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Gekommen um zu bleiben. Viele Eltern gingen selbst in die Kita im Bülowkiez, jetzt bringen sie ihre Kinder hierher.

© Kitty Kleist-Heinrich

Bio-Kita und Brennpunkt-Kita in Berlin: Ene, mene, muh, und raus bist du

Zwei Kitas, zwei Welten, ganz nah beieinander in Schöneberg: In der einen gibt’s Bio-Gouda und Sprachförderung, in der anderen Raufereien und Kummer. Unser Autor hat in beiden als Praktikant gearbeitet – und miterlebt, wie früh Chancen verteilt werden.

Fangen wir mit den Unterschieden an. In der einen Welt gibt es Leon, dessen Vater Kinderarzt ist. Leon wird in ein paar Wochen mit den anderen 17 Kindern aus seinem Kinderladen zur Klinik fahren. Sie werden den Krankenwagen bestaunen und den Rettungshubschrauber, der Vater wird erzählen, wie er mit dem Hubschrauber losfliegt, um kranke Kinder zu retten. Die Kinder werden alles untersuchen und eine Frage nach der anderen stellen, danach werden sie vielleicht sagen: Wenn ich groß bin, werde ich Arzt, wie der Papa von Leon. Wie Kinder eben so sind. Leon wird wahnsinnig stolz sein auf seinen Vater. Auch die anderen Väter und Mütter haben tolle Berufe. Sie sind Ingenieure, Eventköche, Journalisten, Designer, Wissenschaftler, Filmproduzenten und Informatiker. Sie kommen aus West- und Ostdeutschland, aus der Türkei, Russland, Korea oder Kanada, eine bunte Truppe. Manche sind sogar Berliner.

In der anderen Welt, gleich nebenan, nur ein paar Straßen weiter, nimmt Heval meine Hand und zieht mich von den anderen Kindern weg. Heval ist sechs und kommt bald in die erste Klasse. Sie spricht Türkisch, Kurdisch und Deutsch, und nun will sie, dass ich ihr Englisch beibringe. Dabei legt sie ihre Stirn in Falten und schaut so streng, wie sie nur kann. „Los, wir setzen uns da auf die Bank“, befiehlt sie. Ich muss machen, was sie sagt. Ich, der ich hier für fünf Tage zu Besuch bin, auf Schnupperkurs in einer Brennpunkt-Kita.

Berufswunsch: Verkäuferin bei Primark

Heval inhaliert die englischen Vokabeln. Girl. Boy. Mother. Father. Children. Als mir die Wörter ausgehen, fragt sie einfach weiter. „Warum hast du weiße Barthaare? Warum ist dein einer Zahn schief? Kommst du morgen wieder?“ Ich: „Heval, was möchtest du mal werden?“ Sie überlegt, rückt ihren glitzernden Haarreif zurecht. Schaut in den Himmel. Dann weiß sie es: „Verkäuferin bei Primark.“ Das sitzt. Wie ein Schlag in den Magen. Ich möchte Heval nehmen, mit ihr die Straße runterfahren in die andere Welt, die andere Kita, sie mit zu dem Vater schicken, der Kinderarzt ist. Zum Krankenwagen, zum Rettungshubschrauber, ins Reich der Möglichkeiten.

Heval kann alles werden, was sie will, wenn sie es will. Könnte alles werden. Vielleicht. Wenn sie Glück hat. Wenn sie die Grenzen, die Perspektiven dieses Viertels hinter sich lässt. Ein Viertel, in dem ein bestandenes Abitur etwas Besonderes ist, wie mir später ein Sozialarbeiter berichten wird.

Die Brennpunkt-Kita liegt im Bülowkiez. Der Kinderladen im Akazienkiez. Zwei Schöneberger Straßenzüge, kaum 800 Meter voneinander entfernt. Das sind drei Ampeln oder zwei Busstationen oder fünf Autominuten oder acht Minuten mit dem Fahrrad. Doch es könnten auch drei Lichtjahre und zwei unterschiedliche Planeten sein.

Die Fördermöglichkeit im Kinderladen im Akazienkiez sind schier unendlich.
Die Fördermöglichkeit im Kinderladen im Akazienkiez sind schier unendlich.

© Kitty Kleist-Heinrich

In beide Welten bin ich eingetaucht. Habe zwei Praktika gemacht. Eine Woche im „Ina Kindergarten“ im Bülowkiez, 160 Kinder, 25 Erzieherinnen, zwei Köche, eine Sozialarbeiterin für das angeschlossene Familienzentrum und ein alter Hausmeister mit weißem Kittel. Danach eine Woche im „Kinderladen Trolle“ im Akazienkiez, 18 Kinder, drei Erzieherinnen, ein Freiwilliger, eine Auszubildende, eine Köchin.

