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Mahnt klare Regeln an. Armin Laschet (CDU), Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen.

© imago images/Political-Moments

Laschet vor dem dem Bund-Länder-Treffen: „Die Bürger haben das Recht auf klare, verbindliche Regeln“

Auch der NRW-Ministerpräsident will sich beim Treffen der Länderchefs mit der Kanzlerin für strengere Corona-Regeln einsetzen. Ein kompletter Lockdown solle vermieden werden.

Angesichts der Zuspitzung der Corona-Lage wollen Kanzlerin Angela Merkel und die Regierungschefs der 16 Bundesländer mit einem Mix aus Verschärfungen und verständlicheren Regeln versuchen, die Virusausbreitung einzudämmen.

„Geöffnete Schulen und Kitas, soziale Teilhabe und ein funktionierendes Arbeits- und Wirtschaftsleben haben Vorrang; dafür müssen wir Kontakte beschränken“, sagte der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) dem Tagesspiegel. In Berlin wurden mit 706 Neuinfektionen so viele wie noch nie an einem Tag registriert.

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Unmut gibt es intern, dass die schwer nachvollziehbaren je nach Bundesland unterschiedlichen Regelungen zu Beherbergungsverboten vieles andere überlagern. Da es bisher keine signifikanten Hinweise gibt, dass innerdeutsches Reisen oder Hotelübernachtungen für steigende Infektionszahlen sorgen, könnte diese Regelung verändert werden.

Es wird aber ohnehin erwartet, dass die jetzigen Regelungen von Gerichten gekippt werden. Zugleich könnten Maskenpflichten im öffentlichen Raum und in Gebäuden ebenso ausgeweitet werden wie Alkoholverbote und Sperrstunden für Hot Spots; zudem könnten neue Personen-Obergrenzen für Feiern festgelegt sowie Bußgelder erhöht werden.

In Städten wie Berlin wird die bisher mangelnde Kontrolle von Regeln und das zu lasche Ahnden von Verstößen als ein Grund dafür gesehen, dass hier die Lage aus dem Ruder zu laufen droht. Auch sollen bundesweit tausende weitere Helfer bei der Kontaktnachverfolgung von Infizierten eingesetzt werden.

Sehnsucht nach dem Wir-Gefühl

„Die Bürger haben das Recht auf klare, verbindliche Regeln, die jeder nachvollziehen kann“, sagte Laschet. Er gilt auch als ein Kritiker der umstrittenen Beherberbungsverbote, die in Nordrhein-Westfalen nicht angewendet werden, da diese die bisherige Akzeptanz für die anderen Einschränkungen in Frage stellen können. 

Er wünsche sich, dass „das Wir-Gefühl aus dem Frühjahr“ neu belebt werden könne, „dass alle an einem Strang ziehen, um das Virus zu bekämpfen“.

Für Verschärfungen: Markus Söder (CSU), Ministerpräsident von Bayern.
Für Verschärfungen: Markus Söder (CSU), Ministerpräsident von Bayern.

© via REUTERS

Wie ernst das Kanzleramt die Lage einschätzt, zeigen Aussagen von Kanzleramtschef Helge Braun (CDU) bei einer vorbereitenden Schalte mit den Chefs der Staatskanzleien. Die Debatte könne eine „historische Dimension“ annehmen, sagte Braun dort.

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„Wir haben es nun in der Hand, das Infektionsgeschehen in Deutschland positiv zu beeinflussen. Dies setzt aber große Entschlossenheit und den Willen der Gesellschaft als Ganzes voraus“, sagte Braun. Auf ausdrücklichen Wunsch Merkels reisen die Regierungschefs der Bundesländer trotz der hohen Infektionszahlen in Berlin persönlich zu dem Corona-Gipfel an.

Es ist das erste physische Zusammentreffen seit dem 17. Juni. Eine wichtige Rolle wird Berlins Regierendem Bürgermeister Michael Müller (SPD) als neuem Vorsitzenden der Ministerpräsidentenkonferenz zukommen, er wird die Ergebnisse am Mittwochnachmittag mit Merkel und Bayerns Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU) im Kanzleramt vorstellen.

Söder betonte: „Es ist fünf vor zwölf, um eine unkontrollierte Entwicklung zu verhindern. Wie zuvor schon Merkel warnte er vor einem Kontrollverlust. Unions-Fraktionschef Ralph Brinkhaus sagte: „Ich erwarte ein klares Signal gegen die Kleinstaaterei“.

Kapazitätsengpässe in Berlin

Berlin hat derweil als erstes Bundesland Kapazitätsengpässe bei der Kontaktnachverfolgung angemeldet. In einem internen Lagebericht des Bundesgesundheitsministeriums vom Montag, der dem Tagesspiegel vorliegt, heißt es: „Die Durchführung von Infektionsschutzmaßnahmen ist absehbar nicht mehr sichergestellt.“

Personal des Robert-Koch-Instituts soll deshalb in die Berliner Bezirke geschickt werden. Um die Verwerfungen durch die neuerlichen Einschränkungen wie die Sperrstunde ab 23 Uhr in Berlin zu mildern, prüft der Senat einen Mietzuschuss von 3000 Euro für Wirte in der Stadt.

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In Berlin stehen bundesweit die wenigsten freien Intensivbetten zur Verfügung, um kurzfristig schwer kranke Covid-19-Patienten zu versorgen, die Charité hatte zuletzt von einer Zunahme schwerer Covid-19-Fälle berichtet und lässt planbare Operationen bereits wieder verschieben.

Laut der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) waren am Dienstag 190 Intensivbetten in den Berliner Krankenhäusern nicht belegt – das entspricht einer Quote von 15,4 Prozent aller betreibbaren Intensivbetten in der Stadt.

In keinem anderen Bundesland stehen weniger als 23 Prozent der Intensivbetten leer. Bundesweit liegt der Anteil bei 30,9 Prozent, den höchsten Wert erreicht Schleswig-Holstein mit 46,4 Prozent.

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