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Satirischer Protest: Myass-Demo im Grunewald.

© IMAGO/A. Friedrichs/IMAGO/Andreas Friedrichs

Revolution tot, Kapitalismus siegt, es lebe die Party: Der 1. Mai wird in Berlin ruhiger – und das ist gut so

Kaum Festnahmen, wenig Krawalle, viel Party: Geradezu herzlich verliefen die Demonstrationen am Tag der Arbeit. Ein Kommentar über die neue Normalität des Berliner Arbeitskampfs.

Alexander Fröhlich
Ein Kommentar von Alexander Fröhlich

Stand:

War was? Schönes Wetter, die Stadt auf den Beinen, Party – also alles wie immer in Berlin, wenn Feiertag ist. Was sich seit Jahren abgezeichnet hat, ist nun gewiss: Der 1. Mai in der Hauptstadt ohne Krawall und Gewalt ist das neue Normal. Und das ist gut so.

Die traditionelle Demonstration des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) schrumpft weiter. Der Protest gegen Sparpolitik des Senats lockt offenbar auch immer weniger.

Dann die Spaßdemo gegen Reiche im Grunewald, ein überfüllter Görlitzer Park, wie gegen die Zaunpläne getanzt wurde, überhaupt volle Parks, 40.000 Menschen auf den Wiesen, Raves, Tanz, Glücksrausch im Sonnenlicht und angenehm warme Temperaturen. Und nichts ist passiert.

Teilnehmer der Satirische Demonstration «Grunewald Space Agency» stehen auf dem Johannaplatz.

© dpa/Jörg Carstensen

Sogar der Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU) sagte sein abendliches Statement vor der Presse ab – mangels Vorfällen. Wie banal alles war, zeigt schon, was als Schlagzeile herhalten musste: RAF-Oma Daniela Klette, die jahrzehntelang unerkannt in Berlin untergetaucht war, ließ aus dem Gefängnis solidarische Grüße übermitteln. Und zwei, drei von insgesamt 6500 Käsepaketen für die Versorgung der 5800 Polizisten mit Mindesthaltbarkeit bis Mitte Juli schimmelten schon.

Das ist die neue Ereignislosigkeit Berlins. Und sie hat offenbar vielen Menschen Spaß gemacht. Friede, Freude, Eierkuchen wie einst in den jungen Jahren der Love Parade – nicht mehr und nicht weniger.

1. Mai, Tag der Arbeit, Menschenmenge im Görlitzer Park

© IMAGO/Jürgen Held/IMAGO/Jürgen Held

Schließlich die revolutionäre Demo am Abend. Immerhin 22.000 Menschen kamen. Aber auch hier blieb es weitgehend friedlich, es gab nur ein paar Rangeleien. Die Polizei hielt sich weitgehend zurück und setzte auf Altbewährtes, nämlich Deeskalation. Versammlungsfreiheit vorbildlich genutzt, geschützt von der Polizei. Schön, wenn immer mehr Menschen merken, dass es auch so geht.

Die Polizei hatte aber alles im Griff und im Blick. Denn wer glaubte, aus der Masse heraus Gegenstände auf Polizisten zu werfen oder volksverhetzende Parolen zu rufen, wurde am Ende eines besseres belehrt. Denn erst dann griff die Polizei zu. Etwa 70 Festnahmen waren es nach der Demo.

Auch Israelhasser mischten bei der Demo der Linksextremisten mit. Doch die offensichtlich kognitive Dissonanz bei einigen, die den Kampf der islamistischen Terrororganisation Hamas gegen Israel queer-feministische verbrämen, obgleich die Hamas queere Menschen einfach liquidiert, hält Berlin auch noch aus.

Aber solange die Feier läuft, kann offenbar nichts mehr schiefgehen in Berlin. Die Revolution ist tot, Kapitalismus und Demokratie haben gesiegt, es lebe die Party!

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