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Robert Habeck und Stephan Lamby auf dem Rückflug von Singapur.

© rbb/SWR/Kay Nietfeld/dpa/rbb/SWR/Kay Nietfeld/dp

Regierungs-Doku : Zukunftskoalition im Krisenmodus

Fast zwei Jahre lang hat der Filmemacher Stephan Lamby die Bundesregierung durchs globale Chaos begleitet. Dabei zeigt „Ernstfall“ nicht nur Politiker, sondern Menschen.

Als die rotgrüngelbe Regierung Ende 2021 antrat, schien die Welt noch, nein – nicht in Ordnung, aber sortierter. Ihr Aufbruchsgeist ist deshalb spürbar, als die Spitzenkräfte dem Filmemacher Stephan Lamby davon erzählen. Annalena Baerbock spricht vom „Zauber eines neuen Anfangs“, den Robert Habeck mit „wilder Entschlossenheit“ garniert, was Christian Lindner „Vorsicht und Verantwortung“ abringt, während Olaf Scholz, nun ja, genießt und schweigt.

Bis alles sehr schnell völlig anders kommt. Denn Lambys Langzeitreportage „Ernstfall – Regieren am Limit“ (ab Sonntag in der ARD Mediathek, und 11.9., ARD, 20.15 Uhr) gönnt der „Zukunftskoalition“ nur einen Moment Ruhe – dann stürzt sie im Gleichschritt mit der Realität gen Chaos.

Zur Klima-, Demokratie-, Coronakrise gesellt sich ein Angriffskrieg, dem Gasmangel, Inflation, eine AfD über 20 Prozent folgen. Der preisgekrönte Autor hatte vermutlich andere Titel als „Ernstfall – Regieren am Limit“ im Sinn. Wie er dann allerdings exekutives Handeln unterm Druck ständiger Eskalation bebildert, ist erneut vollendete Dokumentarfilmkunst.

Wir müssen durchhaltefähig sein.

Christian Lindner, FDP, Finanzminister

Ob Lamby die Außenministerin nach Niger begleitet oder den Bundeskanzler nach China, ob seine Ressortleiter Tankrabatte erklären oder Waffenlieferungen, ob die Presse mit der Politik redet oder darüber: 80 atemlose Minuten lang erzeugt er Tempo ohne Hektik, Erkenntnis ohne Didaktik, vor allem aber: hautnahe Distanz.

Dabei hilft Lamby sein Talent, Mysterien der Macht aus ihrer Mitte heraus zu beschreiben und dennoch außen vor zu bleiben. Resultat ist ein dokumentarisches Spiegelkabinett der pragmatischen Ausweglosigkeit, das echte Menschen zeigt, statt Funktionsträger. Und am Ende schauen alle ratlos in die Ferne. Wie wir.

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