Ich wollte wissen, wie es ist, Erzieher zu sein. Wie es ist, hier nicht nur schnell das eigene Kind abzugeben, sondern dazubleiben, mitzuarbeiten. Ob es wirklich so lärmig ist, wie es eine Statistik über die Arbeitsbelastung von Erziehern nahelegt. Ob ich genervt aufgebe, abschalte und die Kinder Kinder sein lasse. Ob es einen Unterschied macht, in einem kleinen Kinderladen oder in einer großen Brennpunkt-Kita zu arbeiten. Was es heißt, Vollzeit, also acht Stunden am Stück, mit allen Sinnen aufmerksam zu sein. Im Akkord Entscheidungen zu fällen, sekundenschnell abzuwägen, was gut oder schlecht, was pädagogisch wertvoll ist und was nicht. Auf neun Kinder zu achten, gleichzeitig. Wie ein Schreibtisch, auf dem neun Telefone stehen, alle klingeln, alle wollen, dass man rangeht. Neun Kinder, ein Erzieher, das ist der aktuelle Durchschnitt für Berlin.

Am liebsten wäre sie rückwärts wieder raus gegangen

Der bundesweite Erzieherstreik der letzten Wochen, der Streit um höhere Löhne, der Schiedsspruch, all das zeigt, dass dringend diskutiert und ausgelotet werden muss, was die Gesellschaft von den Erziehern will, und was sie dafür zu geben bereit ist. Hier in Berlin, zwischen Akazien- und Bülowkiez, zwischen der einen Welt und der anderen, geht es aber um viel mehr als um Anerkennung, Arbeitsbedingungen und Geld. Es geht um die Chancengleichheit von Kindern. Um die Frage, wie und ob sich diese beiden Welten, die Akademikerwelt und die Brennpunktwelt, Oben und Unten also, mit und ohne Aussicht, zusammenbringen lassen.

Frau Schmelter seufzt. Tief, aus der Brust heraus. Bülowkiez, Büro, Schreibtisch, draußen kreischen die Kinder. Frau Schmelter steht auf, schließt das Fenster, Ruhe. Nicht, dass sie Kindergekreische nicht kennt, schließlich war sie selber Erzieherin, jahrelang. Doch als Leiterin der Bülow-Kita, als Verantwortliche und Respektsperson, als Frau Schmelter eben, da steht sie noch am Anfang, vor einem halben Jahr gestartet, voller Überzeugung. „Ich wollte genau hier eingesetzt werden“, sagt sie. Obwohl ihre innere Stimme sie bei ihrem ersten Besuch warnte, obwohl sie am liebsten rückwärts wieder rausgegangen wäre. Heute möchte sie nicht mehr woanders arbeiten.

Soziale Durchmischung ist fast unmöglich

Eine neue Leitung, das war auch dringend nötig. Es krachte im Team, Stichwort Arbeitsbedingungen, Stichwort Krankenstand, es gab sogar einen Ministreik, es ging um höhere Löhne. Manche der Erzieherinnen waren so angestunken, dass sie kündigen wollten. Nun soll es Frau Schmelter besser machen. Mit Tatendrang und Enthusiasmus. Sie hat die Teamsitzungen durchstrukturiert, jemanden für den Frühdienst eingestellt, es gibt jetzt eine Noterzieherin, die einspringt, wenn jemand krank wird.

Und trotzdem seufzt Frau Schmelter. Es klingt resigniert, auch wenn sie das nie zugeben würde. „Ich hatte den Traum, ja, die Illusion, dass ich eine Durchmischung hinbekommen könnte“, sagt sie. Mit Durchmischung meint sie, dass auch Eltern aus dem Akazienkiez, aus der Welt der Akademiker, ihre Kinder in der Bülow-Kita anmelden könnten. Manchmal kommen tatsächlich welche. Zur Besichtigung, und dann nie wieder. Frau Schmelter führt sie herum, stellt die Erzieherinnen vor, zeigt die Kinder. Wie sie spielen, im Kräutergarten, auf dem Spielplatz, im Atelier, im Sportraum, im Fahrradgarten. Doch während die Eltern noch nach Spanisch- oder Englisch-Angeboten fragen, hören sie die vielen anderen Sprachen: Türkisch, Kurdisch, Arabisch. Und sehen, dass es hier keine Leons, Lillis und Leandras gibt, sondern Hevals, Huseins und Habibs.

Der Kiez ist Gefängnis und Heimat zugleich

„Es ist der erste Eindruck, und der zählt. Gegen den komme ich nicht an“, sagt Frau Schmelter. Zum ersten Eindruck gehört auch die Umgebung. Bedrückende Neubaublocks, aus der Zeit gefallene Sozialbauten. Automatencasinos, Handyshops, Stehimbisse mit Bierflaschenmümmlern. Auf den Straßen Möbelskelette und alte Fernseher. Und all jene, die vom Rotlichtmilieu eine Straße weiter angezogen werden, Prostituierte, Freier, Zuhälter.

