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Düzen Tekkals Vision für Berlin 2030: „Die Stadt wird zum Hotspot für Talente aus aller Welt“
Glasfaserausbau, kleinere Schulklassen, interkulturelle Begegnungsstätten – das könnte schon in wenigen Jahren Realität sein. Ob das gelingt, hängt davon ab, wie mutig wir heute agieren.
Früher war Berlin arm, aber sexy. Man machte das Beste aus der dauerhaften Unterfinanzierung. Vieles war trotz klammer Kassen möglich, die Nischen blühten. Das sprach sich herum in der Welt und zog Start-ups ebenso an wie eine junge, künstlerische Bohème. Die Stadt bestach durch ihren wilden Charme. Davon ist nicht mehr viel geblieben. Bei Kunst und Kultur wurde der Rotstift angesetzt.
Die Schulen sind überbelegt und marode. Haushaltslöcher, Verwaltungschaos und Dysfunktionalität sorgen für Ächzen und Stöhnen in der Stadtgesellschaft. Hinzu kommen die hohen Mieten. Viele fragen sich: Ist Berlin noch lebenswert – auch für Familien? Von Innovationsgeist und Aufbruchstimmung ist nichts mehr zu spüren.
Doch anstatt uns mit dem Status quo zufriedenzugeben, müssen wir mutig nach vorne gehen! Vertrauen wird dadurch geschaffen, dass Dinge gelingen. Wie könnte Berlin im Jahr 2030 aussehen, wenn wir heute die richtigen Weichen stellen? Ich sehe eine Stadt, die sich auf ihre Stärken besinnt: ihre Vielfalt, Kreativität, Leidenschaft und Widerstandsfähigkeit. Eine Stadt, in der nicht nur die Basics funktionieren, sondern die floriert.
Wir müssen wieder mehr wollen! Wir brauchen eine „doing“-Mentalität! Gerade in Zeiten, in der es danach aussieht, dass Möglichkeitshorizonte schwinden. Der „Nichts-geht-mehr“-Stimmung müssen wir etwas entgegensetzen. Indem wir Menschen motivieren und in diesem Spirit vorangehen. Das sage ich auch in meiner Rolle als Sozialunternehmerin mit mehr als 80 MitarbeiterInnen in Deutschland und Irak.
Eine Stadt, in der Dinge auf Knopfdruck funktionieren
Wir müssen Digitalisierung angehen! Wenn ich mir Berlin im Jahr 2030 ausmale, sieht sie so aus: Berlin ist eine der führenden Smart Cities Europas. Verwaltungsvorgänge sind digitalisiert, effizient und bürgerfreundlich. Die Bürgerinnen und Bürger stellen Anträge und erledigen Ummeldungen und Genehmigungen innerhalb von kurzer Zeit online. Sie warten nicht wochen- oder gar monatelang auf Termine. Es gibt keine Warteschlangen vor Ämtern und Aktenberge, die den SachbearbeiterInnen die Schweißperlen auf die Stirn treiben. Intelligente Verkehrsleitsysteme verhindern Staus. Durch digitale Vernetzung greifen Bus, Bahn, Fahrrad und Carsharing nahtlos ineinander.
Der Glasfaserausbau wurde konsequent vorangetrieben, sodass alle Berlinerinnen und Berliner von einer schnellen, stabilen Internetverbindung profitieren. Schulen, Universitäten und Unternehmen nutzen digitale Plattformen für flexibles Lernen und Arbeiten. Berlin hat es geschafft, sich als europäisches Vorbild für digitale Transformation zu etablieren.
Berlins Schulen als Schulen fürs Leben
Eines der Kern-Narrative, das wir mit unserer bundesweiten Bildungsbewegung GermanDream transportieren, lautet: „Es kommt nicht darauf an, wo jemand herkommt, sondern wohin jemand möchte.“ Doch wie sollen die jungen Leute heute wissen, wo sie morgen sein wollen, wenn sie eine Welt von Widerständen vorfinden und uns der Möglichkeitssinn für das Morgen abhandenkommt?
