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Viele Landschaften bieten seit jeher wenig Wasser. Wird es noch weniger, gefährdet das menschliche Existenzen.

© Abdallah Khalili/UNCCD

„Eine langsam voranschreitende globale Katastrophe“: Wo Wassermangel Menschen am härtesten trifft

Viele Regionen weltweit haben mit Trockenheit und Dürren zu kämpfen, auch Brandenburg gehört dazu. Ein UN-Bericht zeigt, wo menschliches Leid und wirtschaftliche Schäden besonders groß sind.

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Man muss nicht in weiter Ferne suchen: Zunehmende Trockenheit und ihre Folgen sind wegen des Klimawandels näher, als man denkt.

Auf dem Potsdamer Telegrafenberg etwa, vor der Tür des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung, wurde jetzt das trockenste erste Halbjahr seit Messbeginn vor mehr als 130 Jahren festgestellt: weniger als 150 Millimeter Niederschlag, wo es im langjährigen Durchschnitt etwa 300 sind, teilte das Institut mit.

In anderen Weltregionen, wo Wasser schon vor dem Klimawandel knapper war, nehmen Dürren so stark zu, dass es an die Substanz menschlicher Existenzen und natürlicher Lebensräume geht, berichtet die Organisation der Vereinten Nationen zur Bekämpfung der Wüstenbildung (UNCCD). Besonders der Blick auf Länder im Mittelmeerraum zeige, worauf weitere Länder sich einstellen müssen, wenn der Klimawandel voranschreitet.

Missernten und weniger Vieh

„Das ist keine vorübergehende Trockenperiode“, sagt Mark Svoboda, Mitverfasser des Berichts. „Dies ist eine langsam voranschreitende globale Katastrophe, die schlimmste, die ich je gesehen habe“, sagt der Gründungsdirektor der US-Behörde für Dürreschutz (NMDC), die den Bericht mit herausgegeben hat.

Die Mittelmeerländer seien „Kanarienvögel im Kohlebergwerk“ für alle modernen Volkswirtschaften, sagt Svoboda. „Die Kämpfe Spaniens, Marokkos und der Türkei um die Sicherung von Wasser, Lebensmitteln und Energie bei anhaltender Dürre geben einen Ausblick auf die Zukunft der Wasserversorgung bei ungebremster globaler Erwärmung.“ Kein Land, unabhängig von seinem Reichtum oder seinen Kapazitäten, könne es sich leisten, das untätig hinzunehmen.

Der Bericht „Dürre-Hotspots rund um die Welt 2023–2025“ zeigt, wie Dürren Armut, Hunger, Energieunsicherheit und den Zusammenbruch von Ökosystemen verstärken. Er beruht auf Informationen aus Regierungs-, Wissenschafts- und Medienquellen. Als Beispiele für den Mittelmeerraum werden Spanien, Marokko und die Türkei hervorgehoben.

Wasserknappheit trifft Landwirtschaft, Tourismus und Haushalte in Spanien: Im September 2023 wurden nach zwei Jahren Dürre und Rekordhitze um die Hälfte weniger Oliven geerntet, wodurch sich die Olivenölpreise im ganzen Land verdoppelten.

In Marokko war die Schafpopulation 2025 um fast 40 Prozent kleiner als noch im Jahr 2016, was einen königlichen Appell zur Absage der traditionellen Eidopfer zum islamischen Opferfest zur Folge hatte.

In der Türkei beschleunigen Dürren die Erschöpfung von Grundwasserreserven, was Erdfälle verursacht, die die Infrastruktur gefährden und die Speicherkapazität der Grundwasserleiter dauerhaft verringern.

Wieder Hunger in Afrika

Seit 2023 sei es wegen des Klimawandels und des hohen Drucks auf Land- und Wasserressourcen auch in Afrika zu einigen der größten und folgenschwersten Dürreereignissen gekommen. Mehr als 90 Millionen Menschen im östlichen und südlichen Afrika seien von akutem Hunger betroffen.

Im südlichen Afrika, das ohnehin schon dürreanfällig ist, brauchten im August 2024 etwa 68 Millionen Menschen Nahrungsmittelhilfen.

In Äthiopien, Simbabwe, Sambia und Malawi sind die Mais- und Weizenernten wiederholt ausgefallen. In Simbabwe fiel die Maisernte 2024 um 70 Prozent geringer aus als im Vorjahr. Die Maispreise verdoppelten sich, während 9000 Rinder verdursteten und verhungerten.

In Somalia starben im Jahr 2022 nach Schätzungen 43.000 Menschen an den Folgen einer Dürre. Seit Anfang 2025 sind rund 4,4 Millionen Menschen – ein Viertel der Bevölkerung – von Ernährungsunsicherheit betroffen.

Sambia erlebte eine der schlimmsten Energiekrisen der Welt, als der Wasserstand des Sambesi-Flusses im April 2024 auf ein Fünftel seines langfristigen Durchschnitts sank. Das größte Wasserkraftwerk des Landes lieferte nur sieben Prozent seiner vollen Kapazität, was zu Stromausfällen von bis zu 21 Stunden pro Tag führte und Krankenhäuser, Bäckereien und Fabriken lahmlegte.

Frauen und Kinder besonders betroffen

„Dürre ist nicht länger eine ferne Bedrohung“, sagt UNCCD-Exekutivsekretär Ibrahim Thiaw. Wenn Energie, Nahrung und Wasser auf einmal ausfielen, würden ganze Gesellschaften ins Wanken geraten. „Das ist die neue Normalität, auf die wir uns vorbereiten müssen“, sagt Thiaw.

Die Auswirkungen von Dürren betreffen Frauen und Kinder am stärksten, aber auch ältere Menschen, Viehzüchter, Subsistenzbauern und Menschen mit chronischen Krankheiten.

In Ostafrika und Teilen Äthiopiens hat sich die Zahl der erzwungenen Kinderheiraten mehr als verdoppelt. Familien brauchten die Mitgift zum Überleben. In Simbabwe brachen vor allem Mädchen wegen Hunger, Kosten und Problemen mit den sanitären Einrichtungen ihre Schulausbildung ab.

Wetterphänomen verstärkte Trockenheit

In den Jahren 2023 bis 2024 herrschte ein El-Niño-Ereignis. Das unregelmäßig auftretende Wetterphänomen verstärkte Auswirkungen des Klimawandels und führte zu Trockenheit in wichtigen landwirtschaftlichen und ökologischen Gebieten.

„Es war ein perfekter Sturm“, kommentiert Mitverfasserin Kelly Smith von der US-amerikanischen Dürreschutzbehörde den Bericht. Die Frage laute nun nicht, ob sich das wiederholen würde, sagt die Forscherin. Davon geht sie aus. „Die Frage lautet, ob wir nächstes Mal besser vorbereitet sind.“ Die Nationen der Welt hätten die Ressourcen und das Wissen, um viel Leid zu verhindern.

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