
© Sönke Matschurek
„Ich gehe jeder fehlenden Stimme nach“: In mehreren Berliner Bezirken werden Wahlergebnisse nachgezählt
Wegen kleinerer Unstimmigkeiten wird nach Tempelhof-Schöneberg auch in Steglitz-Zehlendorf erneut gezählt. An dem Direktmandat für Grünen-Kandidaten Heuberger ändert das jedoch nichts.
Stand:
In mehreren Berliner Bezirken sind am Dienstag die Ergebnisse der Bundestagswahl noch einmal überprüft worden. Um 12 Uhr startete die öffentliche Auszählung der Stimmzettel dreier Wahllokale in Tempelhof-Schöneberg, wo der Grüne Kandidat Moritz Heuberger das Direktmandat mit nur 61 Stimmen Vorsprung gewonnen hatte.
Der Medienandrang im Schöneberger Rathaus war beträchtlich, als die Neuauszählung begann. Doch Kreiswahlleiterin Janet Schütz stellte direkt zu Beginn klar, dass der Anlass für die Überprüfung wenig spektakulär ist: In den Stimmbezirken 221, 228 und 305 sei bei den gültigen Erst- und Zweitstimmen eine Abweichung von jeweils einer Stimme festgestellt worden. Sie wundere sich über das „rege Interesse“ der Medien, betonte aber: „Wir leben in einer Demokratie und da gehe ich jeder fehlenden Stimme nach.“

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Aufgrund der Geringfügigkeit der Abweichungen machte Schütz direkt zu Beginn der Auszählung klar, dass sich der Wahlkreissieger nicht ändere. „Da habe ich keine Zweifel an der korrekten Arbeit meiner Wahlvorstände“. Bei der Überprüfung handele es sich vielmehr um einen „völlig üblichen Prozess“, der nach jeder Wahl durchgeführt werde. „Wir zählen nicht nach, weil der ein oder andere Kandidat mit dem Ergebnis nicht zufrieden ist.“
Die beiden Direktkandidaten waren bei der öffentlichen Auszählung nicht selbst anwesend. Allein die Auszählung der ersten Kiste dauerte mehr als eineinhalb Stunden. Anschließend verkündete Schütz: „Wir haben jetzt ein eindeutiges rechnerisches Ergebnis. Es hat ein menschlicher Fehler beim Zählen vorgelegen. Wir haben keine Stimmen verloren“, so Schütz. „Durch plumpes Nachzählen haben wir die vermisste Stimme gefunden.“
Heuberger: Neuauszählung wichtig
Der siegreiche Heuberger äußerte Verständnis: „Die Neuauszählung war wichtig, um Transparenz und Vertrauen in den Wahlprozess zu gewährleisten. Das Ergebnis bestätigt meinen knappen Vorsprung, was mich natürlich freut“, sagte er dem Tagesspiegel.
Auch der unterlegene Luczak bestätigte, er habe großes Vertrauen in die Kreiswahlleitung. „Wir sehen aber, dass die Demokratie an vielen Stellen unter Druck ist, weshalb das Wahlergebnis über jeden Zweifel erhaben sein muss.“ Es sei wichtig, Unregelmäßigkeiten, von denen auch er gehört hatte, nachzugehen.
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Auszählung findet öffentlich statt
Mit im Publikum saß auch Rita Fakunmoju, die am Wahlsonntag als Wahlhelferin in einem anderen Schöneberger Wahllokal tätig war. „Ich bin überrascht, dass heute so viel Presse hier war“, sagte sie mit Blick auf die zwei Dutzend Medienvertreter im Raum.

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„Doch ich finde es gut, wenn der Öffentlichkeit gezeigt wird, dass auch für die Differenz von einer einigen Stimme nochmal nachgezählt wird. Gerade in Zeiten, in denen Verschwörungstheorien darüber kursieren, die Demokratie funktioniere nicht.“
Auch in Steglitz-Zehlendorf wurden laut Landeswahlleiter Stephan Bröchler fünf Urnenwahllokale sowie vier Briefwahllokale Wahlbezirke neu ausgezählt. Ergebnisse der Neuauszählung lagen zunächst nicht vor. Größere Verschiebungen sind Bröchler zufolge jedoch nicht zu erwarten.
Derzeit prüft die Bezirkswahlleitung, ob auch in Marzahn-Hellersdorf einzelne Lokale nochmals ausgezählt werden müssen. Landeswahlleiter Bröchler betonte allerdings, solche Prüfungen seien kein Wahlfehler, sondern ganz normales Prozedere. „Gründlichkeit geht vor Schnelligkeit.“ (mit dpa)
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