
© dpa/Soeren Stache
Antragsstopp für Schulen: Erste Berliner Bezirke haben Budget für Klassenfahrten schon jetzt überschritten
Wegen der neuen Etatzwänge könnten an einigen Berliner Schulen zwei Drittel der bisherigen Klassenreisen entfallen. Schulleiter sprechen von „Knechtung“ durch die starre Handhabung.
Stand:
Die Kürzungen im Budget für Klassenfahrten in Berlin sind noch gravierender als befürchtet. In etlichen Schulen kann nur noch ein Drittel der bisherigen Reisen stattfinden, wenn keine alternativen Finanzierungen gefunden werden, teilten mehrere Schulen dem Tagesspiegel am Sonntag mit. Schulleitungsverbände fordern daher statt der „Knechtung“ durch die starre Landeshaushaltsordnung mehr Flexibilität beim Einsatz der schulinternen Gelder.
Besonders gravierend sind die Einschnitte bei Schulen mit vielen Austauschprogrammen und Partnerschulen im Ausland. So rechnet der Leiter der Friedensburg-Sekundarschule in Charlottenburg, einer Europaschule für Spanisch, nur noch mit weniger als 10.000 Euro für die Reisekosten der Lehrkräfte. Bisher hat er etwa 20.000 Euro ausgegeben. Ein Lichtenberger Schulleiter weiß schon jetzt, dass er nur 7000 von bisher benötigten 22.000 Euro zur Verfügung haben wird.
Lichtenberg gehört zu den Bezirken, die schon jetzt mehr Geld für Klassenfahrten in 2025 genehmigt haben, als ihnen insgesamt zur Verfügung steht, wie der Sprecher der Gymnasien, Arnd Niedermöller, dem Tagesspiegel am Freitag berichtet hatte. Er hatte das erfahren, weil er selbst mit seinem Kant-Gymnasium in Lichtenberg zu den Betroffenen zählt. Mit anderen Worten: Dort kann schon jetzt keine einzige Klassenfahrt mehr beantragt werden.
Wie berichtet, appellierte Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU) daher an die Schulen, die schon viele Genehmigungen erhalten haben, freiwillig zu stornieren, sofern dies kostenlos möglich sei.
Schulleiter: „Mikrosteuerung“ muss Ende haben
Auch für Steglitz-Zehlendorf steht inzwischen fest, dass bereits ein Drittel mehr ausgegeben wurde als im Budget vorhanden. Damit ist die Lage vergleichbar mit Lichtenberg, wie ein Zehlendorfer Schulleiter am Sonntag bestätigte. Er will nun versuchen, die Lücken über seinen Förderverein zu füllen.
Vermutet wird, dass es etliche weitere Bezirke gibt, die in der gleichen Lage sind. Insbesondere im West-Teil wurden nach dem Krieg besonders viele Partnerschaften mit den Alliierten entwickelt, sodass viele Schulen jahrzehntelang gewachsene enge Verbindungen nach Großbritannien, Frankreich und in die USA pflegen. Diese Austausche führen zu hohen Lehrerreisekosten, weil sie bis zu drei Wochen dauern. Insbesondere in bürgerlichen Bezirken hat das zu hohen Budgets geführt.
Am Montag bekommen die Schulen Bescheid
Welche Bezirke und Schulen schon jetzt keine neuen Reisen beantragen können, wird am Montag feststehen, wenn die Budgets bekanntgegeben werden. Der Co-Vorsitzende der Leitungen von Berliner Grundschulen, Stefan Witzke, mahnte am Sonntag, es müsse aufhören, dass die Schulen durch enge Haushaltsvorschriften „geknechtet“ würden.
Dazu muss man wissen, dass die Schulen über relativ große Budgets für den Vertretungsunterricht verfügen und auch über den vierstelligen sogenannten Verfügungsfond. Viele Schulen wären ihre Probleme mit den Klassenfahrten schlagartig los, wenn sie diese Töpfe eigenverantwortlich so einsetzen könnten, wie sie es für richtig halten.
Geldnot mangels Eignverantwortung
„Die Haushälter wollen das nicht“, ärgert sich auch Niedermöller. Dabei sei das möglich, wenn sie die sogenannte Deckungsfähigkeit herstellen würden, was bedeutet, dass die Gelder aus einem Topf in den anderen Topf verschoben werden könnten. „Das wäre der Hebel“, ist Niedermöller sicher. Er kündigte an, dass die Berliner Schulleitungen in diesem Sinne Änderungen fordern werden.
Wie berichtet, soll das Gesamtbudget für Klassenfahrten wegen der Haushaltsmisere im kommenden Jahr bei 1,4 Millionen Euro eingefroren werden, obwohl in 2023 für rund 2,4 Millionen Euro Dienstreisekosten für Lehrkräfte anfielen. Das bedeutet, dass die Schulaufsichten in den Bezirken ab sofort keine Reisen mehr genehmigen dürfen, wenn das Budget schon verbraucht ist. Denn anders als in den Vorjahren darf aus anderen berlinweiten Budgets nicht mehr nachgeschoben werden.
Umso wichtiger sei es, dass Schulen eigenverantwortlich über ihre eigenen Budgets verfügen können, fordern die Schulleitungen. Die „eigenverantwortliche Schule“ wird in Berlin seit 25 Jahren propagiert, scheitert aber immer wieder an Senatsvorgaben. Die „Mikrosteuerung“ müsse nun endlich ein Ende haben, fordert Witzke. „Bis in den kleinsten Untertitel“ reichten die Vorschriften. Schulen könnten „kaum frei agieren“.
- CDU
- Charlottenburg-Wilmersdorf
- Friedrichshain-Kreuzberg
- hier im Tagesspiegel
- Lichtenberg
- Marzahn-Hellersdorf
- Reinickendorf
- Schule
- Steglitz-Zehlendorf
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid:
- false