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96 statt 48 Stunden bei BVG und S-Bahn: Berlins Queerbeauftragter fordert, Bilder von Überwachungskameras länger zu speichern
Alfonso Pantisano will das Dunkelfeld bei queerfeindlicher Hasskriminalität aufhellen. Ein Weg dahin: Die Bilder von Überwachungskameras aus Bahnhöfen und Fahrzeugen erst später zu löschen.
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Berlins Queerbeauftragter Alfonso Pantisano (SPD) fordert, dass Bilder von Überwachungskameras der BVG und der S-Bahn künftig doppelt so lange gespeichert werden wie bisher. Das könne erheblich dazu beitragen, queerfeindliche Hasskriminalität aufzuklären, so Pantisano.
Es gebe in Berlin mittlerweile pro Tag drei Übergriffe, die sich gegen queere Menschen richteten, von Beleidigungen bis hin zu körperlichen Angriffen. Das Dunkelfeld sei noch viel höher, bis zu 90 Prozent der Taten würden nicht angezeigt, schreibt Pantisano auf Facebook. Viele der Angriffe fänden an Orten statt, an denen es Überwachungskameras gebe – an U-Bahnhöfen, in U-Bahnen, Bussen und Trams der BVG und an Bahnhöfen und in Zügen von S-Bahn und Deutscher Bahn. „Die Bilder dieser Überwachungskameras sind oft Gold wert, wenn es darum geht, die Täter*innen zu identifizieren“, sagt Pantisano.
Menschen, die angegriffen werden, brauchen oft, wenn nicht unmittelbar nach der Tat die Polizei gerufen wird, Tage, bis sie die Tat zur Strafanzeige bringen.
Alfonso Pantisano, Berlins Queerbeauftragter
Doch in Berlin dürfen die Aufnahmen aus Datenschutzgründen ab dem Moment der Aufzeichnung nur 48 Stunden gespeichert werden. Das sei zu kurz, sagt Pantisano – und fordert eine Ausweitung. „72 Stunden wären gut, 96 Stunden wären besser.“ Denn: „Menschen, die angegriffen werden, brauchen oft, wenn nicht unmittelbar nach der Tat die Polizei gerufen wird, Tage, bis sie die Tat zur Strafanzeige bringen“, so der Queerbeauftragte.
Viele Opfer bräuchten erst einmal Zeit, um das Geschehene zu verarbeiten, ehe sie sich für eine Anzeige entscheiden. Da sei es oftmals schon zu spät – und die Bilder der Tat gelöscht. „Wir müssen uns als Regenbogenhauptstadt fragen, wie wir das Dunkelfeld dieser Straftaten erhellen wollen“, sagt Pantisano.
Auf den 175 U-Bahnhöfen der BVG sind insgesamt 6800 Videokameras installiert. Zudem sind alle U-Bahnen, Busse und Trams mit Videoüberwachung ausgestattet. Bei der S-Bahn sind es zwei Drittel der Züge und viele Bahnhöfe, in denen Kameras laufen. Jährlich fragen die Ermittlungsbehörden mehr als 9000 Mal Videomaterial der Verkehrsbetriebe an, um Straftaten aufklären zu können.
Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) sprach sich wiederholt für eine Ausweitung aus, um die Aufklärungsquote von Straftaten in Bahnhöfen und Zügen zu verbessern. „Wenn es hilft, sind mir 96 Stunden allemal lieber. Dafür werde ich mich in meiner Koalition einsetzen“, sagte Wegner etwa bei einem Bürgerdialog im Juni.
Einen queerfeindlichen Angriff in einem Bahnhof hatte es auch am vergangenen Samstag nach dem Christopher Street Day (CSD) gegeben. Gegen 0.30 Uhr wurden zwei 24-Jährige auf dem Bahnsteig des U-Bahnhofs Brandenburger Tor – unweit der Abschlussveranstaltung des CSD – von zwei Unbekannten schwulenfeindlich beleidigt. Im Anschluss schlugen die beiden Täter auf die Männer ein, bevor sie flüchteten.
Er hoffe, dass die Täter durch die Bilder der Videoüberwachung am U-Bahnhof identifiziert und dann strafrechtlich belangt werden könnten, schreibt Pantisano auf Facebook. Er kritisiert jedoch auch die Polizei: „Wie kann es sein, dass gerade am Veranstaltungsort der Abschlusskundgebung des Berliner CSD keine Polizeikräfte auf dem Bahnsteig waren?“ Gerade der Nachhauseweg hätte besonders geschützt werden müssen, das habe er mehrfach mit der Polizei besprochen. „Das werden wir in Gesprächen nacharbeiten müssen, denn dieser Angriff hätte gerade an diesem Tag, gerade an diesem Ort und um diese Uhrzeit verhindert werden können, verhindert werden müssen“, so Pantisano.
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