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„Verfassungsrechtlicher Amoklauf“: Breite Kritik an SPD-Vorstoß für Berliner Mietendeckel 2.0
Raed Saleh, Fraktionschef der Berliner SPD, will es noch einmal probieren mit dem gescheiterten Mietendeckel. Doch nicht nur der Koalitionspartner CDU lehnt den Vorschlag ab
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Berlins SPD-Fraktionschefs Raed Saleh will einen Neuanlauf für den 2021 vor dem Bundesverfassungsgericht gescheiterten Mietendeckel wagen – und erntet dafür breite Kritik. Den Mietpreisdeckel will er über das mit dem Koalitionspartner CDU verabredete Vergesellschaftungsrahmengesetz einführen.
Doch die CDU lehnte den Vorstoß am Donnerstag ab. Die Linksfraktion warf Saleh vor, bereits im Wahlkampfmodus zu sein. Seine Pläne seien abwegig und juristisch äußerst fragwürdig. Die Initiative „Deutsche Wohnen & Co enteignen“ (DW enteignen) hält Salehs Vorstoß für „rechtlich nicht haltbar“, das sei ein „verfassungsrechtlicher Amoklauf“.
Schwarz-Rot hatte sich vor knapp zwei Wochen auf Eckwerte und einen Zeitplan für das Rahmengesetz geeinigt. Von einem Mietendeckel war keine Rede. Bis Jahresende sollte ein Entwurf ins Abgeordnetenhaus eingebracht werden. Doch nun legt der SPD-Politik überraschend einen ersten Entwurf vor, der zuvor nicht in der Koalition abgesprochen war. Zuerst berichtete der „Spiegel“.
„Die Vergesellschaftung ermöglicht den Bundesländern eine soziale Marktregulierung, auch ohne Enteignung“, sagte SPD-Fraktionschef Raed Saleh dem Magazin aus Hamburg. Ziel sei die „unmittelbare Deckung eines öffentlichen Bedarfs der Daseinsvorsorge“, wie etwa bei der Wasser- oder Energieversorgung oder im Bereich Wohnen.
CDU-Fraktionschef zeigt sich gelassen
Mit dem Gesetz werde Berlin die Gewinnmaximierung oder marktorientiertes Verhalten beschränken. „So könnte das Land allen Vermietern für fünf Jahre einen Preisdeckel vorschreiben“, sagte Saleh. Das Rahmengesetz sei die Basis dafür, dass Berlin keine Öffnungsklausel des Bundes mehr benötige. Saleh: „So sind wir auch unabhängig von der permanenten Blockade der Bundes-CDU.“
Das Bundesverfassungsgericht hatte den Mietendeckel von Rot-Rot-Grün 2021 aufgehoben, weil Berlin keine Gesetzgebungskompetenz dafür hat. Ein halbes Jahr später hatten sich die Berliner bei einem Volksentscheid mehrheitlich für die Enteignung großer Wohnungsunternehmen ausgesprochen.
Mit 58 Prozent der Stimmen für den Vorschlag von „DW enteignen“ war der Senat aufgefordert worden, Maßnahmen einzuleiten, um die Vergesellschaftung großer Wohnungsunternehmen vorzubereiten. Schwarz-Rot reagiert darauf nun mit dem Rahmengesetz. Es soll frühestens zwei Jahre nach Verkündung in Kraft treten, damit es vom Bundesverfassungsgericht überprüft werden kann.
CDU-Fraktionschef Dirk Stettner kannte Salehs Entwurf am Donnerstag noch nicht, zeigte sich aber gelassen. Dem Tagesspiegel sagte er: „Wir werden nicht enteignen, keine Wohnungsunternehmen vergesellschaften und keinen Mietendeckel mitmachen. Das weiß auch die SPD.“
Ein Sprecher von „Deutsche Wohnen & Co enteignen“ warf Saleh vor, die Wähler hinters Licht zu führen. Wenn der SPD-Fraktionschef „ernsthaft die Auffassung vertritt, die Vergesellschaftung ermögliche den Bundesländern eine soziale Marktregulierung, auch ohne Enteignung, dann hat er das Grundgesetz nicht verstanden“. Ein Mietendeckel sei keine Vergesellschaftung, auch dieser neue Mietendeckel werde rechtlich scheitern. Der Mietexperte der Linksfraktion, Niklas Schenker, sagte: „Die SPD betreibt Wahlkampf auf dem Rücken des Volksentscheides.“
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