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Reste einer Silvesternacht: In Berlin würden das zum Jahreswechsel viele Leute lieber nicht sehen wollen.

© imago images/snapshot

Ein relativer Lockdown: Wie die Verwaltung via Twitter ein Böllerverbot für ganz Berlin verhängte

Juristensprache ist genau, aber kompliziert. Wer versucht, sie zu übersetzen, gerät schnell ins Stolpern. Dem Senat passierte das mit seiner Corona-Verordnung.

Relativsätze sind schön und schwierig zugleich. Sie helfen, präzise zu formulieren, denn sie relativieren allgemeingültige Aussagen, wie der Name schon sagt. Das mögen Juristen. Sie können Sprache aber auch kompliziert werden lassen, weil sie schnell zu verschachtelten Formulierungen führen. Das plagt das gemeine Volk.

Warum also nicht einfach drauf verzichten? Das tat die Senatsgesundheitsverwaltung, als sie am Dienstagabend Regelungen für die Feiertage twitterte - und dabei versehentlich ein Böllerverbot und ein Aufenthaltsverbot für den öffentlichen Raum in ganz Berlin zu Silvester und Neujahr verhängte. "Der Aufenthalt sowie die Verwendung von Feuerwerk und anderen pyrotechnischen Gegenständen auf öffentlichen Straßen, Plätzen und in Grünanlagen sind verboten", stand auf einem Bild, das die Verwaltung um 20.13 Uhr in die Welt setzte.

Nur leider steht das so nicht in ihrer eigenen Corona-Verordnung. Ein Relativsatz macht dort aus der großen Twitter-Botschaft eine kleine kommunikative Peinlichkeit: Verbote gibt es nur für die Orte, "die von der für Inneres zuständigen Senatsverwaltung im Einvernehmen mit der für Gesundheit zuständigen Senatsverwaltung zur Gewährleistung der Einhaltung infektionsschutzrechtlicher Vorschriften besonders ausgewiesen werden".

Das hat sich der Innensenator, SPD-Mann Andreas Geisel, keineswegs für ganz Berlin vorgenommen, auch wenn die Grünen darauf drängen, um die Kliniken nicht auch noch mit lauter Böllerverletzten zu belasten. Geplant sind lediglich zwei Verbotszonen: im nördlichen Bereich des Alexanderplatzes und Teilen der Schöneberger Pallasstraße. Also relativ wenig. Nur verkauft werden darf das Knallzeug dieses Jahr in der ganzen Stadt nicht.

Nach einem Tagesspiegel-Hinweis sah das auch die Gesundheitsverwaltung ein und löschte den Tweet am Mittwochmorgen zunächst kommentarlos, um am Nachmittag dann eine Korrektur zu veröffentlichen.

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Der kleine Fehltritt ist dem Haus von Geisels Genossin Dilek Kalayci kaum zu verübeln, denn auch die Senatskanzlei machte es nicht viel besser. Nach der Senatssitzung am Montagabend, in der die neue Verordnung beschlossen wurde, war in der dazugehörigen Pressemitteilung ebenfalls von einem Verbot "auf öffentlichen Straßen, Plätzen und in Grünanlagen" zu lesen.

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Erst danach folgte ein Satz, von dem die Leserinnen und Leser ableiten dürfen, dass kaum ganz Berlin zur Zone wird: "Die Senatsverwaltung für Inneres und Sport wird diese Orte im Einvernehmen mit der Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung ausweisen."

Auf Twitter könnte man jetzt schimpfen über die völlige Unfähigkeit der Berliner Verwaltung, die selbst nicht weiß, was sie beschließt. Und es ist ja auch ein ziemliches juristisches Dickicht gepaart mit kommunikativem Chaos, durch das sich die Bürgerinnen und Bürger kämpfen müssen. Nach unglaublich anstrengenden Monaten, auch für Politik und Verwaltung, bleibt aber vor allem die Erkenntnis: Höchste Zeit, dass Neujahr kommt. Das ist immerhin relativ bald.

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