
© Michael Kappeler/dpa
Newsblog nach Tod von Anis Amri: Alle Opfer vom Breitscheidplatz identifiziert
Der mutmaßliche Attentäter vom Breitscheidplatz ist tot. Polizisten erschossen Anis Amri in Italien. Der IS hat ein angebliches Bekennervideo von Amri veröffentlicht. Die Ereignisse zum Nachlesen.
Stand:
- Der 24-jährige Tunesier Anis Amri ist in der Nacht zu Freitag in Italien erschossen worden. Polizisten kontrollierten ihn um 3 Uhr an einem Bahnhof, er eröffnete das Feuer und wurde daraufhin getötet.
- Der IS hat ein angebliches Bekennervideo veröffentlicht, das Anis Amri in Berlin zeigen soll.
- Am Abend teilte das BKA mit, dass die Identifizierung der Opfer abgeschlossen ist.
- Bundeskanzlerin Angela Merkel will mehr und schnellere Abschiebungen nach Tunesien.
- Laut RBB soll sich der Verdächtige kurz nach dem Anschlag in einer Moschee in Moabit aufgehalten haben. Das LKA dementierte diese Information.
- Nach dem Anschlag ist eine sicherheitspolitische Debatte entbrannt. Vor allem die Union fordert eine Verschärfung der Gesetzeslage. SPD und Grüne zweifeln einige Vorschläge an.
- Die Ereignisse vom Donnerstag können Sie hier nachlesen.
(mit dpa, AFP, rtr, KNA, epd)
Identifizierung der Opfer abgeschlossen
Die Opfer des Terroranschlags von Berlin sind alle identifiziert. Das Bundeskriminalamt teilte am Freitagabend über den Kurzmitteilungsdienst Twitter mit: „IDKO des BKA hat Identifizierung der 12 Todesopfer vom Breitscheidplatz beendet.“ IDKO ist die behördeninterne Abkürzung für Identifizierungskommission. Weitere Informationen zu den Opfern veröffentlichte das BKA jedoch nicht.
Bekannt ist, dass unter den Toten jeweils ein Pole, eine Italienerin, eine Israelin und ein Tscheche ist. Bei dem Attentat wurden außerdem 53 Menschen teilweise lebensgefährlich verletzt. „Wir gedenken der Opfer und trauern mit deren Angehörigen“, schrieb das BKA in seinem Tweet. (dpa)
Bürgermeisterin von Sesto San Giovanni dankt Polizisten
Nach dem Tod von Anis Amri im italienischen Sesto San Giovanni hat die Bürgermeisterin der Stadt dem Polizisten gedankt, der den Terrorverdächtigen erschossen hatte. „Ich habe ihm gesagt, dass die ganze Stadt dankbar ist und stolz auf die Aktion vergangene Nacht“, sagte Monica Chitto der Deutschen Presse-Agentur am Freitagabend. Die Einwohner seien verwundert und verängstigt.
„Diese Person ist durch Europa gereist und wurde hier gefangen, in Sesto San Giovanni“, sagte die Bürgermeisterin der Stadt nahe Mailand. „Wir müssen herausfinden, wohin dieser Mensch wollte. Falls die Ermittlungen ergeben, dass er in Sesto bleiben wollte, brauchen wir möglicherweise stärkere Polizeipräsenz.“
Amri war am frühen Freitagmorgen nahe des Bahnhofs der Stadt erschossen worden. Eine Polizeistreife wollte ihn nach offiziellen Angaben routinemäßig kontrollieren, als der Tunesier das Feuer eröffnete. (dpa)
Rom schließt Lkw zeitweise aus Zentrum aus
Nach dem Attentat von Berlin mit einem Lastwagen hat die Stadt Rom für die bevorstehenden Feiertage ein Verbot für alle Lkw im Stadtzentrum ausgesprochen. Die Maßnahmen gelten vom 24. bis 26. Dezember sowie vom 31. Dezember bis 6. Januar. Ausgenommen seien Fahrzeuge unter 3,5 Tonnen, die wichtige Güter wie Lebensmittel und Medizin sowie Post beförderten, teilte Bürgermeisterin Virginia Raggi am Freitag mit. Die Entscheidung sei auf Grundlage von Empfehlungen der Polizei getroffen worden. Am Donnerstag hatte Raggi aus Sicherheitsgründen bereits ein Verbot von Feuerwerkskörpern erlassen. (dpa)
Frankreich vereitelte 2016 17 potenzielle Anschläge
Nach dem Terroranschlag auf dem Breitscheidplatz hat Frankreich die Kontrollen der Straßen- und Schienenverbindungen an den Grenzen zu Deutschland, Luxemburg und der Schweiz verstärkt. Das sagte der französische Innenminister Bruno Le Roux am Freitagabend in Paris. Laut bisherigen Erkenntnissen der italienischen Behörden soll der mutmaßliche Attentäter Anis Amri dennoch über Frankreich nach Mailand gereist sein, wo er in der Nacht zu Freitag schließlich erschossen wurde.