Wenn die Kita das Herz des Blocks ist, ist die Steinmetzstraße ihre Hauptschlagader. Autofrei, Jugendliche spielen Fußball, Männer hocken zusammen und trinken Tee, aus einer Eckkneipe scheppert Musik. Auf einer Steinbank stehen zwei Fotos, zwei Gesichter hinter Glas, zwischen Blumen und flackernden Kerzen. Zwei Brüder. Ein Unfall auf der Autobahn. Fünf Frauen sitzen um das kleine Mahnmal, weinen und schauen zu Boden. Die beiden haben hier gewohnt, nun sind sie in ihrem BMW verbrannt, „B.Z.“ und „Bild“ beschreiben sie als „die Unterweltkönige“ von Berlin, als „die Kriminellen“ aus der Steinmetzstraße.

Das Quartiersmanagement gibt dem Gebiet die Kategorie zwei und konstatiert einen „mittleren Interventionsbedarf“. Die Gründe: hoher Anteil von Arbeitslosen, von Menschen mit Zuwanderungserfahrung und Empfängern von Transferleistungen.

Das Leben im Bülow-Kiez bietet wenige Perspektiven.
Das Leben im Bülow-Kiez bietet wenige Perspektiven.

© Kitty Kleist-Heinrich

Einer, der diese Worthülsen übersetzen kann, ist der Sozialarbeiter vom Nachbarschaftszentrum, das gleich neben der Bülow-Kita liegt. Ein Mann, der mir zur Begrüßung lange in die Augen schaut. Der nicht gleich losredet, sondern die Ruhe sucht. Seit mehr als zehn Jahren ist Hamad Nasser schon in der Steinmetzstraße, und weil er als Sozialarbeiter Optimist sein muss, redet er von Fortschritten und Entwicklungen. Neulich haben sie den ersten Jura-Abschluss im Kiez gefeiert. Gerade hat ein junger Mann sein Abitur bestanden, in der Vätergruppe werden sie ihn ehren. Fortschritt ist, wenn immer mehr Helfer ins Zentrum kommen und mit den Kindern Hausaufgaben machen, sogar ein alter Professor ist dabei. Fortschritt ist, dass das große Casino zugemacht wurde und die Spielautomaten weniger werden, dass die Junkies mit ihren Spritzen in andere Straßen gewechselt sind.

Die Perspektiven der Bewohner enden an der Hauptstraße

Beim Thema Perspektiven versagt Nassers Zweckzuversicht. Er erklärt das Dilemma: Die Frauen, die Mütter, arbeiten bei Woolworth um die Ecke, die Jugendlichen bei Burger King, auch um die Ecke, die Männer betreiben Kioske, Spätis, Handyshops, auch um die Ecke. Manche gehen den Weg der beiden Brüder, deren Fotos in der Steinmetzstraße stehen. Andere gehen zum Amt. Das Viertel ist sich selbst genug, die Perspektiven seiner Bewohner enden an der Hauptstraße.

Viele der älteren Kiezbewohner kamen Ende der 70er, Anfang der 80er Jahre, als Flüchtlinge. Aus Afghanistan, Libanon, Palästina, aus dem Iran. Hochtraumatisiert landeten sie im Bülowkiez. Der jahrelange Kampf um Asylstatus und Arbeitserlaubnis folgte. Hinzu kamen Schwierigkeiten, sich in der hiesigen Welt zurechtzufinden. Ein Kreislauf begann, der bis heute andauert, die Bülow-Kita hängt mittendrin. Es gibt hier Eltern, die als Kinder selbst in der Bülow-Kita waren und nun ihre eigenen Kinder herbringen, zur selben Erzieherin wie vor 25 Jahren. Es ist verzwickt, der Block ist Gefängnis und Heimat zugleich. Kein guter Ort, wenn aus dem eigenen Kind einmal mehr werden soll.

Die Akademiker-Eltern wollen noch mehr Vorschule

Mitten in der anderen Welt, der Welt der Akademiker, im Kinderladen im Akazienkiez, sitzt Vanessa. Auch sie seufzt, doch ihr Seufzer ist lauter und wütender als der von Frau Schmelter. Vanessa ist 41, Erzieherin und Leiterin des Akazien-Kinderladens. Außerdem schreibt sie gerade ihre Bachelorarbeit und ist Mutter von vier Kindern. Vanessa sitzt auf einem kleinen Kinderstuhl an einem kleinen Kindertisch, mit großen Problemen in der Hand. Ausgedruckte E-Mails. Forderungen von Eltern. Erst schimpft Vanessa, dann setzt sie noch einmal an, überlegt, formuliert diplomatischer. „Wir haben hier tolle Eltern, die sich sehr engagieren. Doch einige von ihnen machen sich wirklich Sorgen, dass ihre Kinder den Anschluss nicht schaffen, dass sie hier nicht genügend auf die Schule vorbereitet werden.“ Im Klartext: Mehr Vorschule soll her, mehr Projekte, in denen die Kinder noch besser forschen und lernen, in denen sie optimaler gefördert werden.

