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Elon Musk inmitten von Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (l.) und Dietmar Woidke im September 2020.

© Staatskanzlei Brandenburg

Liebesgrüße nach Austin : Streit um Brief von Ministerpräsident Woidke an Elon Musk

Brandenburgs Regierung will Tesla helfen, bis Sommer eine Lösung für Wasser- und Stromprobleme zu finden. Ist das legitim?

Dieses Tesla-Sündenregister ist amtlich. Der US-Elektroautobauer hat seit Baubeginn der Gigafactory Grünheide vor drei Jahren sechsmal gegen Bau- und Umweltrecht verstoßen, wofür inzwischen Bußgelder in Höhe von 16.950 Euro fällig geworden sind. Das geht aus einer aktuellen Brandenburger Regierungs-Antwort auf eine parlamentarische AfD-Anfrage im Landtag hervor. Wie solche Verstöße künftig verhindert werden sollen? „Die Kontrolldichte wird erhöht“, versichert Umweltminister Axel Vogel (Grüne) darin.

Tesla musste 16.950 Euro Bußgelder zahlen

Alle sechs Fälle – etwa zwei ungenehmigte, zeitweilig betriebene Gefahrgut- und Abfalllager – sind bekannt. Zuletzt hatte es einen Baustopp gegeben, weil Tesla 105 Betonpfähle im Trinkwasserschutzgebiet illegal in den Boden gerammt hatte, um den öffentlichen Parkplatz am Werk mit Solarpanelen zu überdachen. Die zuständige Kreisbehörde hat laut Vogel-Antwort noch nicht entschieden, ob Tesla diese Pfähle wieder entfernen muss und welches Bußgeld fällig wird. Die Bauordnung sehe einen Bußgeldrahmen bis 500.000 Euro vor, so Vogel.

Vor diesem Hintergrund sorgt bei Opposition im Landtag und Umweltverbänden umso mehr für Empörung, dass Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) jetzt Tesla-Chef Elon Musk schriftlich volle Unterstützung für die Erweiterung der Gigafactory zugesagt hat. Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) hatte den Woidke-Brief letzte Woche im Rahmen seiner US-Wirtschaftsreise bei einem Besuch in der Tesla-Zentrale in Austin übergeben, und zwar im Tesla-T-Shirt, was er selbst auch noch via Twitter publizierte.

Linke-Fraktionschef Sebastian Walter wirft der Regierung prompt „devotes Verhalten gegenüber Tesla“ und „Untertanengehabe“ vor. Woidke sei sich nicht einmal zu schade, seinen Minister im Tesla-Shirt als Briefträger loszuschicken, habe doch aber die Pflicht, „Schaden von Brandenburg abzuwenden“, so Walter.

Es gibt keine Sonderbehandlung für Tesla.

Jörg Steinbach, SPD, Wirtschaftsminister in Brandenburg

„Gleichzeitig wissen meine Kabinettskollegen und ich um zwei derzeit ungelöste Probleme, vor denen Sie stehen: die Wasser- sowie die Stromversorgung für die erweiterte Fabrik“, hatte Woidke in dem Schreiben, in englischer Sprache verfasst, erklärt. „Lassen Sie mich Ihnen versichern, dass wir Tesla mit großem Engagement und Überzeugung dabei unterstützen werden, für beide Probleme noch vor dem Sommer eine geeignete Lösung für Sie zu finden.“ Damit sei nicht die Lösung der Wasser- und Stromprobleme bis Sommer zugesagt worden, sondern eine Unterstützung Teslas, heißt es in der Staatskanzlei.

Erste Ausbaustufe in Grünheide bald erreicht

In dem Werk, das vor einem Jahr am 22. März die Produktion aufgenommen hat, rollen inzwischen wöchentlich viertausend Fahrzeuge vom Band. Woidke hat sich dafür bei Musk so bedankt: „Mit 10.000 Mitarbeitern und 140 Auszubildenden ist Tesla in weniger als einem Jahr zum größten industriellen Arbeitgeber in Brandenburg geworden“, schrieb er. „Wir blicken der Erweiterung mit großer Vorfreude entgegen.“

Mit der gerät Tesla in Zeitdruck, in Verzug zu seinen bisherigen Plänen. Das Unternehmen hat auf dem Areal dafür bereits 70 Hektar Kiefernwald gerodet, um neue Werkhallen zu errichten. Eigentlich hatte Tesla den Antrag dafür bereits Ende 2022 bei den Behörden einreichen wollen, später war intern das erste Quartal 2023 genannt worden. Wegen des bevorstehenden Genehmigungsverfahrens werfen Naturschutzbund, die Grüne Liga und der Verein für Natur und Landschaft Woidke vor, eine Grenze überschritten zu haben: „Das Schreiben löst bei vielen Menschen in Brandenburg und besonders bei Mitgliedern der Naturschutzverbände Entsetzen und Unverständnis aus“, heißt es in einem gemeinsamen offenen Brief, in dem Antworten auf einen Fragenkatalog gefordert werden.

Eine lautet: „Ist Ihre aktuelle Vorgehensweise, politische Vorgaben vor die Entscheidungen unabhängiger Fachbehörden zu stellen, die übliche Praxis bei der Ansiedlung von Tesla?“ Eine andere: Woher soll das Tesla versprochene Wasser bis zum Sommer 2023 kommen? Wie soll das durch den Wassermehrverbrauch entstehende Abwasser entsorgt werden?“ Unterzeichnet haben den Brief Christiane Schröder (Nabu), Michael Ganschow (Grüne Liga) und Manu Hoyer (VNLB).

Die Landesregierung weist die Kritik zurück. Es gehe um ein strategisch wichtiges Unternehmen für das Land, sagte Wirtschaftsminister Steinbach am Mittwoch dieser Zeitung. „Wir sind daran interessiert, dass das Projekt gelingt. Das gilt wie damals für die Ansiedlung natürlich auch für die Erweiterung.“ Allein das habe das Woidke-Schreiben zum Ausdruck gebracht, das in seiner Art im Umgang mit wichtigen Firmen im Land übliche Praxis sei, betont Steinbach. „Es gibt keine Sonderbehandlung für Tesla.“

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