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Nach Unions-Abstimmung mit AfD: Wegner will Merz-Gesetz im Bundesrat ablehnen
Nach dem von Union, AfD und FDP beschlossenen Antrag im Bundestag steht Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz im Kreuzfeuer. Auch im Berliner Abgeordnetenhaus.
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Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) hat angekündigt, das sogenannte Zustrombegrenzungsgesetz im Bundesrat abzulehnen, sollte das Gesetz allein mit den Stimmen der AfD eine Mehrheit bekommen. „Der Berliner Senat wird niemals einem Gesetz im Bundesrat seine Zustimmung geben, dass nur in Abhängigkeit von der AfD eine Mehrheit bekommen hat. Wir werden ein solches Gesetz ablehnen“, sagte Wegner am Donnerstag im Abgeordnetenhaus.
Wegner forderte die Bundestagsfraktionen von CDU/CSU, SPD, Grüne und FDP auf, vor der erwarteten Abstimmung über das Gesetz „gemeinsame Lösungen zu finden“. Die „demokratische Mitte“ müsse sich verständigen. Dieser Appell richte sich „auch an die Kolleginnen und Kollegen der CDU-Bundestagsfraktion“, sagte Wegner. Der Bundestag wird voraussichtlich am Freitag über das von der Union eingebrachte Zustrombegrenzungsgesetz abstimmen.
Wegner machte darüber hinaus erneut seine persönliche Haltung zur AfD deutlich und sagte: „Mit mir – und darauf können Sie sich verlassen – wird es niemals eine Zusammenarbeit oder Koalition mit Rechtsextremisten oder der AfD geben.“ Diese dürften „in unserem Land und schon gar nicht mehr in Berlin jemals Verantwortung tragen“.
Zur gemeinsamen Abstimmung der CDU-Bundestagsfraktion mit der AfD und der FDP äußerte sich Wegner nicht explizit. Die Union hatte am Mittwoch ihren Fünf-Punkte-Plan für eine schärfere Migrationspolitik dadurch knapp durch den Bundestag gebracht. Praktische Konsequenzen hat der Antrag zunächst nicht.
Berliner SPD kritisiert Bundes-CDU scharf
Es war eine emotionale, teils hitzig geführte Debatte im Berliner Abgeordnetenhaus. Der SPD-Fraktionschef Raed Saleh zeigte sich bestürzt über das Vorgehen der CDU im Bund. Diese habe die entscheidende Lehre von Auschwitz „mit Füßen getreten“ und der AfD „Tür und Tor zur Mitbestimmung im Bund geöffnet“, sagte Saleh. Er ergänzte: „Ich bin erschüttert, wie kopflos die Brandmauer gegen den Faschismus eingerissen wurde“ und warf der CDU im Bund vor, der parlamentarischen Demokratie geschadet zu haben.
Auch die Berliner Linke kritisierte das Vorgehen von Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz scharf. „Merz hat die politische Brandmauer nach rechts mit voller Absicht eingerissen“, sagte Linke-Fraktionschef Tobias Schulze und erhielt dabei auch Applaus von den SPD-Abgeordneten.
„Merz hat sich gestern entschieden, den demokratischen Grundkonsens im Nachkriegsdeutschland zu verlassen“, fügte Schulze mit Blick auf den am Mittwoch im Bundestag von Union, AfD und FDP gemeinsam beschlossenen Antrag hinzu. Der Union gehe es nur noch darum, Hass gegen Geflüchtete zu verbreiten. „Die Union sollte sich schämen“, sagte Schulze.
Grünen-Fraktionschef Werner Graf sprach wie Schulze von einem Dammbruch. „Gerade wurde im Bundestag sehenden Auges der Schutzwall für unsere Demokratie eingerissen, ohne die Folgen auch nur in den Blick zu nehmen.“ Dem wortbrüchigen Merz könne man nun nicht mehr glauben, dass die Union nach der Wahl keine gemeinsame Sache mit der AfD mache. „Die CDU/CSU hat gestern im Bundestag eines klargemacht: Sie stimmen lieber mit Nazis, als dass sie mit Demokraten verhandeln“, sagte Graf.
Bei der Rede des AfD-Abgeordneten Martin Trefzer drehten sich die Abgeordneten von SPD, Grüne und Linke demonstrativ vom Rednerpult weg. Die Aktion hatten die Fraktionen zuvor miteinander abgesprochen. Trefzer sagte in seiner Rede, die Verbrechen Auschwitz‘ würden „instrumentalisiert“, unter anderem um Kritik an der Migrationspolitik mundtot zu machen. Dass die Linken Auschwitz im Rahmen einer Debatte um eine Abgrenzung zur AfD ins Feld führten, sei eine „Schande und eine Verhöhnung der Opfer“. (mit dpa)
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