Der erste Eindruck im Kinderladen: klein, lieb, süß. In jeder Ecke Förderung. Kinder bauen, Kinder malen oder kneten, Kinder spielen Vater, Mutter, Kind. Niemand haut, niemand schreit, niemand schubst. „Bitte“, „danke“ und „könnte ich“. Falls es doch einmal Streit gibt, haben sich die Kinder etwas überlegt. Eine gelbe Karte als Verwarnung, eine rote Karte für „spiel woanders“, eine grüne Karte für „du darfst wieder mitmachen“. An der Wand im Flur hängt der Kalenderspruch des Tages: „Die Eltern von heute haben zu viele Ideen im Kopf, was für Kinder gut und richtig ist, was man alles machen muss.“

Die Erzieherinnen sind das Tor zur Welt

Stuck und Altbau. Wer im Akazienkiez wohnt hat oft eine gute Ausbildung und einen guten Job.
Stuck und Altbau. Wer im Akazienkiez wohnt hat oft eine gute Ausbildung und einen guten Job.

© Kitty Kleist-Heinrich

Der Kinderladen, das ist eine große Erdgeschosswohnung im zweiten Hinterhaus, drei Räume, eine Küche, ein Bad, ein kleiner Garten. Draußen die Kulissen einer heilen Welt: Altbauten, mit Stuck und Statuen verziert, hinter jedem Busch ein kleiner oder großer Spielplatz, eine Buchhandlung für Spiritualität. Feinkostläden, Weinhandlungen und eine Eismanufaktur, in der die Bio-Eiskugel 1,20 Euro kostet. Ein Kiez zum Wohlfühlen, ein Kinderladen zum Liebhaben. An einer Ampel üben zwei Polizisten mit Grundschülern Verkehrszeichen-Lesen. An einer Laterne hängt ein Zettel: Nette Familie, sie Ärztin, er Psychologe, zwei Kinder, sucht Wohnung im Akazienkiez, mindestens vier Zimmer, mindestens 120 Quadratmeter, höchstens 1800 Euro warm.

800 Meter weiter, in der anderen Welt, im Bülowkiez, kostet das Wassereis aus der Plastiktüte zehn Cent. Die Kita wirkt beim ersten Durchgang groß und verworren, wie ein Labyrinth, hinter jedem Gang, nach jeder Treppe taucht eine neue Tür mit noch mehr Kindern auf. Auf manchen stehen Namen wie „Regenwald“, andere heißen nur „Gruppe vorne links“ oder „hinten rechts“.

An den Wänden hängen Ankündigungen für das Straßenfest, für einen Bücherbasar, die neue Sprachtherapeutin und eine Frühkraft stellen sich vor. Eine Unterschriftenaktion von Frau Schmelter gegen den Müll vor der Tür, ein Wochenplan vom Familienzentrum: Erziehungsberatung, Spielenachmittag, Sportgruppen, Kunsttherapie, Rechtsberatung. Zettel über Zettel, auf Deutsch, Türkisch und Arabisch.

Er kann lieb schauen - doch ständig tut er anderen weh

Ich bin in der Gruppe vorne links. „Gülay“, stellt sich die Erzieherin vor. Groß ist sie, silberne Strähnen durchziehen ihr schwarzes Haar, ihr Gesicht verrät die Anstrengungen des Lebens. Gülay kommt aus der Türkei. Seit mehr als zehn Jahren lebt sie hier. „Erzieherin ist das, was ich bin“, sagt sie, dann hat sie genug geredet, jetzt sind die Kinder dran. Sanft und ruhig dirigiert sie sie durch den Tag. Die Kleinen hängen an ihr, laufen ihr hinterher, lassen sie nicht aus den Augen. Gülay, die Beschützerin, die Bärenmama. Sie geht vor, die Kleinen tapsen hinterher.

Fernando und Husein, beide sechs Jahre alt, sind morgens die Ersten. Husein ist gedrungen und langsam, Fernando schlank und kräftig. Husein ist einer, der verschwindet. Fernando fällt auf. Seine Augen können lieb schauen, seine Gesichtszüge weich werden, knuddelig wie die eines Teddys. Wenn er Soraya, dem blinden Mädchen, Essen auftut oder ihr Wasser ins Glas füllt. Wenn er mich fragt, wo mein Vater lebt, wie ich heiße und ob ich ein Tablet habe. Ein süßer Junge. Ich habe ihn den „Nackenwürger“ getauft.

Die Erzieherinnen sind Vertrauenspersonen

Eine Mutter schaut herein, sie bringt ihre Tochter. Beide wirken erschöpft, der Mutter ist anzusehen, dass etwas nicht stimmt. Sie müsse dringend mit der Erzieherin sprechen, sagt sie. Gülay schaut in den Raum, vier Frühkinder, alles friedlich. Ein paar Minuten für die Mutter sind drin, müssen drin sein, ich bin ja auch noch da.