Frankreich habe im zu Ende gehenden Jahr 17 potenzielle Terroranschläge vereitelt. „Unsere gesamten Sicherheitskräfte sind voll mobilisiert im Kampf gegen den Terrorismus“, erklärte Le Roux. (dpa)

Geisel: Absolute Sicherheit gibt es nicht
Der neue Innensenator Andreas Geisel (SPD) hat sich in der RBB-Abendschau zu den Ermittlungen nach dem Anschlag und zur Sicherheitsdebatte geäußert. Die Fahndung sei noch nicht beendet, da "wir noch nicht wissen, ob es Mitwisser oder Mittäter gibt", sagte Geisel. Daher werde sich die Polizeipräsenz im Stadtbild weiter auf einem sehr hohen Niveau bewegen.
Geisel erklärte, dass der mutmaßliche Attentäter, Anis Amri, vom 5. April bis zum 21. September telefonisch überwacht worden sei. Dabei hätten die Sicherheitskräfte aber keinerlei Anhaltspunkt auf Anschlagspläne festgestellt, weshalb die Maßnahme beendet wurde. "Individuelle Anschläge, die nicht groß organisiert werden müssen, können mit den vorhandenen Überwachungsmaßnahmen nur eingeschränkt festgestellt werden", so Geisel.
Eine bessere personelle Ausstattung der Polizei würde der Innensenator zwar begrüßen, "absolute Sicherheit" gebe es aber auch "mit 100 Polizisten mehr" nicht. "Wir haben 168 neue Mitarbeiter für das Gebiet der Terrorabwehr eingestellt", sagte Geisel, "eine offene Gesellschaft ist aber auch verletzbar."
Die Frage sei, "welche Gesellschaft wollen wir haben", sagte Geisel und bedankte sich bei den Sicherheitskräften für die Arbeit der vergangenen Tage. "Wir ändern unseren Alltag nicht", so Geisel zum Abschluss, "das Herz von Berlin schlägt".
Grafik: Wo sich Amri in Berlin aufgehalten haben soll und wo nach ihm gefahndet wurde


Frankreich: Ermittlungen zu Flucht vom Amri laufen
Frankreich lässt Medieninformationen zunächst unbestätigt, wonach der mutmaßliche Berliner Attentäter Anis Amri über Frankreich nach Italien gelangt sein soll. Der französische Innenminister Bruno Le Roux wies am Freitagabend in Paris auf laufende Ermittlungen der Staatsanwaltschaft hin.
„Ich rufe zur größten Vorsicht auf im Hinblick auf Informationen, die zur Zeit zirkulieren“, sagte der Minister. „Nur die Ermittlungen werden es erlauben, die Fakten präzise festzustellen.“ Er sei mit seinen Amtskollegen in Deutschland und Italien in Kontakt.