Berlin im Jahr 2030 hat es geschafft, Schülerinnen und Schülern Werte zu vermitteln, auf die es im Leben und in einer Demokratie ankommt. Sie haben einen klaren Wertekompass und sind in der Lage, schon früh im Leben Verantwortung für sich und ihr Umfeld zu übernehmen. Respekt, Toleranz und die Fähigkeit bei jedem Einzelnen, Selbstwirksamkeit zu entwickeln, werden im Schulalltag eingeübt und trainiert. Dazu hat Berlin mehr LehrerInnen ausgebildet und damit auch die Klassen verkleinert – auch dadurch, dass es mehr Möglichkeiten für den Quereinstieg in den Lehrberuf geschaffen hat.
Der Bürokratieabbau hat dazu geführt, dass Lehrkräfte leichter an Fördermittel kommen können, mit denen sie ihren Unterricht vielfältiger gestalten können. Lehrpläne wurden flexibler ausgestaltet, um den Lehrenden mehr Freiraum zu lassen, um ihren Unterricht auf individuelle Entwicklungsschritte ihrer SchülerInnen anzupassen.
Ein Handyverbot an Berlins Schulen hat dafür gesorgt, dass sich das soziale Klima verbessert hat und Schülerinnen und Schüler sich auf das unmittelbare Schulgeschehen konzentrieren können – ohne die Technik zu verteufeln: Der verantwortungsvolle Umgang mit digitalen Medien ist fester Bestand der Lehrpläne.
Eine der größten Herausforderungen Berlins war lange Zeit der umkämpfte Wohnungsmarkt. Doch bis 2030 wurden innovative Lösungen gefunden: Der Wohnungsbau wurde angegangen – auch durch neue, nachhaltige Bauweisen wie dem Holzmodulbau. Genossenschaften, kommunale Wohnungsbaugesellschaften und gemeinwohlorientierte Projekte dominieren den Markt. Spekulation mit Wohnraum wurde durch gesetzliche Maßnahmen unterbunden.
Berlin präsentiert sich im Jahr 2030 als eine Stadt der Vielfalt, die modern und nachhaltig ist und dabei ihrer Tradition und Geschichte treu bleibt.
Zukunftsfähige Wirtschaft made in Berlin
Berlin hat sich als führender Standort für Zukunftstechnologien etabliert. Künstliche Intelligenz, Biotechnologie und nachhaltige Produktion sind die neuen Wirtschaftstreiber. Die Stadt unterstützt Start-ups und Innovationszentren durch Förderprogramme, die internationale Unternehmen dazu animieren, ihre Forschungs- und Entwicklungsabteilungen nach Berlin zu verlegen.
Universitäten und Unternehmen arbeiten Hand in Hand, sodass Berlin zum Hotspot für Talente aus aller Welt geworden ist. Gleichzeitig setzt die Stadt auf soziale Gerechtigkeit: Faire Arbeitsbedingungen, eine starke soziale Absicherung und eine hohe Lebensqualität machen Berlin zu einem attraktiven Arbeitsort – auch und vor allem für kluge Köpfe aus dem Ausland.
Kultur, Vielfalt und Lebensqualität
Berlin bleibt auch im Jahr 2030 ein vibrierender Hotspot der Kultur. Freiräume für Kunst, Musik und Subkulturen sind gesichert. Clubs, Ateliers und alternative Projekte haben Platz, weil Berlin die Bedeutung kreativer Freiräume erkannt hat und fördert.
Gleichzeitig wird die kulturelle Vielfalt Berlins noch sichtbarer: Interkulturelle Begegnungsstätten, mehrsprachige Schulen und integrative Stadtteilzentren fördern den Austausch und das Zusammenleben. Berlin bleibt eine weltoffene Stadt, die erkannt hat, dass Deutschland schon längst ein Einwanderungsland ist und Vielfalt als Stärke begreift.
Build (Berlin) back better!
Berlin im Jahr 2030 ist mehr als eine funktionierende Stadt. Sie ist ein Leuchtturm für Digitalisierung, Nachhaltigkeit, soziale Gerechtigkeit und kulturelle Vielfalt. Sie hat sich aus der Lethargie befreit und hat neue Wege gewagt. Die Grundlagen für diese Vision müssen heute gelegt werden – durch entschlossenes politisches Handeln, den Mut zur Innovation und das Vertrauen in das Können und die Kreativität der Berlinerinnen und Berliner.
Die Frage ist nicht, ob Berlin 2030 eine Weltstadt sein kann – die Frage ist, ob wir bereit sind, dieses Projekt anzugehen!
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