Notgespräche passieren häufig, berichtet Frau Schmelter, berichten auch die anderen Erzieherinnen, die für die Eltern die ersten Vertrauenspersonen sind, wenn es um Probleme geht. Sie sind das Tor zu der Welt da draußen, außerhalb des Viertels. Nicht nur Gülay, auch andere Erzieherinnen sprechen Deutsch, Kurdisch, Arabisch, können übersetzen, in die andere Sprache und damit auch in die andere Welt, sie können die Bürokratie erklären, die Anforderungen, die Ansprüche.

Der Kontakt mit den Eltern ist wichtig, auch für die Erzieherinnen selbst. Sie können nachfragen, warum das Kind so unter Spannung steht. Sie können die Tochter trösten, wenn sie erfahren, dass am Wochenende zwei Verwandte bei einem Autounfall gestorben sind. Doch Kinder, die viel Aufmerksamkeit brauchen, und Eltern, die viel Aufmerksamkeit brauchen, das summiert sich. Das Rad dreht sich, immer schneller, bis die Erzieherinnen nicht mehr können, bis die Energie alle ist.

Er lässt die Schelte über sich ergehen und düst davon

Kaum ist Gülay auf dem Gang, die Tür offen, fangen Fernando und Husein an zu streiten. Wer welche Spiele auf dem Tablet hat und noch herunterladen wird. Ob Spiderman stärker ist oder Batman. Harmlose Worte, wütende Gesichter.

Du hast doch gar kein Tablet!

Doch!

Du! Hast! Kein! Tablet!

Doch, von meinem Vater!

Plötzlich reißt Fernando die Hände hoch, legt sie Husein um den Hals, drückt zu, würgt ihn. Ich bin überfordert. Normal ist das nicht. Was soll ich machen? Gülay holen? Dauert zu lange. „Fernando“, sage ich, „lass Husein in Ruhe.“ Fernando schaut mich an, registriert einen Erwachsenen. Doch er drückt weiter zu. Husein hält still. „Fernando!“ Nachdruck in meiner Stimme. Er lässt die Hände sinken, schaut mich an, tieftraurige Augen. „Aber mein Papa hat ein Tablet, das kriege ich, wenn ich ihn sehe.“

Der Garten: langweilig. Die Spielsachen: langweilig

An jedem einzelnen Tag dieser Woche wird Fernando hauen, mit Sand werfen, andere vom Dreirad schubsen, seinen Nackenwürgegriff einsetzen, wild an der Hängematte zerren, bis die Kinder darin weinen. An jedem einzelnen Tag wird er Auszeiten bekommen. Dann sitzt Fernando neben einer Erzieherin und wartet, bis sie ihn wieder gehen lässt. Mit gleichgültigem Blick erträgt er seine Strafe, die Schelte lässt er über sich ergehen, dann düst er davon. Fernando ist ein I-Kind. Ein Integrationskind, Status A, also ein Kind mit „erhöhtem Bedarf an sozialpädagogischer Hilfe“. Eigentlich müsste er nach dem Sommer in die Schule gehen. Doch er wird zurückgestellt, er ist noch nicht so weit, er bleibt noch ein Jahr. Für die Bülow-Kita ein Problem, denn Fernando wird einfach zu groß, ist es eigentlich jetzt schon. Der Garten: langweilig. Die Spielsachen: langweilig.

„Was sollen wir machen?“, fragt Janett, die Fernando gerade wieder hat gehen lassen. „Eingreifen, ermahnen, versuchen, Mitgefühl für die anderen Kinder zu wecken. Immer wieder. Und dabei hoffen, dass etwas hängen bleibt.“ Janett ist neu in der Kita. Sie ist Erziehungshelferin, von einer Zeitarbeitsfirma, als Ersatz für eine dauerkranke Kollegin eingesprungen. Monatelang hielt das Team der „Gruppe vorne links“ zu dritt durch, bis Janett sie rettete. Und weil sie gut ankommt, darf sie bleiben, für eine berufsbegleitende Erzieherausbildung. Janett ist eine Quereinsteigerin. So kommen Leute in den Beruf, die vorher etwas anderes gemacht haben. Das Problem: Sie werden auf den Personalschlüssel angerechnet und gelten als volle Erzieher, müssen aber gleichzeitig von wirklich vollen Erziehern angeleitet werden. Das passiert nebenbei, mit der einen Hand, während die andere Hand die Kinder jongliert, die dritte Hand die Eltern übernimmt und die vierte Dokumentationen und Beobachtungen schreibt, Sprachstanderhebungen und Lerntagebücher ausfüllt.

"Die Arbeit lässt einen nicht los."

Würde Janett nach ihrer Ausbildung in der Bülow-Kita Vollzeit arbeiten, bekäme sie als Anfängerin 2125 Euro brutto, das wären 1456 Euro auf die Hand. Doch die wenigsten Erzieherinnen arbeiten Vollzeit. 30 Stunden sind die Regel, mit ein paar Jahren Berufserfahrung verdient man so etwa 1250 Euro netto im Monat.

