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Beim ersten Hauptstadtgespräch im Deutschen Theater diskutierten am Montag-Abend Anke Myrrhe (stellvertretende Chefredakteurin des Tagesspiegels), Christian Tretbar (Tagesspiegel-Chefredakteur), Franziska Giffey (Wirtschaftssenatorin), Sigrid Nikutta (Vorstand Deutsche Bahn), Düzen Tekkal (Autorin und Menschenrechtsaktivistin) und Johannes Vogel (Generaldirektor des Berliner Naturkundemuseums, von links nach rechts).

© Marie Staggat für den Tagesspiegel

Premiere der „Tagesspiegel-Hauptstadtgespräche“: Das ICC abreißen – oder öffnen „für die jungen Leute und ihre Ideen“?

Bei der Premiere der Tagesspiegel-Hauptstadtgespräche wurde über die Zukunft Berlins debattiert. Klares Ergebnis: Es geht nur gemeinsam.

Stand:

Berlin besser machen geht nur gemeinsam. Das ist das Ergebnis der Premiere der „Tagesspiegel-Hauptstadtgespräche“ am Montagabend im Deutschen Theater.

Knapp zwei Stunden lang diskutierten dabei Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey (SPD), Deutsche Bahn Vorständin Sigrid Nikutta, die Autorin Düzen Tekkal sowie Johannes Vogel, Generaldirektor des Berliner Naturkundemuseums, ihre Visionen für die Hauptstadt. Moderiert wurde die Veranstaltung von Tagesspiegel-Chefredakteur Christian Tretbar und Anke Myrrhe, stellvertretende Chefredakteurin des Tagesspiegel.

Eines der leidenschaftlichsten Plädoyers hielt dabei Tekkal, die auch Menschenrechtsaktivistin und Mitgründerin von HÁWAR.help, einem gemeinnützigen Verein für humanitäre Hilfe, ist. „Wir müssen die Entscheidung zwischen Hass und Hoffnung treffen“, erklärte Tekkal und rief die Zuhörenden dazu auf, sich im Alltag mehr um „das Wir“ zu kümmern.

Nur wer etwas liebe, beginne sich darum zu kümmern, ergänzte Tekkal mit Blick auf die an vielen Orten der Stadt fehlende Sorgfalt mit dem eigenen Umfeld. „Hoffnung verbreiten statt Hass ist etwas, was man sich vornehmen muss“, appellierte sie unter dem Applaus der rund 180 Gäste im ausverkauften Saal. Vogel ergänzte: „Wir müssen uns Zeit nehmen, um wieder zu einem Wir und einem Miteinander zu gelangen.“

Berlin hat den genialsten Nahverkehr, den man in Deutschland haben kann.

Sigrid Nikutta, einst Chefin der BVG

Zustimmung ernteten beide unter anderem von Nikutta, die genau wie Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey (SPD) dafür warb, den Zustand der Stadt nicht notorisch schlecht zu reden. Den krisengeschüttelten Berliner Nahverkehr bezeichnete die einstige BVG-Chefin Nikutta sogleich als „den genialsten Nahverkehr, den man in Deutschland haben kann“.

Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey (links) und Bahn-Vorständin Sigrid Nikutta beim ersten Hauptstadtgespräch am Montag-Abend im Deutschen Theater.

© Marie Staggat für den Tagesspiegel

Nur wenn es gelänge, die bestehenden Probleme in der Stadt – etwa die Bekämpfung der Wohnungskrise und den Ausbau des ÖPNV - gemeinsam zu denken, könne der Status Quo verbessert werden, ergänzte Nikutta. Der Bau von Großwohnsiedlungen im einstigen Ost-Berlin könne dabei durchaus als Vorbild dienen.

Es war voll beim ersten Tagesspiegel-Hauptstadtgespräch am Montag-Abend im Deutschen Theater.

© Marie Staggat für den Tagesspiegel

Giffey, die als einzige Vertreterin des Senats einen schweren Stand hatte, bemühte sich um eine Imagekorrektur für die Hauptstadt. „Berlin ist mehr als die Summe seiner Probleme“, erklärte sie und warb für Differenzierung in der Analyse. In den vergangenen Jahrzehnten, gerade nach dem Mauerfall, sei viel erreicht worden.

Sie bemängelte die Gleichgültigkeit, mit der Berlin von vielen behandelt werde und rief dazu auf, sich der mit dem Wachstum der Stadt einhergehenden Veränderung nicht in den Weg zu stellen. Eine Randbebauung des Tempelhofer Felder wurde von Giffey am Montagabend befürwortet, eine Enteignung großer Immobilienkonzerne klar abgelehnt.

Dimitri Hegemann, Gründer des Techno-Clubs „Tresor“, forderte die Öffnung des ICC „für junge Leute und ihre Ideen“.

© Marie Staggat für den Tagesspiegel

Applaus für Abriss des ICC

Kurzzeitig kontrovers wurde die Debatte mit Blick auf das seit Jahren dahinsiechende ICC. Während Dimitri Hegemann, Gründer des legendären Techno-Clubs Tresor, eine bedingungslose Öffnung des Gebäudes „für die jungen Leute und ihre Ideen“ forderte, winkte Giffey ab. Der Brandschutz, die Sicherheitsvorgaben und nicht zuletzt die Pflicht zur Wirtschaftlichkeit entzögen dem Vorschlag des jede Grundlage.

Johannes Vogel, Generaldirektor des Berliner Naturkundemuseums, plädierte für den Abriss des ICC.

© Marie Staggat für den Tagesspiegel

Johannes Vogel, Generaldirektor des Berliner Naturkundemuseums, erntete für seine spontane Forderung nach dem Abriss des Zankapfels Applaus aus dem Publikum, kassierte aber ebenfalls eine Abfuhr Giffeys: Ausgeschlossen, da das Gebäude seit Jahren unter Denkmalschutz stehe, insistierte die Bürgermeisterin.

Die ausverkaufte Auftakt-Veranstaltung der Hauptstadtgespräche bot den Abschluss der redaktionellen Serie „Berlin 2030 – Visionen für die Stadt“, für die der Tagesspiegel mit Expertinnen und Experten, Vordenkern, Wirtschaftsvertreterinnen, Stadtplanern und Kulturschaffenden gesprochen hat. In Gastbeiträgen skizzierten unter anderem Kai Wegner, Renate Künast und Ulrike Demmer ihre Visionen für die Stadt.

Im Fokus der kommenden Hauptstadtgespräche, die der Tagesspiegel gemeinsam mit dem Deutschen Theater veranstaltet, stehen bundespolitische und geopolitische Themen. Der nächste Termine ist der 30. Juni.

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