Die italienische Nachrichtenagentur Ansa hatte gemeldet, dass der Terrorverdächtige aus dem französischen Chambéry nach Turin in der italienischen Region Piemont gekommen war. Von dort habe er einen Zug nach Mailand genommen. Medienberichten zufolge war eine entsprechende Fahrkarte bei seiner Leiche gefunden worden. (dpa)
Navid B. äußert sich erstmals
Der nach dem Anschlag am Montag irrtümlich festgenommene Pakistaner Navid B. hat sich erstmals zu Wort gemeldet. Er sei gerade im Tiergarten gewesen "und wollte meine U-Bahn erwischen, um nach Hause zu fahren", sagte der Asylbewerber in einem Interview für die "Welt am Sonntag". Dabei sei er gerannt, als er eine Straße überquerte, weil Autos kamen.
Daraufhin hätten ihn Polizisten angehalten und ihn gefragt, warum er renne, sagte Navid B. weiter. Sie hätten ihn dann gefragt, "ob ich den Anschlag mit dem Laster verübt habe". Obwohl er gesagt habe, dass er unschuldig sei, habe er die Nacht in Gewahrsam verbringen müssen. Am nächsten Tag sei er dann freigelassen und zunächst in ein Hotel gebracht worden.
"Anschließend wurde ich in eine andere Flüchtlingsunterkunft gebracht, aber ich weiß nicht, wo sie sich befindet", sagte Navid B. am Donnerstag. Sie sei immer noch in Berlin. In seine vorherige Unterkunft am ehemaligen Flughafen Tempelhof sei er aber nicht zurückgekehrt. Sein Handy bekam Navid B. laut "WamS" erst am Donnerstag zurück. (AFP)
Spiegel: Auch Handy von Amri bei Lkw gefunden
Nach der Geldbörse hat die Polizei nach Informationen des Magazins „Der Spiegel“ offensichtlich auch das Handy des getöteten Terrorverdächtigen Anis Amri gefunden. Das Mobiltelefon der Marke HTC sei beim Lastwagen sichergestellt worden, mit dem der 24-jährige Tunesier am Montagabend mit großer Wahrscheinlichkeit in einem Weihnachtsmarkt im Berliner Zentrum gerast ist. Das Telefon werde Amri zugeordnet. Die Auswertung des Mobiltelefons durch Spezialisten der Kriminaltechnik laufe derzeit auf Hochtouren, zitierte „Der Spiegel“ aus Sicherheitskreisen.
Offenbar war das wichtige Beweisstück wie die Geldbörse Amris erst viele Stunden nach dem Anschlag gefunden worden, nämlich am Dienstag bei einer erneuten Untersuchung des Lastwagens durch die Spurensicherung. Der späte Fund, so heißt es aus Berliner Polizeikreisen, sei der „Akribie der Tatortarbeit“ geschuldet. Man habe nach dem Prinzip Gründlichkeit vor Schnelligkeit gearbeitet. „Es gibt kriminaltechnische Standards, wie lange kriminaltechnische Untersuchungen dauern, die halten wir auch konsequent ein“, hatte Berlins Polizeipräsident Klaus Kandt gesagt. (dpa)
Vatikan bestärkt Merkel in Flüchtlingspolitik
Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in ihrem flüchtlingspolitischen Kurs bestärkt. Merkel sei unter Druck wegen „sehr populistischer Angriffe, die gerne jede Aufnahme blockieren wollen“, sagte der Chefdiplomat des Papstes der italienischen Tageszeitung „Corriere della Sera“ (Freitag). Parolin ergänzte: „In diesem Moment ist Mut nötig.“
Die katholische Kirche sei für eine Aufnahme von Flüchtlingen, sei sich aber auch der Schwierigkeiten wohl bewusst. Wichtig sei die Grundhaltung: „Wenn es eine Haltung der Offenheit ist, kann man auch Wege finden, Probleme zu lösen. Wenn aber die Haltung der Abschottung überwiegt, ist schon Schluss. Dann gibt es keinen Weg“, so die Nummer zwei des Vatikan.