Überall sind Kinder. Ein Sturm, ein Orkan aus Kindern. Soraya, das blinde Mädchen. Zielsicher läuft sie durch die Räume, durch den Garten. Sie weiß, wo die Stühle und Tische stehen, wo die Rutsche ist, wie weit sie laufen muss, um anzukommen. Sie weiß, wer da und was los ist. Ihr Schlüssel zur Außenwelt ist ihre durchschlagende und ausgesuchte Höflichkeit. „Könnte mir jemand bitte eine Schippe bringen?“, ruft sie aus dem Sandkasten in den tobenden Kinderorkan hinein. Zehn Sekunden später hat sie eine Schippe, bereitwillig abgegeben. Bastelt sie, lässt sie sich die Schere bringen, schneiden aber will sie alleine. Niemand darf ihr helfen. Erst wenn es fertig ist, sich anfühlt wie bei den anderen, ist sie zufrieden.

Heval, die Primark-Verkäuferin werden will, die drei Sprachen spricht und nun mit Englischvokabeln jongliert. Ranin, das Mädchen, das beißt, haut und kratzt und schon im nächsten Moment nicht mehr weiß, was passiert ist. Die Jungs, die mir an den Armen, an den Beinen hängen, mir auf die Schulter klettern, sich streiten, wer in meiner Nähe sitzen darf. Dann hocken sie da, sagen nichts, wollen nichts, nur neben mir sein. Kurz darauf reden sie alle auf mich ein, bis ich nicht mehr kann und auf die Toilette fliehe. Der Junge mit den verfaulten Zähnen, der so unbändig lacht, der andere, der schon Horrorfilme schaut, wieder einer, der auf der Playstation GTA spielt.

Die Frauen sehen müde aus

Und dann ist da Jenny. Sie ist das Auge des Orkans, die Ruhe selbst. Mit 31 Jahren ist sie eine der Jüngsten hier. Alles an ihr wirkt geradeaus. Tätowierte Augenbrauen, strenger Blick, leise Stimme. Müsste man sie mit einem Wort beschreiben, es wäre „tough“. Laut werden muss sie nicht. Bastelt sie oder macht Vorschule, wird es ruhig. Automatisch. Geht es ihr im Garten zu hoch her, schnappt sie sich ein Dutzend Kinder und geht mit ihnen auf den Fußballplatz. Langweilen sich die Mädchen, holt Jenny eine Decke und spielt mit ihnen Picknick. Mit den Großen will sie als Nächstes den Wald erkunden. Jenny ist präsent, wach, jeden Tag, jeden Moment.

Und das seit elf Jahren. Andere Kollegen sind seit 15 Jahren hier, seit 20, manche seit 25 Jahren. Egal ob Jenny genervt ist oder schlechte Laune hat, egal ob die Kollegin schon wieder krank ist, sie lässt all das draußen vor der Kita stehen. „Ich nehme das erste Kinderlächeln, das ich hier bekomme, und gehe damit durch den Tag“, sagt sie. Trotzdem sieht man ihrem Gesicht eine tiefe Müdigkeit an. Auch die anderen Erzieherinnen wirken, als hätten sie seit Jahren zu wenig geschlafen.

Auf Erzieherin Jenny hören die Kinder.
Auf Erzieherin Jenny hören die Kinder.

© Kitty Kleist-Heinrich

„Die Arbeit lässt einen nicht los“, sagt mir eine Erzieherin in einem stillen Moment. „Zu Hause packe ich sofort die Füße hoch. Für meinen eigenen Sohn habe ich kaum noch Nerven.“ Und eine andere fügt hinzu: „Wir sind einfach müde. Es ändert sich nichts, seit Generationen kommen die Kinder aus denselben Familien, mit denselben Problemen. Natürlich sinkt da die Motivation.“

Überall sind Kinder, die was wollen

Es ist ein Kreislauf. Plötzlich ist man nur zu zweit, in einer Gruppe mit 24 oder 28 Kindern, die Dritte hat Urlaub, die Vierte ist krank. Klar hält man das durch, klar schafft man das. Auf dem Reserverad. Und wird dann selber krank. Und dann hat schon wieder eine Kollegin gekündigt.

Seit fünf Tagen bin ich hier. Die Zeit rast, ständig passiert was. Langeweile? Nicht eine Sekunde. Überall sind Kinder, die was wollen. Die Fragen haben. Schau mal hier. Mach mal da. Hör mal zu. Die spielen wollen, die hungrig sind. Jedes bisschen Energie, das ich habe, muss ich hergeben.

Trotz Theaterbesuchen, Musikpädagoge, Kunsttherapeutin, trotz neuen Bewegungsbaustellen im Sportraum für 2000 Euro wird deutlich, was eine Kita im Brennpunktkiez leisten kann und was nicht. Die Erzieherinnen wirken wie ein Reparaturservice für Kinder, in deren Familien was kaputt ist. Oft reichen ihre Werkzeuge nicht aus. „Dennoch ist es gut, dass wir da sind“, sagt Jenny. „Denn ohne uns ...“ Den Rest des Satzes lässt sie in der Luft hängen.

