Preisabgleich erleichtert würde.

Wir beobachten die inflationsgetriebene Entwicklung sehr genau. Natürlich können starke Marktstellungen – ob auf Händler- oder Herstellerseite – auch Spielräume eröffnen, die Margen hochzuhalten oder sogar zu vergrößern. Bislang haben wir aber keine Hinweise auf kartellrechtswidriges Verhalten. Wir müssen den Wettbewerb auf allen Ebenen weiter fördern. In der Konsequenz führt dies dann auch wieder zu sinkenden Preisen. Dafür gibt es bereits erste Anzeichen.


Man kann nicht vom Einkaufs- auf den Verkaufspreis schließen

Der Sorge vieler Menschen vor hohen Lebensmittelpreisen wird man mit dem pauschalen Ruf nach mehr Preistransparenz nicht gerecht. Auf jeder Stufe der Lebensmittelkette findet Preisbildung statt. All diese Prozesse beeinflussen die Verbraucherpreise.

Sich lediglich die Einkaufspreise des Handels herauszupicken, ist reine Symbolpolitik. Der Vorstoß ist kartellrechtlich nicht nur höchst bedenklich. Er verkennt zudem, dass man von den Einkaufspreisen nicht einfach auf die Verkaufspreise schließen kann. Darin stecken auch die Kosten für Energie, Personal, Transport, Logistik oder Mieten, die durch Pandemie und Ukraine-Krieg auch im Handel stark gestiegen sind. Außerdem sind diese Aufwände von Unternehmen zu Unternehmen unterschiedlich.

Man kann nicht Äpfel mit Birnen vergleichen. Die Menschen wollen doch nur eines: bezahlbare Lebensmittelpreise. Diesem Bedürfnis kommt der Handel nach, indem die Unternehmen stets bestrebt sind, Einkaufsvorteile, wo immer möglich, an ihre Kunden weiterzugeben.

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