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Staatliches Gesundheitswesen: Wie Lauterbach von Köln aus das Robert-Koch-Institut in Berlin beunruhigt
Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung heißt nun „Bundesinstitut für Öffentliche Gesundheit“ – im RKI sehen sich einige bedroht. Derweil geht es vielen Gesundheitsämtern besser.
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Als Karl Lauterbach (SPD) am Donnerstag in Köln in einem vielleicht letzten Akt als Gesundheitsminister das Bundesinstitut für öffentliche Gesundheit (BIÖG) gründen ließ, hat das im fernen Berlin viele Fachleute empört. Insbesondere im bundeseigenen Robert-Koch-Institut (RKI) mögen sie den Lauterbach-Erlass nicht, wobei sich hinter dem BIÖG zunächst bloß die umbenannte Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) verbirgt.
Es gehe nicht nur darum, dass der Erlass „ungeniert so kurz vor der Wahl“ durchgezogen werde, wie ein Berliner Topmediziner sagte. Vielmehr sorge man sich, dass das RKI gedrängt werde, de facto mit dem BIÖG zu verwachsen. Eigentlich wollte Lauterbach das RKI aufteilen, bedeutende Sektoren sollten im BIÖG aufgehen. Das verhinderten die erboste Fachwelt, die christdemokratische Opposition und in der Ampel-Regierung wohl auch die FDP.
Nun unterzeichneten RKI-Präsident Lars Schaade und der kommissarische Leiter der BZgA, Johannes Nießen, eine Kooperationsvereinbarung. Sie sieht ein „Steuerungsgremium Öffentliche Gesundheit“ aus beiden Präsidien vor, das Forschungsschwerpunkte setzen soll. Beide Häuser sollten die „Gesundheitskommunikation“ vorantreiben. Im RKI – mit 1500 Beschäftigten ein erheblicher Arbeitgeber – fühlen sich viele von Lauterbach „wieder überrumpelt“, wie es jemand ausdrückt, dessen Fachpapiere mitunter das Ministerium erreichen.
Lauterbach machte kurz vor der Wahl viel Druck
Die CDU kritisierte den aktuellen Minister-Erlass vor einigen Tagen insbesondere mit Blick auf die Bundestagswahl, nach der Lauterbach dem Kabinett wohl nicht mehr angehören wird: Am Parlament vorbei versuche der SPD-Mann „auf den letzten Metern“ noch Tatsachen zu schaffen, die seine Regierung offenbar überforderten.
Das RKI hatte in der Pandemie an Bedeutung gewonnen, auch wenn dem Bundesinstitut vielfach „Trägheit“ und „Willfährigkeit“ vorgeworfen wurde. Und nicht nur das RKI, das in der Nähe des Weddinger Virchow-Klinikums der Charité seinen Sitz hat, rückte in der Coronakrise in den Fokus der Politik: Auch die Gesundheitsämter waren vor der Pandemie politisch vernachlässigt worden und öffentlich unbeachtet. Die Kommunen – in Berlin entsprechen dem vage die Bezirke – hatten die Ämter vielerorts ausdünnen lassen.
Bei allen Mängeln aber, über die zu sprechen sein wird, hat sich seit der Coronakrise einiges getan. Von den fast 2100 Planstellen in Berlins Gesundheitsämtern waren zuletzt 1750 besetzt. In den ersten Wellen der Coronakrise fehlten immerhin noch 500 Fachkräfte. Nun konnten Stellen besetzt werden, die über Jahre vakant waren.
In Ämtern verdienen Ärzte weniger als in Kliniken
Zudem statteten einige Bezirke ihre Gesundheitsämter mit moderneren Bauten und besserer Technik aus. Das ist für die Personallage erheblich, als ein Argument in der Fachkräftesuche fast unverzichtbar. Mediziner, IT-Techniker und Biologen können sich ihre Jobs aussuchen, Arbeitgeber werben um sie. Der öffentliche Dienst aber zahlt weniger als Kliniken, Pharmafirmen und IT-Konzerne.
Die Tarife in den Ämtern werden auf Bundesebene von Politik und Gewerkschaften ausgehandelt – für akademische Fachkräfte sind sie vergleichsweise niedrig. So erhalten Mediziner in den Ämtern mindestens 1000 Euro weniger im Monat als ranggleiche Kollegen in den Krankenhäusern.
In Berlin versuchten die Gesundheitsstadträte, die vor allem mit dem rot-grün-roten Vorgänger-Senat oft aneinandergerieten, zuletzt eigene Akzente zu setzen. So sorgte Lichtenberg dafür, dass sein Gesundheitsamt aus einem maroden Gebäude in Friedrichsfelde in ein besseres Haus am zentraleren U-Bahnhof Magdalenenstraße umsiedeln werde. Im Januar 2026 soll der Umzug starten.
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