Erzieherin Mareike hat Zeit für jedes Kind

Ortswechsel. 800 Meter die Straße rauf, in die andere Welt, den Akazien-Kinderladen. Es ist neun Uhr, Frühstück. Bio-Möhren-Gouda und Samba-Schoko-Aufstrich, 45 Euro zahlen die Eltern extra für Bio-Essen, noch einmal 25 Euro für zusätzliche Betreuungskosten. Liam, vier Jahre alt, tunkt ein Stück Brot in sein Wasserglas. Er beobachtet, wie es sich vollsaugt, holt es wieder heraus, um dann seinen Zeigefinger in die Brotwassermatsche zu bohren. Liam gluckst.

Erzieherin Mareike beobachtet den Jungen. In ihrem Gesicht arbeitet es. Sie trifft eine Entscheidung. Ausprobieren, beobachten, fühlen: Liam darf weiter bohren, weiter glucksen. Zwei Dreijährige schauen sich an und brechen immer wieder in Gekicher aus. Ein Junge küsst einen anderen Jungen auf die Wange. Einen Stuhl weiter läuft ein Reimduell: „Tschau“, ruft der eine, „Kakao“, die andere. Es wird gelacht, gequatscht, gegessen. Wenn es zu laut, zu wild wird, greift Mareike ein.

Die Welt ein bisschen besser machen

So geht es das ganze Frühstück, den ganzen Tag. Mareike beobachtet, leitet die Kinder an, entscheidet. Was ist okay, was nicht. Was fördert, was nicht. Was können die Kinder alleine schaffen, was nicht. Wann lässt man sie in Ruhe spielen, wann schlägt man etwas vor.

Für jedes Kind findet Mareike extra Zeit im Tagesablauf. Mit Fabien knetet sie den neuen Kinetic-Sand, der letzte Bastelhit, 30 Euro die Packung. Adrian gibt sie eine Steinmassage. Mit Martin probiert sie aus, was mehr wiegt: Steine, Federn, Stifte. Mit Lenny spürt sie, wie sich eine Bürste anfühlt, probiert aus, was man damit putzen kann. Mareike ist 33, hat aufgetürmte Rastalocken, trägt weite Stoffhosen und einen Anhänger um den Hals. Sanft ist ihre Stimme, ruhig sind ihre Gesten, alles, was sie macht, hat einen Sinn, jede ihrer Entscheidungen kann sie pädagogisch erklären. Erzieherin ist sie geworden, weil sie etwas verändern, die Welt ein Stück besser machen möchte, von klein auf. Wenn sie vorliest, flicht sie die Namen der Kinder in die Erzählung ein. Im Morgenkreis lässt sie „Bruder Jakob“ singen, auf Englisch, Deutsch und Französisch. Ziehen die Kinder ihre Jacken an, setzen sie sich in den Bollerwagen, fahren sie zu einem der vielen Spielplätze, dann lässt Mareike sich erklären, was Rot und Grün bei der Ampel bedeuten, lässt sich Bäume, Blumen und Blätter zeigen.

Die Eltern sind die Arbeitgeber der Erzieher

Idylle. Im Kinderladen schreit niemand. Keiner stört, keiner stänkert.
Idylle. Im Kinderladen schreit niemand. Keiner stört, keiner stänkert.

© Kitty Kleist-Heinrich

Wenn die Kinder hier mal streiten, klingt es so:

Mädchen: Mein Flugzeug.

Junge: Nein, das gehört dem Kinderladen.

Mädchen: Und ich darf das Flugzeug haben.

Junge: Ja, du darfst es haben, aber ich auch.

Mädchen: Nein, es gehört ja dem Kinderladen.

Junge: Na gut.

Jeder Quadratzentimeter des Drei-Zimmer-Kinderladens ist mit Bildung, Förderung, Möglichkeiten vollgestopft. An den Wänden hängen die Namen der Kinder in deutschen, hebräischen und kyrillischen Buchstaben. Auf Zetteln wird erklärt, wo ihre Eltern herkommen, woher die Kinder ihre Namen haben. Auf den Möbeln kleben Streifen mit Bezeichnungen: Stuhl, Tisch, Schrank.

Mich beachten die Kinder gar nicht. Niemand fragt, wie ich heiße, was ich hier mache, niemand will, dass ich mit ihm spiele. Die Kinder sind satt, sie bekommen so viel Aufmerksamkeit, dass sie keine zusätzliche brauchen. Sind zufrieden mit sich und ihrer Welt: Liebe, Betreuung, Förderung, alles da, alles im Überfluss.

