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Milliardenkredit für den Umbau der Fernwärme: Preise für die Kunden bleiben trotzdem stabil
Das Berliner Fernwärmenetz soll größer werden und vor allem klimaneutral. Dafür sind bis 2030 Investitionen von 3,3 Milliarden Euro vorgesehen. Der Aufsichtsrat gab jetzt grünes Licht für den ersten Milliardenkredit.
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Die Schlote des Heizkraftwerks Mitte rauchen nicht, das heißt aber nicht, dass die Produktion von Fernwärme und Strom schon eingestellt worden wäre. Eine der beiden Gasturbinen ist in Betrieb, versichert Schichtleiter Dennis Müller. Die Heizperiode ist noch nicht vorbei. Das Heizkraftwerk versorgt zusammen mit dem kleineren Kraftwerk Scharnhorststraße rund 100.000 Haushalte mit Fernwärme.
Die Berliner Winter werden tendenziell wärmer, das schlägt sich auch in der Bilanz des landeseigenen Fernwärme-Produzenten Berliner Energie und Wärme (BEW) nieder, die am Mittwochnachmittag im Besucherzentrum des Heizkraftwerks in der Köpenicker Straße vorgestellt wurde. Es war die erste Bilanz nach der Übernahme der Fernwärme vom Energiekonzern Vattenfall.
Der Fernwärme-Absatz sank 2024 trotz eines steten Wachstums an angeschlossenen Haushalten und Betrieben um 1,4 Prozent auf 8041 Gigawattstunden. 2023 waren es noch 100 Gigawattstunden mehr.
Weil die Fernwärme-Preise wegen geringerer Beschaffungskosten für Erdgas und Kohle gesunken waren, verzeichnete die BEW fast neun Prozent weniger Einnahmen aus der Wärmeproduktion. Gleichzeitig fielen die Strompreise an den Börsen, was die Erlöse um acht Prozent schmälerte. Die Umsatzerlöse sanken insgesamt um rund 200 Millionen Euro auf 1,9 Milliarden Euro.

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Trotz dieser Rückgänge lief das vergangene Jahr eigentlich besser als 2023. Die BEW erreichte ein Ebitda, also ein Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen, von 230 Millionen Euro – rund 25 Millionen mehr als im letzten Jahr im Verbund des Vattenfall-Konzerns.
Allerdings gab es erhebliche Sonderbelastungen durch das gescheiterte Bauprojekt einer neuen Fernwärme-Leitwarte in Marzahn und die einmalige Grunderwerbssteuer, die bei der Übernahme durch das Land anfiel – beides zusammen summiert sich auf 102 Millionen Euro.
Unterm Strich blieb ein magerer Gewinn von 15,8 Millionen Euro, 49 Millionen weniger als 2023. BEW-Geschäftsführer Christian Feuerherd erklärte dennoch: „Wir haben unsere Ziele erreicht.“
Eines der Ziele war, das Unternehmen bei laufendem Betrieb möglichst erschütterungsarm aus dem Vattenfall-Konzern herauszulösen – Carve-Out heißt das in der Führungsetage. Bei der Rechnungslegung beispielsweise sei es zu Verzögerungen gekommen, sagte Feuerherd, das habe man inzwischen aufgearbeitet. Personalwesen und IT-Abteilung mussten neu aufgebaut werden, insgesamt 384 Mitarbeiter wurden seit Mai 2024 eingestellt.
Kredit über 1,1 Milliarden Euro
„Ein krasses Jahr“, sagte Wirtschaftssenatorin und BEW-Aufsichtsratsvorsitzende Franziska Giffey (SPD), dennoch sei eine „solide und erfolgreiche Bilanz“ erzielt worden. Wichtigste Entscheidung war, für die anstehenden Neubauprojekte von Gas-Kraftwerken, Abwärmenutzung und Wärmepumpen einen kurzfristigen Kredit über 1,1 Milliarden Euro zu organisieren. Der Aufsichtsrat gab dafür am Dienstag grünes Licht. Die Summe macht ein Drittel der gesamten Investitionsplanung bis 2030 aus.
Um diesen Milliarden-Kredit zu finanzieren, seien keine weiteren Finanzspritzen des Landes nötig, sagte Giffey. Die BEW sei mit einer Eigenkapitalquote von 53 Prozent derzeit gut ausgestattet.
Neben der Dekarbonisierung der Fernwärme-Produktion kostet auch der Ausbau des Verteilernetzes eine Menge Geld. 2024 seien 27.000 Wohneinheiten zusätzlich ans Fernwärmenetz angeschlossen worden, sagte Feuerherd. Bis 2030 wolle man das Ausbautempo verdoppeln.

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Bislang seien vor allem einzelne Neubauten neu angeschlossen worden, das sei aber relativ ineffizient. Künftig sollen geeignete Bestandsquartiere identifiziert und dann möglichst in einem Zug angeschlossen werden. Fernwärme sei weiterhin sehr gefragt, weil es sich für die Eigentümer von Mehrfamilienhäusern letztlich rechne.
Fernwärme ist ein wichtiger Standortfaktor bei der Ansiedlung von Unternehmen.
Franziska Giffey (SPD), Senatorin für Wirtschaft, Energie und Betriebe
Auch Unternehmen, die sich in Berlin ansiedeln wollen, fragten als erstes, wo sie mit einem Anschluss ans Fernwärmenetz rechnen könnten, erklärte Giffey. „Das ist ein wichtiger Standortfaktor bei der Ansiedlung.“
Die Preise für die Fernwärme sollen in diesem Jahr stabil bleiben, versicherte Feuerherd, dafür habe man schon im vergangenen Jahr Vorsorge getroffen durch frühzeitige Lieferverträge für Brennstoffe zu festen Preisen. Ziel sei, das auch 2026 zu schaffen, aber mittelfristig müssten die Kunden mit „moderat ansteigenden Preisen“ bei der Fernwärme rechnen.
Die BEW rechnet für dieses Jahr wegen gestiegener Personalkosten – inzwischen sind 2178 Mitarbeiter beschäftigt – und höheren Zinsausgaben mit einem „leicht negativen Jahresergebnis“. Um Effizienz- und Einsparpotenziale zu identifizieren, wurde bereits ein „Performance Programm“ aufgesetzt.
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