
© Imago/Karina Hessland
„Ein System des Chaos“: Ramelow fordert einschneidende Reformen bei der Deutschen Bahn
Für den Zustand der DB hat Thüringens Ministerpräsident klare Worte. Und Ramelow macht konkrete Vorschläge, was geändert werden sollte. Er plädiert für radikale Schnitte.
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Unpünktliche Züge, ausgefallene Verbindungen, schlechter Service – die Lage der Deutschen Bahn (DB) ist desolat, die Kritik insbesondere nach den enormen Problemen bei der Fußball-Europameisterschaft, die auch international Schlagzeilen machten, noch einmal verschärft.
Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow hält angesichts des schlechten Zustands der DB tiefgreifende Reformen für notwendig. Sein Großvater habe immer gesagt: „Pünktlich wie die Deutsche Bahn“, sagte Ramelow. Das gehe heute „nur noch als Satire durch“, sagte der Linken-Politiker dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.
Die Deutsche Bahn ist eine Aktiengesellschaft und sollte börsenfähig gemacht werden. Also gewinnorientiert!
Bodo Ramelow, Thüringens Ministerpräsident
„Die Bahn ist ein System des Chaos, dem die Akzeptanz immer mehr verloren geht“, sagte Ramelow weiter. „Es werden Milliarden Euro Verlust abgerechnet, zugleich sind mehrere Millionen Passagiere verloren gegangen – und das noch während der Fußball-Europameisterschaft, in der viele Züge überfüllt waren und andere ausgefallen sind.“
Ramelow plädiert für radikale Trennung von Netz und Betrieb
Der Linke schlug einen klaren Schnitt vor: „Die Deutsche Bahn ist eine Aktiengesellschaft und sollte börsenfähig gemacht werden. Also gewinnorientiert!“ Die neue Netzgesellschaft habe aber die Buchstaben GO dazu bekommen – gemeinwohlorientiert. Aber eine gemeinnützige Aktiengesellschaft, die Gewinn an den Bundeshaushalt abführen soll, sei ein Widerspruch in sich.
„Wir brauchen deshalb eine radikale Trennung von Netz und Betrieb. Das Netz muss als gemeinnütziges Stiftungsvermögen organisiert und systematisch modernisiert werden. Das dauert mindestens zehn Jahre. Die Ampel investiert zwar viel Geld, aber eben nicht systematisch. So wird das nichts.“
Die seit Jahresbeginn bestehende Infrastrukturgesellschaft InfraGo koordiniert die sogenannte Generalsanierung Dutzender vielbefahrener Streckenkorridore. Sie ist dabei neben dem wirtschaftlichen Erfolg per Satzung auch dem Gemeinwohl verpflichtet.
Ramelow, der bereits zweimal Schlichter in Tarifkonflikten der Bahn mit der Lokführergewerkschaft GDL war, sagte weiter, die DB müsse entflochten werden. Im Moment gebe es 630 Bahnfirmen. Davon gehörten 600 zum Bahn-Konzern.
„Das macht keinen Sinn und hat mit schlankem Management nichts zu tun“, so der Ministerpräsident. Denn die Deutsche Bahn habe eine im Grundgesetz verankerte Aufgabe im Dienst der Bevölkerung. Sie sei nicht dazu da, um internationale Geschäfte zu machen – wie mit dem Speditionsunternehmen Schenker.
„Deshalb ist mein Vorschlag, alle Bahnaufgaben der DB AG inklusive aller 600 Tochterunternehmen in eine Anstalt Öffentlichen Rechts einzubringen und durch diese AÖR den Eisenbahnbetrieb zu bündeln und aufzugliedern in die Sparten Personen- und Frachtverkehr.“
Investitionen könnten durch eine Deckelung des Dienstwagenprivilegs gegenfinanziert werden, so Ramelow. Jährlich werde im Bundeshaushalt eine Summe von 5,5 Milliarden Euro für diese Dienstwagenabschreibung veranschlagt. „Das Deutschlandticket lag nur bei 1,5 Milliarden Euro. Tatsächlich wird an den steuerlichen Privilegien der Automobilindustrie aber nicht gerüttelt. Es darf jedenfalls nicht sein, dass das 49-Euro-Ticket teurer wird. Im Gegenteil, es muss billiger werden.“
Positive Beispiele für einen funktionierenden Bahnbetrieb gebe es, in Österreich beispielsweise oder in der Schweiz. Dort könne man sich die Kosten für ein Auto sparen. Es werde „Zeit für eine Eisenbahn, auf die man sich wieder verlassen und auf die man stolz sein kann“.
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