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Ein Schild der Verbraucherzentrale in der Ordensmeisterstraße Berlin-Tempelhof.

© IMAGO/O.Behrendt

Folge der Berliner Sparpolitik: Verbraucherzentrale beendet Projekte rund um Energiesparen und Schulessen

Wegen der jüngsten Kürzungen im Berliner Landeshaushalt muss auch die Verbraucherzentrale Berlin ihre Arbeit einschränken. Auch ein erst vor wenigen Tagen auf der Grünen Woche vorgestelltes Projekt steht vor dem Aus.

Stand:

Die Verbraucherzentrale Berlin sieht sich im Zuge des aktuellen Sparkurses des schwarz-roten Senats mit erheblichen finanziellen Kürzungen konfrontiert. Wie aus der Antwort der Senatsverwaltung für Verbraucherschutz auf eine Anfrage der Grünen-Abgeordneten Tonka Wojahn hervorgeht (PDF-Download hier), hat der Senat seine direkte Förderung für das Jahr 2025 um rund 18,5 Prozent auf 2 Millionen Euro reduziert. Hinzu kommen Kürzungen bei speziellen Beratungsprojekten. Für zwei davon wurde die Finanzierung komplett gestrichen.

Keine Schulungen mehr für Schulkantinenpersonal

Wie aus der Antwort der Senatsverwaltung hervorgeht, werden die Mittel für die Projekte „Energiebudget“ (mit 108.000 Euro angesetzt) und „Sensibilisierung der Ausgabekräfte zum Thema Nachhaltigkeit beim Schulessen“ (281.000 Euro) vollständig gestrichen. Dies hat deren Einstellung zur Folge. Weitere Projekte, wie die „Energieschuldenberatung“ und „Zielgruppenspezifische Aufklärungsmaßnahmen zur Förderung des Bewusstseins über die Zusammenhänge zwischen Ernährung und Klima“, sind ebenfalls von Kürzungen betroffen.

Auch die Finanzierung des Projekts „Energieschuldenberatung in der Energiekrise am neuen Standort Ost“ wurde um 8,3 Prozent auf gut 110.000 Euro gekürzt. Der geplante Ausbau dieser Außenstelle in Lichtenberg ist nun größtenteils gestrichen und könne nicht kompensiert werden, teilte der Verein mit.

Inwieweit die Streichungen den gesamten Etat der Verbraucherzentrale unterm Strich belasten, könne man „derzeit nicht wirklich beantworten, da auch Einnahmen schwanken, andere Projekte enden beziehungsweise dazukommen“, sagte Vereins-Sprecherin Grit Kittelmann dem Tagesspiegel am Freitag. Zudem lägen noch nicht in vollem Umfang Zuwendungsbescheide vor. Auch der exakte Umfang des Ausgleichs von Tarifsteigerungen sei unklar.

Kurzfristigkeit „sehr herausfordernd“

Auch seien die Folgen für Mitarbeiter und Öffnungszeiten „aufgrund der Kurzfristigkeit der Kürzungen“ noch nicht absehbar, sagte Kittelmann. Auslaufende Verträge würden nicht verlängert. Man arbeite daran, die weiteren Konsequenzen so klein wie möglich zu halten. Kündigungen wolle man vermeiden. „Die Kombination aus Widerrufen schon erteilter Zuwendungsbescheide in Kombination mit den Kürzungen der institutionellen Förderung macht die Situation aber gerade sehr herausfordernd“, sagte Kittelmann.

Felor Badenberg (CDU), Senatorin für Justiz und Verbraucherschutz, hier zwischen Herren aus Politik und Verbänden, präsentierte auf der Grünen Woche ein Programm, das nun auf der Kippe steht.

© imago/Rüdiger Wölk/imago/Rüdiger Wölk

Die Sprecherin machte darauf aufmerksam, dass auch Teile im Projekt „Berlin is(s)t klimafreundlich“ gefährdet seien. Darin geht es auch um die weitere Aufstellung von Kiez-Kühlschränken, in denen Lebensmittel kostenlos zur Verfügung gestellt werden können. Verbraucherschutzsenatorin Felor Badenberg (CDU), die die Streichliste zu verantworten hat, hatte dieses Programm erst vor wenigen Tagen auf der Grünen Woche vorgestellt.

Senat ist nicht der einzige Geldgeber

Die Verbraucherzentrale Berlin war vor mehr als 70 Jahren in Kreuzberg gegründet worden als Verein „Neue Hauswirtschaft“. Seine Mitglieder sind 13 verbraucherorientierte Verbände und mehr als 50 Einzelpersonen. In der Geschäftsstelle in Tempelhof und den Außenstellen in Lichtenberg und Pankow bietet sie ein unabhängiges Beratungs- und Informationsangebot zu Themen wie Verbraucher- und Telekommunikationsrecht, Finanzdienstleistungen, Energie und Ernährung.

Der Verein ist nicht ausschließlich finanziell abhängig vom Senat, aber maßgeblich. Förderungen erhält er auch vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz oder dem Landwirtschafts- und Ernährungsministerium. In kleinem Umfang finanziert sich der Verein zudem über Spenden, Honorare für Beratungen und Vorträge seiner Expertinnen und Experten.

Insgesamt verbuchte die Verbraucherzentrale Berlin 2023 – jüngere Zahlen liegen noch nicht vor – Einnahmen in Höhe von knapp 4,5 Millionen Euro, mehr als 70 Prozent der Summe (3,3 Millionen Euro) wendet sie für ihre rund 60 Mitarbeitenden auf.

Grüne Politikerin sieht demokratiefördernde Rolle gefährdet

In Anbetracht der gestiegenen Energiepreise seien die Kürzungen bei der Verbraucherzentrale „ein falsches Signal“, schrieb Tonka Wojahn, die verbraucherschutzpolitische Sprecherin der Grünen im Abgeordnetenhaus, dem Tagesspiegel. Mit den Konsequenzen der Rücknahme von bereits rechtswirksamen Zuwendungsbescheiden – wie etwa abgeschlossenen Arbeitsverträgen – werde die Verbraucherzentrale alleingelassen. Ebenso mit dem Ausgleich für die geplanten Tariferhöhungen im laufenden Jahr in Höhe von rund 100.000 Euro.

Politisch seien sich alle demokratischen Parteien im zuständigen Ausschuss über die besondere Bedeutung der Verbraucherzentrale e.V. einig gewesen, meint die Abgeordnete. „Nicht nur ihre vielfältige Aufklärungs- und Beratungstätigkeit ist unverzichtbar, sondern auch ihre demokratiefördernde Rolle zum Schutz der Verbraucher:innen.“ Geholfen habe das nicht: Mit Kürzungen von mehr als 20 Prozent müsse der Verbraucherschutz in Berlin „drastische Einschränkungen“ hinnehmen, kritisierte Wojahn. 

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