
© IMAGO/Zoonar.com/wolfgang cezanne
Monopolkommission fordert Privatisierungen: 50 Milliarden Euro für Infrastruktur im Depot – der Bund müsste nur zugreifen
Die Infrastruktur verfällt und die Politik ist sich uneins, wie sie Investitionen finanzieren soll. Die Monopolkommission macht einen Vorschlag: den Verkauf von Post- und Telekomaktien.
Stand:
In der demokratischen Mitte herrscht Einigkeit darüber, dass es Milliarden braucht, um die Infrastruktur in Deutschland schnellstmöglich wieder auf Vordermann zu bringen. In der Finanzierungsfrage sind die Parteien jedoch gespalten: Union und FDP wollen dafür benötigte Mittel vor allem über mehr Wachstum und Einsparungen in anderen Bereichen finanzieren.
SPD, Grüne und Linke wollen einen schuldenfinanzierten Milliardenfonds aufsetzen und die Schuldenbremse reformieren. Die Monopolkommission hat am Mittwoch einen weiteren Vorschlag ins Spiel gebracht.
Das unabhängige, fünfköpfige Beratergremium hat die nächste Bundesregierung aufgefordert, sich endgültig und vollständig von den Aktienanteilen an der Deutschen Telekom und der Deutschen Post zu trennen.
Bis heute ist der Bund an den Dax-Konzernen beteiligt. „Wir fordern einen Verkauf der Bundesanteile an Telekom und Post in der kommenden Legislatur-Periode“, sagte der Vorsitzende der Monopolkommission, Tomaso Duso, der „Süddeutschen Zeitung“.
Beteiligungen im Wert von über 50 Milliarden Euro
Die Aktienpakete haben einen Marktwert von über 50 Milliarden Euro. „Die Milliardenerlöse könnten zum Beispiel für die allgemeine Vorsorge in Form von Infrastrukturinvestitionen genutzt werden“, sagte Duso.
Ökonomen beziffern den Finanzierungsbedarf für Schienen, Straßen, Brücken und Co. bis 2030 auf mehrere hundert Milliarden Euro. Fachleute bezweifeln, dass sich diese Investitionen allein aus dem laufenden Haushalt finanzieren lassen – selbst wenn die Schuldenbremse reformiert würde. Eine Veräußerung seiner Unternehmensbeteiligungen könnte dem Staat zumindest kurzfristig etwas mehr Spielraum schaffen.
Die Bundesregierung reagierte am Mittwoch zurückhalten auf den Vorschlag. „Bei einer so pauschalen Forderung würde ich sagen, das lassen wir dann mal die nächste Bundesregierung entscheiden“, sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit der dts Nachrichtenagentur.
Privatisierung spielt politisch aktuell keine Rolle
Die Privatisierungen von Post und Telekom waren die größten in der Geschichte der Bundesrepublik. Der Bund hat seine Anteile sowohl an Post als auch Telekom zuletzt leicht reduziert. Über die staatseigene Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) stieß man im Februar des vergangenen Jahres noch einmal 50 Millionen Aktien der Deutschen Post sowie im Juni 110 Millionen Aktien der Deutschen Telekom ab.
Bis heute hält der Bund aber weiter rund 28 Prozent am Bonner Telekom-Konzern, davon knapp 14 Prozent über die KfW. Auch an der Deutschen Post ist der Bund über die KfW weiter mit 16,5 Prozent beteiligt.
Kritiker einer vollständigen Privatisierung sagen, der Bund könne über die Beteiligungen steuernd eingreifen. So könne man etwa weiter die Versorgung des ländlichen Raums sowie die Wahrung des Gemeinwohls insgesamt sicherstellen.
Der Chef der Monopolkommission sieht das anders. „Es ist jetzt die richtige Zeit gekommen für eine vollständige Privatisierung von Telekom und Post“, sagt Tomaso Duso. Eine Staatsbeteiligung aus Gründen der Daseinsvorsorge sei nicht mehr erforderlich. Auch der Wettbewerb würde profitieren.
Politisch spielt die Privatisierung von Telekom und Post thematisch quasi keine Rolle mehr. Wäre es 2021 zu einer Jamaika-Koalition aus Union, Grünen und FDP gekommen, hätte Christian Lindner (FDP) wohl darauf gedrängt, mindestens große Teile der Bundesanteile zu veräußern.
Die Ampel-Koalition trennte sich nur in kleinem Umfang von Telekom- und Post-Anteilen. Durch die Abstoßung seiner Lufthansa-Anteile erlöste die Bundesregierung immerhin 760 Millionen Euro. Während der Pandemie musste der Staat den Konzern mit einer Beteiligung von 20 Prozent retten.
Auch im aktuellen Wahlkampf wirbt keine Partei mehr für eine volle Privatisierung der beiden Dax-Konzerne. In keinem der Wahlprogramme von CDU/CSU, SPD, Grünen oder FDP ist davon die Rede. Lediglich die Deutsche Bahn will zum Beispiel die Union in Infrastruktur und Transportgeschäft aufteilen. Das begrüßt auch Duso. „Wir befürworten, dass der Bahn-Konzern eigentumsrechtlich aufgeteilt wird.“ Nun gebe es ein Fenster für eine große Reform. SPD und Grüne lehnen diese Pläne allerdings ab.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: