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Anschlag in München: Bundesanwaltschaft übernimmt Ermittlungen –Fahrer in Untersuchungshaft
Ein afghanischer Asylbewerber raste am Donnerstag in eine Verdi-Demonstration. Nun ist er in Untersuchungshaft. Die Zahl der Verletzten bei dem Anschlag ist derweil gestiegen.
Die Bundesanwaltschaft hat die Ermittlungen zu dem Anschlag auf Demonstranten in München übernommen. Die Karlsruher Behörde erklärte dies mit der besonderen Bedeutung des Falls und einem möglichen Angriff auf die freiheitliche demokratische Grundordnung.
Inzwischen liegt die Zahl der durch den Anschlag Verletzten bei mindestens 39. Das geht aus übereinstimmenden Angaben von Bundesanwaltschaft und Polizei hervor. Seit dem Freitagvormittag haben sich demnach weitere Opfer gemeldet. Zwischenzeitlich hatte es Verwirrung um die Opferzahl gegeben, nachdem die Zahl von 36 Verletzten parallel zum Vorwurf des 39-fachen versuchten Mordes kursiert war.
Der Fahrer des Wagens sitzt indes in Untersuchungshaft. Das habe ein Ermittlungsrichter unter anderem wegen dringenden Verdachts auf versuchten Mord angeordnet, teilte die Generalstaatsanwaltschaft München zuvor mit.
Eine Soko mit über 100 Beamten übernahm die Ermittlungen in dem Fall, erklärte die Polizei München bei einer Pressekonferenz am Freitagmorgen. Diese habe bereits sein Handy ausgewertet und konnte dabei eine „gewisse islamistische Ausrichtung“ feststellen.
In einem Chat soll er sich von einem Angehörigen mit den Worten verabschiedet haben „vielleicht bin ich morgen nicht mehr da“, sagte die Polizei München weiter. Konkreter wurde der Täter dabei jedoch nicht. Die Durchsuchung der Wohnung habe keine Hinweise auf Mittäter oder die konkrete Planung der Tat gefunden.
Bei seiner Festnahme sagte er offenbar „Allahu Akbar“ („Gott ist der Größte“) und fing an zu beten. Der Täter hat demnach bei einer Befragung bereits eingeräumt, dass er bewusst in die Demo gefahren ist, dabei hat er eine religiöse Tatmotivation geäußert. „Ich würde, Stand jetzt, von einer islamistischen Tatmotivation sprechen“, sagte der Polizeisprecher.
Über Mittäter ist bisher nichts bekannt
Es gebe jedoch noch keine Anhaltspunkte für eine Mitgliedschaft in einer terroristischen Gruppe wie dem „Islamischen Staat“ und er war bei der Tat alleine. Ob andere Personen von der Tat wussten, ist noch unklar.
Aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes wollten die Beamten sich nicht zum Ergebnis des durchgeführten Drogentests äußern.
Am Donnerstag war ein Mann in München mit einem Auto in eine Ansammlung von Menschen gefahren. Es handelte sich um eine Streikkundgebung der Gewerkschaft Verdi. Unter den Verletzten sind zwei Schwerstverletzte, von denen eines ein Kind ist.

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Zunächst widersprüchliche Aussagen zum Status des Asylbewerbers
Am Donnerstag drangen zunächst widersprüchliche Angaben zum Täter an die Öffentlichkeit. Unklar war unter anderem der Aufenthaltsstatus des jungen Afghanen Farhad N., der als Täter verhaftet wurde. Zunächst hieß es, er sei ausreisepflichtig. Am Abend hieß es dann, er habe doch einen gültigen Aufenthaltstitel und eine Arbeitserlaubnis.
„Damit war der Aufenthalt des Täters bis zum heutigen Tage nach gegenwärtigem Erkenntnisstand absolut rechtmäßig“, sagte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann am Abend. Nun stellt sich heraus, dass Farhad N. aktuell tatsächlich eine Aufenthaltserlaubnis hatte, diese aber im April 2025 ausgelaufen wäre.
Wie die „Bild“-Zeitung berichtet, war N. nach Ablehnung seines Asylantrags 2017 und erfolgloser Klage dagegen doch 2020 ausreisepflichtig. Eine Abschiebung erfolgte damals jedoch nicht und Farhad N. erhielt zunächst eine Duldung, dann die aktuelle, befristete Aufenthaltserlaubnis.