Alle drehen sich um die eigene Achse

Trotzdem ist da der Seufzer vom Anfang. Von Vanessa, der Kinderladenleiterin. Über die Eltern. Mit Eltern ist es anscheinend so eine Sache. Ohne Eltern gäbe es keine Kinder und gäbe es keine Kinderläden. Eltern sind hier Vorstand, Eltern machen die Abrechnungen, Eltern sind die Arbeitgeber der Erzieher und gleichzeitig ihre Kunden. Und an diesem Punkt gibt es manchmal Probleme, gibt es Stunk. Keinen offensichtlichen Stunk, keinen, der von Angesicht zu Angesicht geklärt wird. Sondern Stunk, der in den E-Mail-Postfächern vor sich hinstinkt, wo detaillierte Pläne für die Vorschularbeit des nächsten Jahres gefordert werden, wo ungenügende Projektarbeit kritisiert wird.

Nadine muss diesen Stunk verwalten. Sie ist die Mutter von zwei Jungs und im Kinderladen als Elternvorstand tätig. Sie sitzt zwischen den Erzieherinnen und den Mails und fühlt sich zunehmend eingequetscht. Beim letzten Elternabend hat sie mit ihrem Rücktritt gedroht, sollte es nicht friedlicher werden. Sie selbst gehört zu den lockeren Vertretern in der Förderdebatte. Ihr reicht es, dass die Vierjährigen zählen können bis zum Umfallen, ihren Namen schreiben, Nummernschilder entziffern und Automarken benennen können. „Doch leider sind wir zwölf Elternplaneten, und alle drehen sich um die eigene Achse“, sagt sie.

„Klavier, Geige, Ballett, das ist sicher alles gut gemeint“

Mareike, die Erzieherin, weiß, wie das gemeint ist. Thema Vorschule: „Wir bauen alles, was die Kinder wissen müssen, in den Alltag ein“, sagt sie. „Aber sich eine Stunde hinsetzen und Schule spielen, das brauchen die Kinder nicht.“ Sie erzählt, wie einmal eine Mutter in den Kinderladen gehetzt kam. Schnell, der Kleine muss zum Geigenunterricht, Schuhe an, Jacke an. Der Vierjährige: Mama, schau mal! Doch die Mutter drängte, keine Zeit, sofort los. „Klavier, Geige, Ballett, das ist sicher alles gut gemeint“, sagt Mareike. „Aber der Junge wollte gerade zeigen, dass er zum ersten Mal seine Jacke allein auf- und zubekommen hat.“

Die ehemalige Leiterin einer einer anderen, ähnlichen Kita in Schöneberg erklärt das Dilemma so: Eltern im Akazienkiez, das seien meist Pärchen mit sehr guter Ausbildung, mit tollen Jobs, das Kinderkriegen ist das I-Tüpfelchen ihres Lebens. Sie haben hohe Ansprüche, an sich wie an die Kinder. Sie müssen funktionieren, die Kinder sollen es auch. Gleichzeitig spüren sie eine wachsende Unsicherheit, einen Zwang, alles richtig machen zu müssen. Genau an dieser Stelle, sagt die Erzieherin, müssen die Kita-Mitarbeiter helfen. Sie müssen den Eltern zeigen, dass mit dem Kind alles in Ordnung ist, auch wenn es das eine oder andere noch nicht kann, wenn es sich partout nicht für den Ballettunterricht interessiert.

Echte, unbändige Kinderfreude

Mir gehen Heval und Fernando aus der Bülow-Kita nicht aus dem Kopf. Wenn schon keine Akazien-Eltern in den Bülowkiez wollen, wenn die Durchmischung in diese Richtung nicht funktioniert, könnte man dann nicht einfach einen Fernando oder eine Heval im Akazien-Kinderladen aufnehmen, damit auch sie etwas abbekommen von den Fördermöglichkeiten?

Als ich Vanessa aus dem Akazien-Kinderladen diese Frage stelle, schweigt sie und denkt lange nach. „Hier haben wir keine Armut und auch kaum Trennungen“, sagt sie dann. „Wenn hier ein Kind auffällig würde, da würde das Verständnis der Eltern fehlen.“ Sie überlegt weiter. „Eigentlich nein. Das können wir hier nicht leisten.“

Zwei Wochen Praktika, fünf Tage Akazien-Kinderladen, fünf Tage Bülow-Kita. Wenn ich jetzt Erzieher werden würde, wenn ich mich entscheiden müsste zwischen der einen oder der anderen, ich würde die Brennpunkt-Kita nehmen. Um es mit Jennys Worten zu sagen: „Was soll ich woanders, hier werde ich gebraucht.“ Vielleicht bin ich naiv. Oder noch nicht gestresst genug. Doch die Kinderfreude, die mir hier entgegenschlug, wenn ich morgens kam, die tausend Fragen, das Lachen – all das war echt und unbändig. Probleme hin oder her.

Die Namen aller Kinder wurden geändert.

Dieser Text erschien zunächst in unserer gedruckten Samstagsbeilage Mehr Berlin.

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