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Von 25,2 auf 15,5 Prozent: Die FDP-Hochburg in Berlin-Dahlem ist gefallen
Der Dahlemer Stimmbezirk 606 war für die FDP ein sicherer Hafen: 2021 wählte hier noch jeder Vierte die Liberalen. Doch jetzt hat Lindners Partei von ihren Wählern einen Denkzettel bekommen.
Stand:
Ein Verlust von 9,7 Prozent – im Ortsteil Dahlem im Berliner Südwesten verlor die FDP bei der vorgezogenen Bundestagswahl massiv die Unterstützung der Wählerinnen und Wähler.
Im Stimmbezirk 606 erreichten die Liberalen zwar immer noch außergewöhnliche 15,5 Prozent der Stimmen. Doch vor vier Jahren standen an gleicher Stelle stattliche 25,2 Prozent auf der Ergebnisliste. Die Hochburg der Liberalen hat nicht gebröckelt, sie ist um einige Stockwerke eingefallen.
Dabei spricht die Umgebung für eine große Wahl-Klientel der FDP. Um das Wahllokal in der Erich-Kästner-Grundschule stehen am Wahlsonntag Luxusautos der Marken Mercedes, BMW und Tesla am Straßenrand. Hier ragen keine Geschossbauten für Mieter in den Himmel, hier ist das vorherrschende Wohn-Modell die Villa oder zumindest das Eigenheim mit Garten.
Dahlem ist geprägt von der Freien Universität, von Bildungsbürgertum und Wohlstand. Doch im Oxford Berlins hat sich etwas verändert – weg von der FDP.
„Ich glaube, dass die FDP einen Ausgleich in die Regierung bringt“, sagt eine Wählerin, sie sei „knapp 60“, nach der Stimmenabgabe am Sonntag dem Tagesspiegel. Ja, sie habe für die FDP gestimmt. Denn die Partei stehe für Ausgewogenheit, das sei in Zeiten von „Rechts- wie Linksruck“ wichtig. Sie wandte sich ab und eilte zum Ausgang der Schule.
Ich will meine Stimme doch nicht verschenken.
Annika Brunner
Bei Wählerin Annika Brunner hatte die FDP bei dieser Wahl keine Chancen: „Ich will meine Stimme doch nicht verschenken“, sagt die Dahlemerin. Sie sei auf Nummer sicher gegangen und habe „den Stärksten gewählt, Sie wissen schon, wen ich meine“. Die Angst, dass es die FDP nicht in den Bundestag schaffen könnte, hatte auch Dahlem erreicht.

© Boris Buchholz
Doch daran, dass die FDP scheitern könnte, wollte eine 50-jährige Wählerin nicht glauben. Sie habe ihr Kreuz bei den Liberalen gemacht, „weil ich die stärken möchte, ich lasse mir nicht erzählen, dass sie die Fünf-Prozent-Hürde nicht schaffen“.
Die Politik der FDP, das Wahlprogramm, spreche sie am meisten an. Meist schaue sie auch nach den Personen. „Scholz hat mich in den letzten Jahren nicht überzeugt.“
Elmar, seinen Nachnamen wollte er nicht nennen, hat wohl noch nie für die FDP gestimmt. „Ich habe die AfD gewählt, mit Ausrufezeichen!“ Er sei selbständig, er schaffe Arbeitsplätze, er habe zwei Kinder und sei sehr konservativ. Von elf Gesprächspartnerinnen und Gesprächspartnern aus dem Stimmbezirk 606 gaben zwei an, die FDP gewählt zu haben.
Beim Blick auf die Wahlergebnisse wird klar, wohin die einstigen FDP-Wähler gewandert sind. Die CDU steigert im Dahlemer Stimmbezirk ihr Ergebnis überdurchschnittlich stark um 7,8 Prozent: Bei 44,2 Prozent blieb der Balken stehen. Und auch die AfD dürfte sich über Ex-Liberale gefreut haben; sie kam auf 10,6 Prozent, ein Plus von 4,5 Punkten.
Vielleicht haben in Dahlem auch die Grünen von der liberalen Schwäche profitiert. Denn es fällt auf, dass Bündnis 90/Die Grünen zwar nichts gewonnen, dafür jedoch gleich stark geblieben sind. Sie machten eine Punktlandung und kamen fast wieder auf ihr Ergebnis von vor vier Jahren: 14,4 Prozent (minus 0,1 Prozent).
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