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Verdi-Demo offenbar nicht gezielt ausgesucht
Die Demonstration hat sich N. allerdings offenbar nicht gezielt ausgesucht. „Im Moment gehen wir in der Tat davon aus, dass die Zielgruppe hier, dass die Opfer aus den Reihen dieser Verdi-Demonstration eher zufällig waren“, sagte Joachim Herrmann bereits am Donnerstag. „Aber auch dem muss natürlich nachgegangen werden.“
Der Vizepräsident der Polizei, Christian Huber, teilte am Donnerstagmittag vor der Presse Details zum Tathergang mit. Demnach habe ein Polizeifahrzeug das hintere Ende der Verdi-Kundgebung abgesichert. Von hinten habe sich das Tatfahrzeug angenähert, auf Höhe des Polizeiwagens beschleunigt und sei dann in das Ende der Versammlung gefahren. Polizisten hätten einen Schuss auf seinen Wagen abgegeben, um ihn zu stoppen. Er sei später gesichert worden.
Vorfall ereignete sich unweit des Hauptbahnhofs in München
Der Zwischenfall ereignete sich im Bereich der Kreuzung zwischen Dachauer Straße und Seidlstraße im Innenstadtbereich unweit des Münchner Hauptbahnhofs.
Die Polizei hat bisher keine Hinweise auf weitere Menschen, die am Vorfall beteiligt gewesen sein könnten. Das sagte ein Polizeisprecher mit Blick auf entsprechende Beiträge in sozialen Medien.
Bei dem Auto handelt es sich, wie auf Fotos zu erkennen, um einen Mini Cooper. Die Frontscheibe und das Dach sind schwer beschädigt.

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Verdi zeigt sich „bestürzt und schockiert“
Laut Polizei waren 1500 Menschen unterwegs zur Schlusskundgebung am Königsplatz, als das Auto in die Menge raste. Die Gewerkschaft wollte ihre für heute geplanten Veranstaltungen in Bayern nicht absagen. Am Donnerstagabend waren am Tatort Blumen abgelegt und Kerzen entzündet worden. Das Tatfahrzeug wurde mit einem Abschleppwagen abtransportiert. Bis in die Nacht hinein waren Kräfte der Spurensicherung und des Landeskriminalamts im Einsatz.
Bei Verdi hat man sich von den Vorgängen „zutiefst bestürzt und schockiert“ gezeigt. Der Verdi-Vorsitzende Frank Werneke erklärte am Donnerstag in Berlin, es sei ein „schwerer Moment für alle Kolleginnen und Kollegen“. Werneke erklärte, die Gewerkschaften stünden „für ein solidarisches Miteinander, gerade auch in so einer dunklen Stunde“.
In München fanden am Donnerstag Warnstreiks statt. Zudem gilt eine erhöhte Alarmbereitschaft wegen der bis zum Wochenende dauernden Münchner Sicherheitskonferenz (MSC), zu der zahlreiche ranghohe Politiker aus aller Welt erwartet werden: Unter anderem haben sich US-Vizepräsident J.D. Vance, der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj und Bundeskanzler Olaf Scholz angekündigt.
Eine weitere Demonstration wurde wegen des Vorfalls abgebrochen. Nach Angaben von Innenminister Herrmann gehen die Sicherheitsbehörden derzeit nicht von einem Zusammenhang mit der Sicherheitskonferenz aus. (mit Agenturen)
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