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Vier Rettungsstellen in Berlin betroffen: Cyber-Angriff auf Krankenhäuser massiver als bekannt
Am Sonntag sabotierten Unbekannte das IT-System der Johannesstift-Diakonie, die Kliniken und Pflegeheime betreibt. Auch am Dienstag noch blockierte der Cyberangriff das Sozialunternehmen.
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Der Cyberangriff auf die Johannesstift-Diakonie ist offenbar massiver als zunächst bekannt. So waren auch am dritten Tag nach der Sabotage die IT-Systeme von vier Kliniken beeinträchtigt. Die Notaufnahmen des Waldkrankenhauses Spandau, des Martin-Luther-Krankenhauses in Wilmersdorf, des Elisabeth-Krankenhauses in Tiergarten und des Hubertus-Krankenhauses in Zehlendorf wurden bis Dienstagnachmittag – bis auf wenige Ausnahmen – nicht von Rettungsdiensten angefahren.
Beschäftigte der genannten Kliniken berichteten, dass man nach wie vor mit „Zettel und Stift“ arbeite, auch das E-Mail-Programm funktioniere nicht. Das evangelische Sozialunternehmen teilte mit, noch sei nicht absehbar, wann alle IT-Systeme wieder regulär benutzbar seien. Berlins Landeskriminalamt ermittelt wegen des Verdachts der Erpressung und der Computersabotage.
Medizin im Video
Die Johannesstift-Diakonie hatte am Sonntag mitgeteilt, dass an jenem Morgen ein Angriff verübt worden sei. Demnach waren die Server durch einen sogenannten Krypto-Überfall verschlüsselt worden, weswegen es an 80 Standorten des Sozialunternehmens zu Problemen gekommen sei. Die Versorgung von Patienten und Bewohnern laufe weitgehend normal, an einigen Kliniken seien planbare Eingriffe verschoben worden.
Digitale Angriffe auf Kliniken sind üblich
Die Johannesstift-Diakonie ist einer der größten Dienstleister in der Gesundheits- und Sozialwirtschaft in der Hauptstadtregion. Neben Krankenhäusern betreibt der Konzern auch Pflegeheime und Zentren der Jugend- und Behindertenhilfe.
Wie der Tagesspiegel aus anderen Kliniken erfuhr, sind digitale Angriffe üblich. Es gebe „seit einigen Jahren wöchentlich Versuche der Cybersabotage“, sagte ein Gesundheitsfunktionär: „In vielen Fällen wird schlicht Lösegeld gezahlt.“
Zu Jahresbeginn sagte Axel Ekkernkamp, der Chef des Unfallkrankenhauses Berlin, deutsche Kliniken seien nie so bedroht gewesen wie heute. Dort hätte Sabotage einen besonders verheerenden Effekt: „Deshalb sind Krankenhäuser nicht nur hochattraktive Ziele für Lösegeld-Erpresser, sondern auch für diverse Feinde von Freiheit und Demokratie.“ Ekkernkamp gehört dem Wehrmedizinischen Beirat an, der Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) berät.
Hacker erwarten hohe Zahlungsbereitschaft
Wie berichtet, warnt das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik vor solchen Angriffen. Das Bundeskriminalamt teilte im Sommer 2023 mit, dass virtuelle Attacken neben Kliniken auch Krankenkassen, Praxen sowie Medizin-IT-Dienstleister erfassten. Finanziell motivierte Cyberakteure gingen von einer hohen Zahlungsbereitschaft im Gesundheitswesen aus, da der Schutz von Patienten hohen Wert habe.
Nach Tagesspiegel-Informationen traf es vor einigen Jahren in Brandenburg beispielsweise eine Zahnarztpraxis, deren in eigenen Dateien gespeicherte Röntgenbilder von einem Angreifer so verschlüsselt wurden, dass die Dentisten sie vorübergehend nicht nutzen konnten.
In dem Brandenburger Fall stand zwar ein früherer Patient im Verdacht. Doch gerade nach größeren Hacker-Angriffen führen die Spuren überwiegend nach Osteuropa. Dort sollen Ermittlern zufolge auf solche Taten spezialisierte Netzwerke aktiv sein.
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