Der Kardinalstaatssekretär widersprach auch erneut der These eines Krieges der Religionen. „Es ist kein Krieg der Religionen im Gang“, sagte Parolin. Um genau dies zu vermeiden, wolle sich die Kirche nicht auf das Spiel derer einlassen, „die diese Art von Logik anwenden wollen“. Stattdessen spreche die Kirche stets von einer „Instrumentalisierung von Religion“. (KNA)
Seelsorge für Polizisten
Auch viele Berliner Polizeibeamte und für die Sicherheit Verantwortliche brauchen nach der Terrorattacke am Breitscheidplatz Zuspruch und Hilfen, um das seit Montagabend Erlebte zu verarbeiten. Die Seelsorgerin der Berliner Polizei, Marianne Ludwig, ist deshalb gleichfalls im Dauereinsatz. An Heilig Abend gestaltet sie zudem ab 19 Uhr eine Christvesper in der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche am Breitscheidplatz. Es ist eine Andacht, die sich speziell an Polizisten und andere Sicherheitskräfte wendet.
Merkel will mehr und schnellere Abschiebungen nach Tunesien
In Folge des Terroranschlags von Berlin dringt Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) auf schnellere Abschiebungen nach Tunesien. Sie habe mit dem tunesischen Präsidenten Beji Caid Essebsi telefoniert, sagte Merkel am Freitag in Berlin. „Ich habe dem Präsidenten gesagt, dass wir den Rückführungsprozess (...) noch deutlich beschleunigen und die Zahl der Zurückgeführten weiter erhöhen müssen.“ Bei der Frage der Rückführungen habe es im laufenden Jahr bereits Fortschritte gegeben. Nach dem Anschlag war bekannt geworden, dass eine Abschiebung des mutmaßlichen Täters, des Tunesiers Anis Amri, gescheitert war. (dpa)
Anis Amri schwor dem IS in Video die Treue
Der mutmaßliche Attentäter von Berlin hat der Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) in dem jetzt aufgetauchten Video die Treue geschworen. Die IS-nahe Agentur Amaq veröffentlichte am Freitag ein Video, in dem Anis Amri dem IS-Anführer Abu Bakr al-Bagdadi Treue schwört.
Der Tunesier Amri war laut Ermittlungen am Montagabend mit einem Lkw in eine Menschenmenge auf einem Berliner Weihnachtsmarkt gerast, bei dem Anschlag wurden zwölf Menschen getötet. (dpa)
Merkel: Terrorismus fordert alle heraus
Kanzlerin Angela Merkel bestätigte, dass Anis Amri erschossen wurde. Sie dankte dem italienischen Ministerpräsidenten und den Behörden für die "denkbar engste Zusammenarbeit".
Merkel wurde auch grundsätzlich. Der Terrorismus fordere uns alle heraus, sagte sie. Dem müsse man sich entgegenstellen.
Wie Maas betonte die Kanzlerin auch, dass man mögliche Helfer von Anis Amri zur Rechenschaft ziehen werde. Der Fall werfe eine Reihe von Fragen auf. NIcht nur im Zusammenhang mit der Tat. Auch sein Wirken vor der Tat müsse genau betrachtet werden.
Die oberste Pflicht sei es, die Bürger zu schützen, sagte Merkel. Unser Staat müsse ein starker Staat sein. "Unsere Werte sind der Gegenentwurf zur Welt des Terrorismus."Constanze Stelzenmüller will mit Petition Bundesverdienstkreuz für polnischen LKW-Fahrer
Nach dem Anschlag auf den Weihnachtsmarkt hat die Expertin für Außen- und Sicherheitspolitik bei der Brookings Institution, Constanze Stelzenmüller, zum ersten Mal in ihrem Leben eine Petition beim Bundespräsidenten gestartet. Sie will erreichen, dass der polnische Lastwagenfahrer Lukasz Urban, der sein Leben ließ bei dem Versuch, den Terroristen vom Schlimmsten abzuhalten, posthum das Bundesverdienstkreuz erhält.
Mit diesem heldenhaften Handeln habe er vermutlich viele Menschenleben gerettet „und ein großes Zeichen gesetzt für die Freundschaft und Aussöhnung zwischen unserem Land und Polen, dem unsere Vorfahren Furchtbares angetan haben“. Sie schrieb zunächst an Freunde und Bekannte, um die für eine Petition notwendigen 100 Unterschriften zu erhalten. Der Erfolg war überwältigend. Ihrer Petition haben sich inzwischen 9.599 Unterstützer angeschlossen.
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