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Teilnehmer stehen während einer pro-palästinensischen Demonstration auf dem Theaterhof der Freien Universität.

© dpa/Sebastian Gollnow

Übergriff auf Präsidenten der Freien Universität: Die Extremisten vergiften die Atmosphäre

In einer Gesprächsrunde schüttet ein Palästina-Aktivist dem FU-Präsidenten Wasser ins Gesicht. Die Aktion hilft, wie große Teile der Uni-Proteste, kein bisschen gegen die Not in Gaza.

Martin Ballaschk
Ein Kommentar von Martin Ballaschk

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Diese Szene wird seit Donnerstag auf Instagram geteilt: Günter M. Ziegler, Präsident der Freien Universität (FU) Berlin, sitzt an einem Tisch, vor ihm sind Dokumente und ein Telefon ausgebreitet. Plötzlich wird er aus der Richtung der Kamera mit einer Flüssigkeit überschüttet, Ziegler kauert sich erschrocken zusammen. Der Angreifer ruft auf Englisch: „Wach auf von deinem Genozid“.

Gemeint ist damit das Leiden der Bevölkerung im Gazastreifen, gegen das Studierende und Verbündete in den letzten Monaten teils friedlich mit Kundgebungen oder Besetzungen von Sälen und Höfen, aber auch mit Zerstörungen von Mobiliar und israelfeindlichen Schmierereien protestierten. Auf Spruchbannern wurde sogar Wissenschaftssenatorin, HU- und FU-Präsidenten bedroht: „Wir kriegen euch“.

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In offenen Briefen und auch hier im Tagesspiegel hatten Hochschulangehörige den friedlichen Protest verteidigt, die Uni als Ort des respektvollen Austausches von Argumenten benannt, wo man auch über unbequeme Fragen streiten müsse. Über bestimmte Streitpunkte im Nahostkonflikt könne man wissenschaftlich diskutieren, ist aus den Uni-Leitungen zu hören: Sei es der umstrittene Genozid-Vorwurf gegen Israel oder, welche Definition von Antisemitismus gelten soll. All dies sind Versuche, auf die Aktivisten in geordnetem Rahmen zuzugehen. Tatsächlich durften FU-Studierende am Mittwoch vor dem höchsten Gremium der FU ihre Forderungen vortragen, die Uni versprach, die Gespräche fortzusetzen.

Rache und Gewalt statt Debatte

Aber ein Teil der Aktivisten scheint gewaltbereit und an einem konstruktiven Austausch nicht interessiert zu sein. Oder sie scheinen zu glauben, dass der Zweck die Mittel rechtfertigt. Das zeigte sich bereits an den Verwüstungen im Institut für Sozialwissenschaften der Humboldt-Uni oder der zweifelhaften Diskussionskultur mancher Akteure, die im Grunde aus dem Niederbrüllen anderer Meinungen besteht.

So rief der Angreifer, nachdem er Ziegler die Flüssigkeit ins Gesicht schüttete: „Heul nicht, es ist kein Pfefferspray“ – wohl eine Anspielung auf die Räumung von Protesten an der FU durch die Polizei, für die er damit Rache übte. Die Videobeschreibung klärt auf, es sei nur Wasser gewesen, das Gesprächsangebot der Uni „beschämende Worte und symbolisches Theater“. Bis zum Freitag befürworteten 1700 Likes und viele der über 200 Kommentare den Übergriff.

Mit Gewalt gegen den Unipräsidenten wird die Bewegung ihre Forderungen aber nicht durchsetzen können und sie ist der Sache der Palästinenser nicht dienlich. Im Gegenteil vergiftet sie die Atmosphäre und bestärkt die Kritiker pro-palästinensischer Proteste: Also jene, die Gespräche mit den Aktivisten von Anfang an für sinnlos hielten. Damit untergräbt der gewaltbereite Teil der Protestierenden auch das Verständnis für friedliche Protestformen und legitime Anliegen. Sich im Recht zu fühlen und Rache zu üben, scheint ihnen wichtiger zu sein.

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